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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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jeder der Anwesenden sie aufgehoben haben.«
    »Das gilt auch für Graf Otto. Es handelt sich um eine wertvolle Waffe, die auch ein Betrunkener nicht einfach liegen lässt.« Maries Worte klangen so schlüssig, dass selbst Graf Magnus nickte. Auch er konnte sich nicht vorstellen, dass sich sein Bruder nicht mehr um seinen Dolch gekümmert habe.
    Otto von Henneberg verfluchte sich, weil er so viel getrunken hatte, und rieb sich unwillkürlich über die Augen. Dabei kam er an die halbverheilten Narben und stöhnte vor Schmerz auf. Verzweifelt wandte er sich an seinen Bruder.
    »Natürlich habe ich nach dem Dolch gesucht, ihn aber nicht gefunden. Jemand muss die Waffe aufgehoben haben.«
    »Solange Ihr das nicht beweisen könnt, werdet Ihr als Mörder gelten«, wandte Markgraf Albrecht Achilles mit ernster Miene ein.
    Eichenloh war nicht gewillt, seinen Freund im Stich zu lassen. »Otto war es gewiss nicht. Nachdem der Bräutigam zur Brautgebracht worden ist, haben wir noch drei Becher miteinander geleert. Danach war Otto nicht mehr in der Lage, auf eigenen Beinen zu stehen, und ich habe ihn in diesen Raum gebracht. Wo zum Teufel ist der Mord geschehen?«
    »Im Gemüsegarten der Burg«, antwortete Magnus von Henneberg.
    »Da soll Otto sich aufgehalten haben?« Eichenloh schüttelte den Kopf. In seinen Augen ergab dies alles keinen Sinn. Irgendeiner der Anwesenden musste den Dolch an sich genommen und Michel Adler getötet haben. Doch es stellte sich die Frage, was der Täter und sein Opfer im Gemüsegarten gesucht hatten. »Ich würde mir diesen Garten gerne einmal ansehen.«
    »Bitte, wie Ihr wollt!« Marie wies die Richtung, und die anderen folgten ihr. Auch Otto kam mit, noch recht schwankend und mit einem so üblen Gefühl im Bauch, dass er sich in der nächsten Ecke übergeben musste.
    Als sie die steile Treppe erreichten, die nach unten führte, schüttelte Eichenloh den Kopf. »In seinem Zustand wäre Otto gar nicht in der Lage gewesen, hier hinabzusteigen. Er hätte bereits auf den ersten Stufen das Gleichgewicht verloren und wäre in die Tiefe gestürzt.«
    »Vielleicht hat Michel Adler ihn gestützt«, wandte der Gerolzhofener Vogt ein.
    »Ach ja? Wo die beiden so gute Freunde waren?« Eichenlohs Stimme klang ätzend. Nachdem er mehrere Stufen hinabgestiegen war, forderte er Otto auf, es ihm gleichzutun, musste aber sofort zugreifen, weil sein Freund schon beim zweiten Schritt in Gefahr geriet, das Gleichgewicht zu verlieren.
    »Er kann diese Treppe nicht bewältigt haben«, wiederholte der Söldnerhauptmann.
    »Vielleicht spielt er nur den Betrunkenen! Außerdem dürfte es noch andere Wege in den Garten geben«, entgegnete Marie harsch.
    Trudi nickte eifrig. »Einer führt durch die Küche.«
    »Dort sind ständig Leute. Jemand müsste Graf Otto gesehen haben.« Es war der erste kleine Erfolg, den Peter von Eichenloh errang, denn als Graf Magnus die Köchin und deren Untergebene befragte, ob sie Otto von Henneberg gesehen hätten, verneinten es alle. Der Küchenjunge, der den Mord entdeckt hatte, biss sich auf die Lippen, sah dann Pratzendorfer an und schwieg.
    Marie gab nicht auf. »Man kann den Garten auch über den vorderen Teil der Burg erreichen. Man geht zwischen den Gebäuden hindurch oder nimmt die Hintertür des Stalls und muss dann die Pforte zum hinteren Zwinger öffnen.«
    »Diesen Weg kenne ich nicht!«, rief Graf Otto aus.
    Marie musste zugeben, dass diese beiden Zugänge schwer zu finden waren. Da Otto von Henneberg zum ersten Mal auf Fuchsheim weilte, war es unwahrscheinlich, dass er die verschlungenen Wege in diesem Teil des Wehrbaus ausgekundschaftet hatte.
    Eine Weile drehte sich das Streitgespräch im Kreis. Eichenloh und Graf Otto bestritten vehement, dass dieser der Mörder sein könne, während Marie und Trudi ebenso energisch darauf beharrten. Trudi ließ ihrem Hass auf den jungen Henneberger freien Lauf, so dass ihre Mutter sie mehrmals daran hindern musste, auf ihn loszugehen. Auch Markgraf Albrecht Achilles bezeichnete Otto von Henneberg wegen seiner Drohungen als den Mörder, und selbst Magnus von Henneberg wusste nicht mehr, wie er sich zu seinem Bruder stellen sollte.
    Da griff der römische Prälat ein. Die Hände unter den Achseln eingeklemmt und den Kopf leicht gebeugt, trat er neben Graf Magnus. »Wie ich hörte, gab es einen Mordfall?«
    Magnus von Henneberg nickte mit bitterer Miene. »Leider ja! Und bedauerlicherweise zählt mein Bruder zu den Verdächtigen.«
    »Er ist

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