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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Euren Namen aus freien Stücken abgelegt habt und er Euch nicht wegen übler Taten aberkannt wurde. Euer Ruf ist nicht der beste.«
    »Ich wurde weder von der heiligen Kirche in Bann getan noch von einem der Gerichte des Reiches geächtet. Es mag einige Herren geben, die mir gram sind, aber das nur, weil mein Schwertarm der anderen Seite geholfen hat.«
    »Und wie war das mit der Nichte des Bischofs?«, fuhr Pratzendorfer ihn an.
    Einige Würzburger bedeuteten ihm, still zu sein. Das war keine Sache, die Herr Gottfried an die große Glocke zu hängen wünschte, denn die junge Frau war inzwischen verheiratet, und ihr Onkel wollte vermeiden, dass ein Schatten auf die Ehre der Eheleute fiel.
    Eichenloh lächelte nur. Da der Vater des Mädchens ihn damals für einen einfachen Söldner gehalten hatte, war er einer Zwangsverheiratung entgangen. Natürlich hatte er mit dem Mädchen geschäkert, es aber weder verführt noch ihm besondere Avancen gemacht, und so belastete es sein Gewissen nicht, mit ihm verkehrt zu haben. Eine sittsame Maid kroch nun einmal nicht zu einem schlafenden Mann unter die Decke.
    Nun begriff auch Pratzendorfer, dass er ein Thema angeschnitten hatte, welches nicht in der Öffentlichkeit besprochen werden durfte, und schluckte seinen Grimm hinunter. »Also wenn die Herren überzeugt sind, dass Ihr von adliger Herkunft seid, will ich mich darin fügen. Daher werdet Ihr Euch jetzt in die Burgkapelle begeben und dort beten, bis morgen früh zur Messe geläutet wird. Nach dem Gebet werdet Ihr Euren Eid auf das heilige Kreuz leisten. Bedenkt aber, dass ein falscher Schwur Euch auf ewig an die Hölle fesseln und Euch unsägliche Pein bereiten wird.«
    »Da ich Michel Adler nicht getötet habe, wird mir die Höllenpein wenigstens in diesem Fall erspart bleiben.« Eichenloh verneigte sich spöttisch vor dem Prälaten und um einiges höflicher vor dem Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und ging mit langen Schritten davon.

4.
    D ie Kapelle von Fuchsheim war reich geschmückt. Blumengirlanden umwanden die Figuren der Heiligen, und auf dem Altar lag ein neues, blendend weißes Tuch mit einem eingesticktenKreuz aus Goldfäden. Bona hatte es selbst gefertigt und viel Lob dafür erhalten. Jetzt saß sie neben Trudi und konnte sich nicht einmal darüber freuen, dass ihr Täuschungsspiel in der Hochzeitsnacht so gut gelungen war. Immer wieder starrte sie Michel Adlers aufgebahrten Leichnam an. Marie hatte ihrem Mann die besten Kleider anziehen lassen und ein silbernes Kreuz in seine erstarrten Hände gelegt. Sie kniete ebenfalls neben Trudi, die so regungslos wirkte, als sei sie eine der Statuen, mit denen die Kapelle ausgestattet war. Nur die Tränenspuren auf ihren Wangen bezeugten, dass noch Leben in ihr war.
    Marie wusste nicht, wie sie und ihre Töchter die Nacht überstanden hatten. Immer wieder waren Trudi, Lisa und Hildegard in Weinkrämpfe ausgebrochen, und sie hatte sie beruhigen müssen. Dabei bedurfte sie des Trostes nicht weniger als ihre Kinder, doch sie wusste, dass sie nun ebenso stark sein musste wie schon so oft in ihrem Leben. Aber nicht einmal während des Prozesses damals in Konstanz war sie innerlich so verwundet worden. Jetzt fasste sie Trudi um die Taille und zog sie an sich, während sie mit der anderen Hand die beiden jüngeren Mädchen streichelte. Die Nähe der drei gab ihr die Kraft, diese schrecklichen Stunden durchzustehen. Michel war der Mittelpunkt ihres Lebens gewesen. Auch ihre Töchter hatten ihn aus ganzem Herzen geliebt, Lisa und Hildegard nicht weniger als Trudi, obwohl Michel seine Älteste ihnen vorgezogen hatte. Marie erinnerte sich daran, wie sie sich mit ihrem Mann deswegen gestritten hatte, und nun bat sie ihn für jedes harsche Wort, das sie jemals zu ihm gesagt hatte, stumm um Verzeihung.
    Die Glocke der Kapelle begann zu läuten, und der Prälat trat zusammen mit dem Festpriester und dem Fuchsheimer Burgkaplan durch das Portal der Kapelle. Pratzendorfers Gesicht wirkte ernst und, wie Marie fand, auch arg verbissen, als nage ein heimlicher Ärger an ihm. Sie wunderte sich immer noch, weshalb er den jungen Henneberger so geschickt verteidigt hatte,denn der Prälat stammte ursprünglich aus Österreich und hatte ihres Wissens nichts mit den adligen Familien dieser Gegend zu tun gehabt.
    Den drei Klerikern folgten die beiden Männer, die im Angesicht des Toten die Reinigungseide leisten sollten. Pratzendorfer hatte durchgesetzt, dass auch Otto von Henneberg seine Unschuld

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