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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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verunsichert. Gleichzeitig aber war er gespannt, wie Friedrich III. diese Situation meistern wollte.
    »Natürlich kann ich Teiflach auch einfach aufgeben und ein Stück weiter unten im Tal eine neue Burg bauen lassen, um den Pass zu schützen. Allerdings würden Albrechts Leute von der Höhe aus meine Männer stören und vielleicht sogar den Bau verhindern, und das wäre meinem Ansehen im Reich abträglich.« Bei diesen Worten wirkte der König auf einmal so entschlossenund kriegerisch, als wolle er jeden, der Zweifel an seiner Macht äußerte, mit eigener Hand niederschlagen.
    Eichenloh weilte noch nicht lange genug in der Steiermark, um Friedrich einschätzen zu können. Obwohl der König noch keine dreißig Jahre zählte, trat er so bedächtig auf, als müsse er sich jeden einzelnen Schritt dreimal überlegen. Andererseits aber war er ein brillanter Taktiker. Die Idee, einen Landfremden damit zu beauftragen, die an seinen Bruder verlorene Burg durch einen kühnen Handstreich mitten im Winter zurückzuholen, hätte jeder andere schon im Ansatz als undurchführbar abgetan.
    Friedrich ballte die Faust, als wolle er einen unsichtbaren Feind niederschlagen. »Mein Bruder hat Teiflach kurz vor dem ersten Schnee durch Verrat eingenommen. Aber das Wetter dürfte ihn daran gehindert haben, genug Vorräte dorthin schaffen zu lassen und die Burg mit einer starken Mannschaft zu besetzen. Also kann er höchstens ein Dutzend Soldaten dort zurückgelassen haben.«
    Für Eichenloh hörte es sich so an, als wolle der König ihm einen arg sauren Bissen schmackhaft machen. Oder versuchte Friedrich, sich selbst Mut zuzusprechen?
    »Über wie viele Leute verfügt Ihr, Eichenloh?«
    »Gut zwei Dutzend oder, genauer gesagt, siebenundzwanzig.«
    »Das wird nicht reichen. Ich gebe Euch noch dreißig Fußknechte mit. Mit diesen Leuten müsst Ihr es schaffen. Es darf keinen Fehlschlag geben. Ein solcher würde nicht nur meine Feinde ermutigen, sondern auch mich dem Gelächter des gesamten Reiches preisgeben.« Erneut klirrte Friedrichs Stimme, als zügele er nur mühsam seinen Zorn.
    Er war der Senior im Hause Habsburg und damit laut Sippengesetz berechtigt, seine jüngeren Verwandten zu leiten. Doch sein Bruder gönnte ihm weder den Rang noch die Vormundschaft über den Knaben Ladislaus, den Erben der Königskronenvon Ungarn und Böhmen und auch des niederösterreichischen Teils der Habsburger Lande.
    Am liebsten hätte Eichenloh dem König vorgeschlagen, so viele Ritter und Fußknechte wie möglich zu sammeln und seinen Bruder ein für alle Mal zur Räson zu bringen. Er wusste jedoch, dass Friedrich für solche Vorschläge nicht empfänglich war. Eine großangelegte Aktion barg im Keim die Möglichkeit des Scheiterns und damit die Gefahr, Thron, Land und Leben zu verlieren. Ein solches Risiko wollte der König nicht eingehen.
    Eichenloh bemerkte, dass er sich schon wieder mit der Gesamtsituation beschäftigte, anstatt mit Friedrich zu beraten, wie die Burg Teiflach eingenommen werden konnte. Doch als er seine Pläne darlegen wollte, hob Friedrich die Hand.
    »Wie Ihr das macht, überlasse ich Euch. Selbst hier ist es möglich, dass man uns belauscht.«
    In Eichenlohs Ohren klang das nach einer Ausrede, ihn zum Sündenbock machen zu können. Der König hatte ihm die volle Verantwortung für diese Aktion aufgelastet und würde, wenn sie misslang, seine Hände wie einst Pontius Pilatus in Unschuld waschen. In gewisser Weise hätte Eichenloh sich einen lebhafteren Herrn gewünscht als diesen Zauderer, doch als er ihn mit dem Markgrafen von Ansbach verglich, der wie ein auf dem Sprung befindliches Raubtier aufgetreten war, dachte er seufzend, dass beiden ein wenig von den Charakterzügen des jeweils anderen guttäte. Friedrich würde ein wenig mehr Wagemut anstehen und dem Hohenzoller ein Teil von Friedrichs Vorsicht.
    Er schob diesen Gedanken rasch wieder beiseite, denn es galt nun, alle Vorkehrungen für den kühnen Streich zu treffen, ohne dass jemand Verdacht schöpfen und seine Gegner warnen konnte. Eichenloh verbeugte sich vor dem König und bat, sich zurückziehen zu dürfen. Friedrich nickte und beugte sich über einen Stapel Briefe, die er an diesem Tag empfangen hatte. Seinem säuerlichenGesichtsausdruck nach schien der Inhalt der Schreiben unerfreulich zu sein.

13.
    I m Nordwesten, mehrere Tagesritte von Graz entfernt, stand Herzog Albrecht von Österreich auf einer Anhöhe und musterte die Verteidigungsanlagen der Burg Teiflach.

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