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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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glauben. »Was hat das jetzt zu bedeuten? Sie kann doch nicht meinen …«
    »Verheiratet?« Cormack spuckte es geradezu aus. »Was für eine Ehe soll das sein, zwischen einem hilflosen Mädchen und einem großen, brutalen Briten?«
    »Es scheint möglich«, meinte Liam kalt, »dass diese Ehe nie vollzogen wurde.«
    Sie sprachen, als wäre ich nicht einmal da, als wären diese Dinge etwas, mit dem man umgehen konnte wie mit Strategieproblemen. Ich spürte, wie ich vor Verlegenheit rot wurde, aber gleichzeitig war ich auch wütend. Der Rote ging sie nichts an. Nichts, was geschehen war, war sein Fehler, überhaupt nichts davon. Aber niemand fragte mich nach meiner Meinung.
    »Unsere Schwester ist jung«, fuhr Liam fort, »und der Bursche ist auf der Suche nach seinem Bruder gewesen. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Sorcha einer solchen Sache zugestimmt hat. Ich verlasse mich darauf, dass diese Bindung leicht wieder zu trennen ist.«
    Conor übersetzte für Lady Anne.
    »Ich kann nicht für meinen Sohn sprechen«, sagte sie. »Ihr werdet ihn selbst fragen müssen.«
    »Das werden wir«, erklärte Conor grimmig.
    Nach einer Weile unterdrückte Lady Anne ein Gähnen und verabschiedete sich. Padraic goss mir ein wenig mehr Wein ein, und ich akzeptierte ein Stück Brot, obwohl es mich nach beidem nicht gelüstete. Dieser Raum fühlte sich seltsam an, als triebe er wie in einem Traum um mich herum. Ich wusste, wenn ich nichts aß oder trank, würde ich im Morgengrauen nicht imstande sein, mich auf die Reise zu machen. Finbar saß auf der Bank am Fenster, schaute nach draußen, und ich nahm meine kleine Mahlzeit mit und setzte mich neben ihn. Draußen hatte der Wind nachgelassen. Man konnte im Dunkeln nur noch ein schwaches Glühen von der Asche des Feuers sehen. Wenn sie heute Nacht zurückkamen, würde ich sie von hier aus sehen können.
    Ich weiß, wie es sich anfühlt, Liebes. Als wäre dein Herz zerrissen. Ich spüre deinen Schmerz.
    Ich holte tief Luft. Und noch einmal. Finbar?
    Ich weiß, wie es sich anfühlt. Als würdest du nie wieder ganz werden.
    Ich griff in mein Kleid, wo ich zwei Schnüre um den Hals trug. An einer hing mein Ehering, an der anderen das Amulett, das einmal meiner Mutter gehört hatte. Ich ließ den Ring hängen und nahm das Amulett ab. Es gehört dir. Nimm es zurück. Nimm es zurück, sie hat es dir gegeben.
    Ich zog ihm die Schnur über den Kopf, und der kleine Stein mit seinem Eschensymbol lag auf seiner Brust. Finbar war schrecklich mager geworden.
    Zeig mir das andere. Den anderen Talisman, den du trägst.
    Langsam zog ich den geschnitzten Ring heraus.
    Er hat das für dich gemacht? Der mit dem goldenen Haar und den verschlingenden Augen?
    Nicht er. Ein anderer. Ich hatte deutliche Bilder in meinem Kopf; der Rote, der seinen Arm wie einen Schild um mich legte; der Rote, der einen Apfel schnitt; der Rote, der einem Mann das Schwert aus der Hand trat und es auffing; der Rote barfuß am Strand.
    Du hast viel aufs Spiel gesetzt, deine Liebe einem solchen Mann zu geben.
    Ich starrte ihn an. Liebe?
    Weißt du es erst jetzt, wenn du dich von ihm verabschieden musst?
    Dann ließ er mich in seinen Geist schauen. Bilder, keine Worte. Ein Ufer mit Ried, ein Ort der Zuflucht und Ruhe. Ein kleiner weißer Strand, ein Stück stillen Seewassers. Auf dem Wasser ein wunderschöner Schwan mit stolz gebogenem Hals und klaren, schimmernden Augen. Bei der Mutter zwei Junge, noch mit Daunen gefiedert, noch nicht flügge, die im Wasser tauchten und planschten. Auch ich habe Lebewohl sagen müssen. Das Bild verblasste. Dem Gesicht meines Bruders war nichts anzusehen als eine entfernte Traurigkeit. Ich hatte ein wenig Zeit. Mehr, als du haben wirst. Aber ich fürchte die Kälte und den Wolf und die lange Einsamkeit. Mehr, als ich dir sagen kann, fürchte ich um sie.
    Auch er hatte eine schreckliche Wahl getroffen. Schwäne sind Gefährten für ein ganzes Leben. Ich streckte die Hand aus und griff nach der seinen. Am Ende gab es keine Wahl. Wir sieben waren eins; und jeder war Teil der Sieben.
    ***
    Die Zeit kann einem grausame Streiche spielen. In dieser Nacht schien sie sehr langsam zu vergehen, als ich am Fenster stand und auf seine Rückkehr wartete und Finbar schweigend an meiner Seite saß. Schon einmal zuvor hatte er mich eine ganze endlose Nacht lang getröstet, hatte all seine Kraft damit erschöpft. Nun leistete er mir einfach Gesellschaft. Vor meinem geistigen Auge sah ich den Roten blutend,

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