Die Tochter der Wanderhure
halbbetäubt zu Boden warf.
Hohenwiesen sah mit verkniffener Miene auf sie herab und entblößte dann die Zähne zu einem höhnischen Lächeln. »Wenn du kein Geld hast, muss deine Mutter ihre Truhen leeren, damit sie dich unbeschadet zurückbekommt. Und jetzt mach, dass du an den Kessel kommst. Ich bekomme Hunger!«
Trudi kämpfte sich auf die Beine, hob das Messer auf und zerteilte noch ein paar Rüben. Während sie das Essen zubereitete, wünschte sie sich, ihre Ohren wären taub, denn Utas Wimmern und Flehen, der Ritter solle doch nicht gar so rauh sein, peinigte ihre Nerven.
Auch wenn sie den beiden den Rücken zudrehte, glaubte sie die Vergewaltigung vor sich zu sehen. Dabei gaukelte ihre Phantasie das Geschehen schrecklicher vor, als es war. Gleichzeitig nahm sie wahr, dass Stammbergs Kumpan sie förmlich mit den Augen auszog. Noch ließ Hohenwiesen sie in Ruhe, doch der Winter hatte erst begonnen, und sie war sicher, dass die Schurken mit der Zeit auch noch die letzten Hemmungen verlieren würden. Aber ihr eigenes Schicksal erschien ihr nicht so schrecklich wie das, welches auf ihre Mutter zukam. Ihr hatte sie nun genau die Sorgen aufgehalst, die sie um jeden Preis hatte vermeiden wollen, und bei dieser Erkenntnis wünschte sie sich, auf der Stelle zu sterben.
12.
P eter von Eichenloh betrachtete den König, der ihm in einen dicken Pelzmantel gehüllt gegenübersaß, den Kopf mit der scharf geschnittenen Nase auf die rechte Hand gestützt, und überlegte, was er Friedrich antworten sollte. Ein Feldzug im Winter war auch dann eine schlimme Sache, wenn man ihn gut vorbereitet antreten konnte. Ein Angriff auf eine Festung mit geringen Mitteln und ohne Geschütze und Belagerungsgeräte erschien ihm jedoch als nackter Wahnsinn. Andererseits verstand er, was den König antrieb. Die umkämpfte Burg beherrschte einen der wichtigen Gebirgsübergänge, und Friedrich durfte nicht zulassen, dass sie sich noch im Frühjahr in den Händen seines Bruders und schlimmsten Konkurrenten, Herzog Albrecht von Österreich, befand.
»Nun, Eichenloh, glaubt Ihr, Ihr würdet es schaffen?« König Friedrichs Stimme klang so leise, als habe er Angst vor jedem Wort. Im Grunde seines Herzens erwartete er ein Nein. Um dem Söldnerführer Zeit zum Überlegen zu geben, blickte Friedrich durch das offene Fenster auf die Höhen, die Graz in dieser Jahreszeit wie ein weißer Kranz umgaben.
Eichenloh aber wusste, dass man ein gekröntes Haupt nicht warten lassen durfte, und verneigte sich knapp. »Ein Handstreich noch in diesem Jahr würde uns vieler Sorgen entheben, Euer Majestät. Bis zum Ende des Winters könnten die Leute, die Euer Bruder nach Teiflach geschickt hat, die Burg weiter ausbauen und verstärken. Dann müsstet Ihr sie entweder Herzog Albrecht überlassen oder sie mit starken Truppen belagern.«
Er wusste, dass Friedrich von Habsburg weder über ein so starkes Heer noch über ausreichend Belagerungsgerät verfügte, mit dem er eine Bergfestung wie Teiflach hätte erobern können. Zwar saß der gekrönte König der Deutschen als Dritter seines Namensauf dem Thron, doch seine Mittel, dem Titel auch Inhalt und Macht zu verleihen, waren jämmerlich gering.
Selten war ein Mann mit schlechteren Vorbedingungen zum Herrscher über das Reich gewählt worden. Friedrich war nicht einmal unumschränkter Herr in seinem Teil der Habsburger Besitzungen, denn der Adel und die Städte richteten stets neue, immer unverschämtere Forderungen an ihn. An diesem Zustand trug er jedoch keine Schuld, denn die Unruhen wurden von Friedrichs jüngerem Bruder, Herzog Albrecht IV. von Österreich, geschürt. Der ehrgeizige Fürst tat alles, um seine Macht auf Friedrichs Kosten zu vergrößern. Die Besetzung der kleinen, aber wichtigen Bergfestung Teiflach war nur eine der vielen Aktionen, mit denen Albrecht die Macht seines Bruders untergrub.
Friedrich von Habsburg hatte nach Eichenlohs Antwort eine Zeitlang geschwiegen und seinen Gast den eigenen Gedanken überlassen. Jetzt hob er den Kopf und musterte sein Gegenüber mit einem fragenden Blick.
»Ich könnte diese Aufgabe auch einem meiner steirischen Ritter übertragen. Doch selbst der Treueste von ihnen hat Verwandte, die meinem Bruder dienen. Fällt nur ein falsches Wort, wäre Albrecht gewarnt und könnte genug Männer nach Teiflach schicken, um eine Rückeroberung der Burg unmöglich zu machen.« Wer den König so hört, könnte ihn für einen mutlosen alten Mann halten, dachte Eichenloh
Weitere Kostenlose Bücher