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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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überrascht, doch als er darüber nachdachte, erschien er ihm recht verlockend. Hier in Franken waren seine Aussichten denkbar schlecht, und warum sollte er einem geringeren Herrn dienen, wenn er ein Gefolgsmann des Königs werden konnte? Aber wenn er diese Gegend verließ, würde er jede Möglichkeit aus der Hand geben, den wahren Mörder Michel Adlers zu finden und sich von dem auf ihm lastenden Verdacht reinzuwaschen. Die Verantwortung für seine Leute wog jedoch schwerer als seine persönliche Befindlichkeit. Die Pferde seines Trupps konnten sich notfalls von dem Gras ernähren, das sie am Weg fanden, aber Quirin und die anderen brauchten nahrhaftere Dinge und einiges an neuer Ausrüstung.
    Entschlossen stand er auf und wandte sich dem Ausgang der Halle zu. Als er sie verlassen wollte, bemerkte er, dass jemand ihm folgte. Noch während er sich umdrehte, fuhr seine Hand zum Schwert. Dann sah er Hardwin von Steinsfeld auf sich zukommen.
    Der junge Mann sah ihn mit leuchtenden Augen an. »Verzeiht mir, aber ich habe Euer Gespräch mit dem Markgrafen zufällig mitgehört und möchte Euch bitten, mich auf Eure Fahrt zu König Friedrich mitzunehmen. Ich glaube Euch, dass Ihr nicht Michel Adlers Mörder seid!«
    Junker Peter wollte schon nein sagen, aber dann kam ihm der Gedanke, dass er einen zweiten Edelmann als Stellvertreter für Verhandlungen benötigen würde. Sein Waffenmeister Quirin war nicht nur bürgerlicher Herkunft, sondern auch von zu schlichtem Gemüt, um in seinem Auftrag mit Standesherren verhandeln zu können.
    Daher nickte er unwillig. »Von mir aus, reitet mit! Aber Ihr müsst Euch beeilen. Ich breche noch zu dieser Stunde auf und warte weder hier noch in Schöbach auf Euch.«

7.
    Über Michels Tod war der eigentliche Zweck der Zusammenkunft, die Hochzeit, beinahe in Vergessenheit geraten. Daher kümmerte es niemanden, dass der Bräutigam nicht auftauchte. Mertelsbach hatte sein Bräutchen so ausgiebig genossen, wie sein Zustand es erlaubt hatte, und schlief erschöpft in den Tag hinein, Bona aber war durch das Zwitschern der Vögel aufgewacht und versuchte, ihre Gedanken zu sammeln. Die Hochzeitsnacht war besser verlaufen, als sie zu hoffen gewagt hatte. Ohne viele Umstände zu machen, hatte Moritz von Mertelsbach sie mit seinem Gewicht in den Strohsack gedrückt und sie kurzerhand begattet. Zwar waren seine Zärtlichkeiten eher rauh zu nennen, aber sie hatten ein recht angenehmes Gefühl in ihr ausgelöst. Auch war ihre Angst geschwunden, ihr Mann könnte erkennen, dass sie keine Jungfrau mehr war, denn die Hühnerblase war genau zur rechten Zeit geplatzt und hatte einen ausreichend großen Blutfleck auf dem Laken hinterlassen. Danach hatte sie ihrer Phantasie freien Lauf gelassen und sich vorgestellt, Hardwin nähme die Stelle ihres Mannes ein, schlösse sie in die Arme und küsse sie.
    Hinterher wunderte Bona sich über sich selbst. Bislang hatte sie Hardwin von Steinsfeld für ein Muttersöhnchen gehalten und ihn deswegen sogar verspottet. Dennoch hatte sie ihn auf eine gewisse Weise recht gern gehabt und wünschte sich, Frau Hertha hätte ihrem Vater eine Verbindung zwischen ihren Kindern schmackhaft gemacht. Obwohl sie auf Steinsfeld unter dem strengen Kommando von Frau Hertha gestanden hätte, wäre ihr das lieber gewesen, als mit einem Greis verheiratet und Stiefmutterseiner Kinder zu sein. Das Schicksal hatte es jedoch anders entschieden, und sie musste sich fügen.
    Mit diesen Gedanken stand sie auf, zog sich an und eilte in die Kapelle. Dort lauschte sie der heiligen Messe und vernahm den Eid der beiden Ritter, ohne sich entscheiden zu können, wen sie für den Mörder und wen sie für unschuldig hielt. Sie tendierte zu Henneberg, der betrunken genug gewesen war, die Kontrolle über sich zu verlieren. Doch die meisten Gäste schienen den anderen Ritter für den Mörder zu halten.
    Bona musterte Eichenloh und fand, dass er genau der Mann war, dem auch sie einen Meineid zutrauen würde. Sein hartes, kantiges Gesicht und die ungewöhnlich dicken Muskelpakete an Armen und Schultern machten ihr Angst. Wenn sie sich vorstellte, mit so einem Mann verheiratet zu sein, erschien ihr sogar die Ehe mit Moritz von Mertelsbach erstrebenswert.
    Als Marie und die jüngeren Schwestern die schreiende, um sich schlagende Trudi wegbrachten, folgte Bona ihnen in ihre Kammer. In diesem Raum hatten auch andere Frauen genächtigt, doch die hatten ihre Lagerstätten geräumt, weil sie kurz nach der Messe

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