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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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des Hennebergers bekannt, und er bekam nicht übel Lust, auf diese Heirat hinzuarbeiten. Doch als er inMaries Gesicht blickte, ließ er diese Idee schnell fallen. Die Frau würde sich nur mit dem Kopf des Mörders zufriedengeben.
    Otto begriff nun trotz seiner Trunkenheit die Gefahr, in der er schwebte, und schüttelte den Kopf. »Ich habe Michel Adler nicht umgebracht!«
    »Ach nein? Warum steckt dann Euer Dolch zwischen seinen Rippen? Zudem hat jeder gehört, wie Ihr meinem Mann vorhin auf der Treppe blutige Vergeltung geschworen habt!« Maries Stimme klang so kalt, dass sie Wasser hätte gefrieren lassen können.
    Der junge Henneberger blickte seinen Bruder hilfesuchend an.
    »Ich habe es wirklich nicht getan. Du musst mir glauben!«
    »Es kommt weniger darauf an, was Graf Magnus glaubt, sondern auf das, was wir als die Wahrheit erachten. Ihr habt Michel Adler offen gedroht, seid ihm dann in den Garten gefolgt und habt ihn im Zorn niedergestochen. Oder könnt Ihr das widerlegen?«
    Die Worte des Markgrafen verrieten Otto von Henneberg, dass der Ansbacher ihn bereits verurteilt hatte. Verzweifelt rieb er sich über die Stirn und versuchte, sich zu erinnern. Gewiss, er hatte den Kibitzsteiner in betrunkenem Zustand beschimpft und seinen Dolch gezogen. An das, was danach gekommen war, hatte er keine Erinnerung mehr.
    »Ich war es nicht!«, begehrte er hilflos auf.
    Auf dem Gesicht des Markgrafen machte sich Verachtung breit, während Graf Magnus allmählich die Geduld mit seinem Bruder verlor. »Es war dein Dolch! Genau die juwelenbesetzte Waffe, die ich dir geschenkt habe. Du hättest klüger sein und ihn nicht bei dem Toten lassen sollen.«
    »Er war betrunken, und Betrunkene achten meist nicht auf das, was sie tun«, warf Marie ein.
    »Ich war es wirklich nicht«, wiederholte Graf Otto, der bereits den Luftzug des Henkerschwerts im Nacken zu spüren glaubte.

3.
    N achdem Peter von Eichenloh seinen Freund auf die Strohschütte gelegt hatte, war er eine Weile auf dem Burghof herumgeschlendert und hatte auf die Bitte eines Knechts nach seinem Hengst gesehen. Als er in den Saal zurückkehren wollte, schlug ihm bereits auf der Freitreppe der Lärm entgegen, den die wild durcheinanderredenden Gäste verursachten. Von einer vor Aufregung greinenden Magd, die er kurzerhand festhielt und befragte, erfuhr er, dass Michel Adler auf Kibitzstein ermordet worden sei. Obwohl er mit dem Mann aneinandergeraten war, bedauerte er dessen Tod. Er hätte ihn gern unter besseren Umständen kennengelernt. Michel Adler hatte alles, was er war, aus eigener Kraft erreicht, und stellte daher sogar ein gewisses Vorbild für ihn dar, da auch er seinen eigenen Weg selbst gehen wollte.
    Als er die Burg betrat, fielen ihm die heftigen Stimmen auf, die nun aus dem Schlafsaal herausdrangen, und er näherte sich ohne Hast der Tür. Dort blieb er stehen und verfolgte das Verhör. Als klar wurde, dass alle Anwesenden einschließlich des älteren Hennebergers Otto als den Mörder ansahen, hielt er es für an der Zeit, einzugreifen.
    »Verzeiht, Frau Marie, edle Herren! Meiner Ansicht nach sagt Graf Otto die Wahrheit. Er ist nicht der Mann, der einen anderen aus niederen Gründen niedersticht.«
    »Genauso wie er nicht der Mann ist, der jungen Mädchen auf dem Felde Gewalt antun will!«, fauchte Trudi ihn an.
    Da die wahren Geschehnisse auf dem Hilgertshausener Weinberg bis jetzt noch nicht an Eichenlohs Ohr gedrungen waren, winkte er ärgerlich ab. »So etwas würde Otto niemals tun! Er ist ein Edelmann!«
    Trudi blies verächtlich die Luft aus den Lungen, während Maries Augen zornig aufblitzten. »Graf Ottos Dolch hat sich EurerMeinung nach wohl von selbst in die Brust meines Mannes gebohrt!«
    »Nein! Aber es war gewiss nicht Ottos Hand, die den Dolch geführt hat. Er mag betrunken und gereizt gewesen sein, aber ich kenne ihn gut genug, um meine Hand für ihn ins Feuer legen zu können.«
    »… und sie sich kräftig zu verbrennen«, schrie Trudi ihn an, deren Rausch mit einem Mal wie weggeblasen war und die sich nun innerlich vor Schmerz krümmte.
    Eichenloh trat neben seinen Freund und wies auf die leere Dolchscheide. »Das hier beweist gar nichts. Die Herren …«, er neigte den Kopf kurz in Richtung des Markgrafen und des Gerolzhofener Vogtes, »können bezeugen, dass ich Graf Otto den Dolch aus der Hand geschlagen habe, als er damit vor dem Brautgemach auf Michel Adler losgehen wollte. Die Waffe ist die Stufen hinabgekollert, und dort kann

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