Die Tochter der Wanderhure
wissen. Mit einem bösen Lächeln wies er auf die Burg. »Wir werden jetzt feststellen, ob Frau Maries Verdacht begründet ist!«
2.
I n der Halle war Otto von Henneberg nicht aufzufinden. Nun hoffte Graf Magnus, sein Bruder wäre klug genug gewesen, Fuchsheim zu verlassen.
Trudi aber betete zu allen Heiligen, dass der Mann noch an diesem Tag und vor ihren Augen geköpft würde. Sie war fest überzeugt, Otto von Henneberg habe sich für seine Verwundung an ihrem Vater gerächt. Sie klammerte sich wie eine Ertrinkende an ihre Mutter und schluchzte ihr Elend hinaus. »Lieber hätte ich mich von Graf Otto schänden lassen, als durch meinen Widerstand seine Rache herauszufordern!«
Marie war so elend zumute, dass sie sich am liebsten in eine dunkle Ecke verkrochen hätte und niemals mehr herausgekommen wäre. Doch sie musste all ihre Kraft aufwenden, um Trudi zu beruhigen. Jetzt kamen auch noch Lisa und Hildegard auf sie zu und schmiegten sich weinend an sie.
Marie wusste nicht, wie es ihr gelang, das Entsetzliche zu ertragenund gleichzeitig ihre Kinder zu trösten. Der Brandenburger warf ihr einen mitleidigen, aber auch anerkennenden Blick zu. Er hatte in seiner Jugend einiges über diese Frau gehört und begriff nun, wie sie all diese Gefahren durchgestanden hatte.
Graf Magnus’ Hoffnungen zerstoben, als sie den Raum erreichten, der als Schlafsaal diente. Otto von Henneberg lag rücklings auf einem Strohsack und schnarchte mit offenem Mund. Da er sich nicht die Mühe gemacht hatte, sich auszuziehen, konnten alle seine leere Dolchscheide sehen.
»Wie es aussieht, ist der Mörder überführt!« Es bereitete dem Markgrafen Genugtuung, Graf Magnus, dessen hündische Treue zum Würzburger Fürstbischof ihm schon lange ein Dorn im Auge war, diesen Stich zu versetzen.
Der Henneberger starrte auf seinen Bruder und verfluchte ihn in Gedanken. Auf seinen Wink hin fasste der Gerolzhofener Vogt den Schlafenden an der Schulter und rüttelte ihn wach.
»Was ist denn los? Lass mich doch in Ruhe!« Graf Ottos Stimme klang undeutlich und zeigte, dass er betrunken sein musste.
»Otto, steh auf!«, herrschte sein Bruder ihn an.
Der junge Henneberger öffnete die Augen und blickte Graf Magnus verständnislos an. »Kannst du mich denn nicht schlafen lassen? Ich bin müde.«
»Verdammt, Otto! Das ist kein Spaß. Es ist ein Mord geschehen!«
»Von mir aus!« Otto von Henneberg wollte sich umdrehen und weiterschlafen.
Da versetzte sein Bruder ihm einen harten Tritt. »Man hält dich für den Mörder!«
»Unsinn!«, brummelte Graf Otto, riss dann aber die Augen wieder auf.
»Du stehst unter Verdacht, den Reichsritter Michel Adler auf Kibitzstein umgebracht zu haben.«
Otto von Henneberg schüttelte verwirrt den Kopf und setzte sich dann mühsam auf. »Was sagst du da?«
Bevor sein Bruder etwas sagen konnte, zeigte Trudi auf ihn. »Du Schurke hast meinen Vater umgebracht!« Mit einer schnellen Bewegung entwand sie sich den Armen Maries, zog dem überraschten Markgrafen den Dolch aus der Scheide und wollte sich auf den jungen Grafen stürzen.
Der Vogt von Gerolzhofen fing sie auf, bevor sie zustoßen konnte, und hielt dann eine tobende Wildkatze im Arm. Albrecht Achilles musste ihm helfen, das Mädchen zu bändigen. Aber ihr Widerstand brach erst, als er ihr den Dolch entwinden konnte.
Schluchzend sank sie zu Boden. Marie beugte sich über sie und strich ihr sanft über die Wange. »Sei unbesorgt, mein Herzblatt. Der Mörder wird für seine Untat bezahlen, das schwöre ich dir.«
Graf Magnus starrte Marie mit dunkelrotem Kopf an, und man konnte sehen, dass es ihn innerlich zerriss. »Frau Marie, wenn mein Bruder der Mörder sein sollte, so hat er diese Tat gewiss nicht mit Vorbedacht, sondern mit betrunkenem Geist durchgeführt. Ich biete Euch jede Entschädigung an, die Ihr fordern mögt. Ist es Euer Wunsch, so wird er eine Eurer Töchter zum Weibe nehmen und sie in Ehren halten, auf dass Ihr mit dem gräflichen Geschlecht derer von Henneberg versippt seid und auf dessen Schutz und Hilfe vertrauen könnt.«
Dem älteren Henneberger blutete bei diesem Angebot das Herz, denn bislang hatte noch kein Mann aus seiner Familie unter seinem Stand geheiratet. Doch um seinen Bruder zu retten, war er bereit, selbst eine Frau mit einem solch widerlichen Stammbaum wie Trudi oder eine der jüngeren Schwestern als Schwägerin in seine Arme zu schließen.
Der Brandenburger musste sich das Lachen verbeißen. Ihm war der unmäßige Stolz
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