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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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geschehen wird?«
    Ben sah ihn abschätzend an.
    »Mein Bruder Conor«, sagte ich. »Er spricht eure Sprache fließend.«
    »Das habe ich gemerkt. Lord Richard ist unter Bewachung. Er lebt und ist bei passabler Gesundheit. Ich hatte ein paar Probleme, deinen Mann davon zu überzeugen, dass er sich an die Gesetze halten müsse. Die Alternative war sehr verlockend. Aber es sind so viele Fragen offen. Der Rote hat mir gesagt, dass Simon auf dem langen Heimritt von dem Kloster, wo er ihn gefunden hatte, viel erzählt hat. Er hat nicht alles vollkommen vergessen, und jeden Tag erinnert er sich an mehr. Es sieht aus, als hätte Richard seine Finger in vielen Angelegenheiten. Am Ende hat sich der Rote überzeugen lassen, dass wir warten und seine Antworten hören müssten. Aber ich habe ihn noch nie zuvor so zornig gesehen, nicht einmal an dem Tag, als John starb; ich habe noch nie zuvor erlebt, dass er sein Urteilsvermögen verlor.«
    »Sein Zorn wird vergehen«, sagte ich. »Wenn ich weg bin, wird er hier alles wieder richten; er kann seinen Onkel verhören und ein Urteil fällen, ohne einen Fehler fürchten zu müssen.«
    »Weg?« fragte Ben. »Wie meinst du das – weg?«
    »Wir haben um sicheres Geleit zur Küste gebeten; wir gehen im Morgengrauen«, erklärte Conor. »Ihr könnt doch sicher nicht wünschen, dass wir hier länger bleiben, wo unsere Gegenwart den Haushalt vollkommen durcheinander bringt. Wir sind Feinde; das Staunen Eurer Leute über unser plötzliches Erscheinen wird bald genug in Ablehnung und Angst umschlagen. Ich dachte, Ihr wäret ebenfalls dieser Meinung und eine Eskorte würde uns zum Strand begleiten.«
    Ben sah sich in dem Kreis zorniger Gesichter um und schaute dann wieder mich an. »Ja«, erwiderte er. »Das stimmt. Aber …«
    »Er bildet sich doch wohl nicht ein«, knurrte Diarmid, der dem Gespräch gut genug hatte folgen können, »dass wir daran denken, unsere Schwester zurückzulassen?« Das Zimmer schien plötzlich kälter zu werden, als Conor seine Worte übersetzte.
    »Ich – nun, es mag sein, dass ich nur sage, was offensichtlich ist«, meinte Ben, »aber er ist immerhin ihr Mann.«
    »Ihr Mann?« Conors Stimme war wie ein Messerstich. »Was für eine Art Mann ist das, von dem wir noch keine Spur gesehen haben, seit Sorcha beinahe verbrannt wäre? Hat er Angst, sich zu zeigen, nachdem er beim Schutz unserer Schwester so kläglich versagt hat? Wie kann so einer beanspruchen, ihr Mann zu sein?«
    Ben ließ sich nicht so leicht einschüchtern. »Er hat seine Gründe«, sagte er ruhig. »Als wir Eurer Schwester zum ersten Mal begegnet sind, war sie krank und halb verhungert und verschreckt. Lord Hugh hat ihr das Leben gerettet. Man hat Jenny nie gezwungen, hierher zu kommen.«
    »Jenny?«
    »Als wir Eure Schwester fanden, konnte sie nicht sprechen, sie konnte uns ihren Namen nicht nennen. Das ist der Name, den man ihr gegeben hat.«
    »Und offenbar auch den Namen von Harrowfield. Nun, sie wird beide nicht lange behalten«, meinte Conor. »Ist für unsere Eskorte gesorgt? Es wird bald hell werden.«
    »Alles wird bereit sein«, erwiderte Ben. »Wir haben ein Schiff in einem sicheren Hafen und einen Mann, der Euch übers Meer bringt. Die Fahrt wird die Hälfte des Morgens dauern und vielleicht noch ein wenig länger. Simon kümmert sich darum, und er wird Euch begleiten.«
    »Nein, ich begleite sie«, erklang eine Stimme.
    Alle drehten sich zu dem Mann in der Tür um. Er stand mit einiger Schwierigkeit aufrecht, sein Gesicht hatte die gräuliche Blässe extremer Erschöpfung. Es war frisches Blut auf seinem Verband nahe der Schulter.
    »Sei nicht dumm«, sagte Ben ziemlich gereizt. Er ging auf seinen Freund zu und ergriff den Arm des Roten, wurde aber abgeschüttelt. Cormack nestelte an der Dolchklinge herum. Liam verschränkte die Arme. Diarmid sah aus wie Gewitter.
    »Mit allem Respekt«, erklärte Ben. »Das solltest du deinem Bruder überlassen. Ich werde ebenfalls mitgehen, wenn du willst. Wie kannst du zur Küste und zurück reiten, wenn du in diesen letzten drei Tagen kaum ein Auge zugemacht hast?«
    »Ich bin ihr Mann. Ich werde sie begleiten.«
    Ich konnte ihn nicht ansehen. Seine Stimme zu hören war schlimm genug; er war so distanziert, so förmlich. Mir wurde eiskalt ums Herz.
    »Ihr Mann«, sagte Conor vorsichtig. »Ja, das haben wir gehört. Ihr gebt bei all Euren Heldentaten nicht gerade einen beeindruckenden Mann ab.«
    Der Rote schwieg.
    »Wart Ihr da«, fuhr Conor

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