Die Tochter der Wälder
Aber ich kann nicht erwarten, dass meine eigenen Leute mutig und anständig handeln, wenn ich ihnen kein Beispiel gebe.«
»Das ist gut gesagt«, meinte Vater Dominic und bedachte sie mit einem mitleidigen Blick. »Ich bin sehr interessiert an Richards Antworten. Bittet Lord Hugh, nach mir zu schicken, wenn er seinen Onkel gefunden hat. Ich war entsetzt, dass ein Mann in seiner Stellung so handelt; ein solcher Missbrauch der Macht verdient eine rasche und feste Entgegnung.«
»Das ist wahr«, meinte Conor. »Auch wir haben Geschichten gehört und erfahren nun mehr. Wenn dieser Mann für die Klagen gegen unsere Schwester und die grausame Behandlung, der man sie ausgesetzt hat, verantwortlich ist, hat er sich heute tödliche Feinde gemacht. Um ehrlich zu sein, seine Zukunftsaussichten kommen mir sowohl begrenzt als auch sehr unangenehm vor.«
»Wir sollten uns an die Gesetze halten«, erklärte Vater Dominic mild und sah sich in dem Kreis grimmiger Krieger um. »Inzwischen solltet ihr euch über eure Befreiung und die Selbstlosigkeit eurer Schwester freuen.« Lächelnd wandte er sich mir zu. »Meine Liebe, diese Geschichte zeugt von großem Mut. Wärest du nicht bereits verheiratet, wäre eine, die in Tugenden der Geduld und des Glaubens so stark ist, in unserer Gemeinschaft heiliger Schwestern sehr willkommen. Dein Beispiel würde tatsächlich leuchten, ein Licht unter Lichtern.«
Mir fiel nichts ein, was ich sagen konnte. Ich trank einen Schluck Wein und versuchte zu ignorieren, wie Simon mich ansah.
»Deine Brüder sind zornig«, fuhr der Priester fort. »Sie wollen Rache für das, was man dir angetan hat. Was dir beinahe angetan worden wäre. Aber so geht es nicht. Es ist das Beste, wenn sie so bald wie möglich dieses Land verlassen. Es sollte kein weiteres Blut vergossen werden und keinen Hass mehr an diesem Ort geben.«
Ich nickte. Wieder wurde es mir jeden Augenblick klarer, dass es nur einen Weg für mich geben würde, nur eine Wahl.
»Du siehst traurig aus. Du hast etwas Wunderbares getan, mein Kind. Freue dich, denn du bist unter den Gesegneten Gottes. Und ruh dich aus. Du hast dir die Ruhe verdient.« Er stand auf. »Ich bin ebenfalls ein wenig müde. Lady Anne, ich werde mich heute Nacht Eurer Gastfreundschaft anvertrauen, wenn ich darf. Ich bin leider ein wenig zu fortgeschrittenen Alters und zu schwer, um so schnell so weit zu reiten, ohne dafür zahlen zu müssen. Wir müssen uns alle ausruhen und über die Wunder nachdenken, die der Herr wirkt. Am Morgen werde ich zu den Leuten von Harrowfield sprechen und ihnen etwas mehr von dieser Geschichte von Leid und Erlösung erzählen. Es gibt viel, was sie daraus lernen können.«
Simon begleitete den guten Vater nach draußen, und Alys rannte kläffend hinterher. Ich schloss die Augen einen Moment lang, während meine Brüder leise aufeinander einredeten, planten, Vorbereitungen besprachen. Sie würden heute Nacht nicht ruhen, sie hatten zu viel vor sich. Also sprachen sie von Pferden und Waffen und Booten. Und sie sprachen von meinem Vater und von Lady Oonagh. Sie sprachen von Rache. Es kam mir alles so unwirklich vor, wie aus einer anderen Welt. Vielleicht, wenn ich hier sehr still sitzen bliebe und kaum atmete, würden sie mich ganz vergessen, und dann würde ich mich nicht verabschieden müssen.
»Unsere Schwester«, sagte Conor. »Hat sie vieles, was gepackt und vorbereitet werden muss?«
»Ich werde dafür sorgen.« Lady Annes Antwort kam sehr leise. »Sie besitzt nur wenig. Meine Frauen werden ihre Sachen packen und sie herbringen. Sorcha ist sehr müde.« Der letzte Satz wurde mit äußerst missbilligendem Unterton gesprochen.
»Dennoch«, erwiderte Conor, »müssen wir im Morgengrauen reisen, um dieses Haushalts als auch unserer eigenen Sicherheit willen. Der gute Priester ist gerade noch rechtzeitig gekommen, fürchte ich. Wie Euer Sohn sagte, es würde nicht lange dauern, bis die Stimmung Eurer Leute wieder umschlägt und unser Leben in Gefahr ist. Sobald wir weg sind, könnt Ihr mit Hilfe Eurer Söhne hier alles in Ordnung bringen. Das waren für uns alle seltsame Zeiten.«
Lady Anne schwieg einen Augenblick. »Ihr versteht«, sagte sie schließlich betont, »dass Eure Schwester mit meinem Sohn verheiratet ist?«
Conor übersetzte das für die anderen, und es gab eine Flut verärgerter Entgegnungen. Es war gut, dass Lady Anne die Sprache meiner Brüder nicht verstand.
»Es ist also wahr«, knurrte Diarmid.
Padraic konnte es nicht
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