Die Tochter der Wanderhure
mit Hohenwiesen, der anders als sein Freund längst aufgegeben hatte.
Stammberg grinste Eichenloh an. »Euch kenne ich doch von Altötting her, Herr Ritter! Wollen wir uns nicht setzen, einen Schluck Wein trinken und wie vernünftige Männer miteinander reden?«
Bislang war es ihm stets gelungen, sich mit seiner Beredsamkeit aus gefährlichen Situationen herauszuwinden. Diesmal aber hatteer das Gefühl, auf Granit zu beißen. Eichenloh beachtete ihn nicht, sondern trug Trudi in die Küche und legte sie auf die Strohschütte, auf der Uta geschlafen hatte. Danach reckte er sich und sah sich forschend um.
»Gibt es hier noch Vorräte, mit denen wir uns verköstigen können? Wir müssten sonst unsere eigenen angreifen, und auf die sind wir angewiesen, wenn wir weiterreiten. Ich hoffe jedenfalls nicht, dass der verdammte Sturm uns hier festnageln wird, bis wir halbverhungert sind.«
»Im Keller sind noch einige Fässer mit Mehl und Pökelfleisch. Für so viele Leute werden sie zwar nur wenige Tage reichen, aber es ist besser als nichts«, sagte Lampert, dem es inzwischen gelungen war, wieder auf den Beinen zu stehen. Er öffnete die Kellertür, neben der noch immer der Tisch stand, der ihnen den nötigen Vorsprung verschafft hatte, und wollte hinuntersteigen, doch Quirin streckte den Arm aus und hielt ihn fest.
»Bleib hier, Bursche! Diese Arbeit können auch andere tun. Du siehst aus, als würdest du jeden Augenblick zusammenklappen.« Er befahl einigen Männern, den Keller zu suchen und Vorräte zu holen, damit für alle gekocht werden konnte. »Wenn ihr dort Wein findet, bringt ihn herauf!«, rief er ihnen nach.
»Es ist noch ein fast volles Fass Wein unten«, berichtete Lampert.
»Gegen einen Schluck Wein habe ich nichts. Aber wer von den Kerlen denkt, er könne sich besaufen, den jage ich in den Sturm hinaus!« Eichenloh kannte seine Männer und wusste, dass er sie nur mit eiserner Faust zur Mäßigung zwingen konnte. Der eine oder andere würde trotzdem zu viel trinken, sich aber hinterher wünschen, vorsichtiger gewesen zu sein.
Nun drehte Eichenloh sich zu seinen Gefangenen um, die von vier seiner Leute flankiert wurden. Stammberg gab sich, als sei er noch Herr der Lage, und grüßte devot. »Seid willkommen in meiner Burg, Herr. Euer Erscheinen war zwar etwas überraschend,aber ich kann Euch nachfühlen, dass Ihr diesem entsetzlichen Sturm entkommen wolltet. Sogar mein Freund und ich haben unsere Jagd abgebrochen und uns heimwärts gewandt. Seid mein Gast, so lange es Euch gefällt.«
Ob dieser Frechheit schwoll Eichenloh eine Ader auf der Stirn. Er trat so nahe an den Raubritter heran, dass sich ihre Nasen beinahe berührten. »Elender Hund! Du wirst für das, was du getan hast, bezahlen!«
Stammberg zuckte im ersten Augenblick zusammen, setzte dann aber ein vertrauliches Grinsen auf. Mit einer verächtlichen Geste wies er auf Uta und Trudi. »Gebt doch nichts auf das, was die Weiber da schwatzen. Es sind doch nur zwei Bauernmägde, die zusammen mit einem Knecht ihrer Herrschaft davongelaufen sind.«
Damit aber erregte er Hardwins Zorn. Dieser packte Stammberg am Kragen. »Bauernmägde? Elender Lügner! Dir soll die Zunge im Maul verfaulen. Ich kenne die junge Dame hier gut. Es ist Trudi Adler, Tochter des Michel Adler auf Kibitzstein, der Kaiser Sigismund in Böhmen das Leben gerettet hat!«
Während Stammberg die Tatsache verfluchte, dass die Flüchtlinge ausgerechnet auf jemanden hatten stoßen müssen, der sie kannte, sah sich sein Kumpan in dem Glauben bestätigt, dass hier himmlische Kräfte am Werk waren, die sie durch Trudis Entführung aus einem so heiligen Ort wie Altötting heraus erzürnt hatten. Er sank auf die Knie und begann wirr zu beten.
Stammberg bleckte die Zähne wie eine in die Enge getriebene Ratte. »Verdammt! Was wollt Ihr von uns? Die Burg hier? Die könnt Ihr haben. Sie ist alles, was ich besitze.«
»Wir wollen Gerechtigkeit.« Eichenloh deutete auf Trudi, die gerade wach wurde und noch nicht ganz zu begreifen schien, dass sie gerettet war. In ihrem Erschöpfungsschlaf hatte sie geträumt, sie wäre Uta und würde von den Schurken gequält und geschlagen. Nun tastete sie unwillkürlich ihren Körper ab. Doch sieempfand weder Schmerz, noch fühlte sie die Striemen von Stockschlägen. Auch tat ihr Schoß nicht mehr weh, obwohl er nach der Vergewaltigung durch Hohenwiesen wie Feuer gebrannt hatte.
Sie stand auf, suchte ihren Dolch, den die Kerle bei ihrer Gefangennahme an
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