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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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konntest du wohl kaum weit sehen.«
    »Ich erinnere mich an den Busch dort drüben. An dem sind wir vorbeigekommen!« Uta zeigte auf ein Gebilde, das ebenso gut ein Felsvorsprung hätte sein können, wäre da nicht ein einzelner Zweig gewesen, der aus dem Schnee herausragte.
    Der Führer winkte ab und wollte geradeaus weiter, doch Eichenloh zog sein Pferd herum, um sich den Busch anzusehen. »Die Frau hat recht! Im Windschatten des Gebüschs sind noch Spuren von Gäulen zu sehen.«
    Nun kehrte der Führer um, warf einen Blick auf die Spur und sah Eichenloh unschlüssig an. »Wenn Ihr es befehlt, ziehen wir in die Richtung.«
    Seinem Tonfall nach schien er nichts von der Idee zu halten. Eichenloh aber trieb sein Pferd in die Schlucht, auf die Uta zeigte. Bald musste er absteigen und Trudi wie ein Kind auf den Arm nehmen, denn der Sturm blies mit einer solchen Wucht durch den Engpass, dass der Boden blankgefegt und höllisch glatt war.
    Eine Weile glaubte er, die Magd müsse sich vertan und sie in eine Sackgasse geführt haben, denn die Felsen rückten immer enger zusammen. Dann ging es mit einem Mal einen steilen Abhang hinauf, und auf dem höchsten Punkt sah er in einen Felsenkessel hinab, in dem sich der Wind fing und den Schnee wie in einerWindhose im Kreis trieb. Zwei dunkle Flecken bewegten sich schneckenhaft langsam auf dem hellen Hintergrund, und als Eichenloh, der wieder aufgestiegen war, näher kam, sah er zwei Reiter vor sich, deren Tiere offensichtlich kurz vor dem Zusammenbrechen standen. Da der Sturm in einer Weise tobte, die selbst die Wilde Jagd beschämt hätte, nahmen die beiden nicht wahr, dass Eichenlohs Trupp allmählich zu ihnen aufschloss.
    »Das sind die beiden Schurken!«, rief Uta Eichenloh zu. Sie musste schreien, damit er sie verstand.
    Stammberg und Hohenwiesen war es offensichtlich gelungen, ihre Pferde einzufangen und die Flüchtlinge zu verfolgen. Doch der Sturm hatte die weitere Suche unmöglich gemacht, und nun versuchten sie, zur Höhlenburg zurückzukehren. Durch das Toben der Elemente nahmen sie die fremden Krieger erst wahr, als sich Eichenlohs kräftig gebauter Hengst zwischen ihre Pferde schob.
    Stammbergs Hand fuhr noch zum Schwertgriff. Doch da tauchte Quirin neben ihm auf und bedrohte ihn mit seiner Klinge, und Hardwin von Steinsfeld nahm sich Hohenwiesen vor.
    »Was soll das?«, rief der Raubritter empört, entdeckte dann aber Uta und sah deren hasserfüllte und gleichzeitig triumphierende Miene. Während Stammberg sich noch über die Feindseligkeit der so plötzlich aufgetauchten Männer wunderte, begriff Hohenwiesen, dass ihre Gefangenen bei ihrer Flucht auf diese Reitergruppe gestoßen waren und Unterstützung erhalten hatten.
    »Euch hat wohl der Teufel geschickt!«, fluchte er, erinnerte sich dann aber an den Marktflecken, an dem sie Trudi und deren Gefolge getroffen hatten. Das war in Altötting gewesen, einem Ort, an dem die Heilige Jungfrau besondere Verehrung genoss. Angesichts der Mutter Jesu hatten sie die junge Adlige betrogen, in die Irre geführt und hierhergebracht, und was danach geschehen war, hatte der Gottesgebärerin wohl ebenso wenig gefallen. Eine kalte Hand legte sich um Hohenwiesens Herz, und als er sich zudem Anführer der Reiter umdrehte, las er in dessen Augen seinen Tod.

3.
    K aum hatten sie die Höhlenfestung erreicht, fegte der Sturm mit solcher Wucht über das Land, als wolle er die festen Mauern der Burgen und Städte schleifen. Eichenloh konnte sich nicht erinnern, jemals ein solches Unwetter erlebt zu haben. Auch die Pferde schienen die Gefahr zu begreifen, denn sie drängten ungestüm durch das Tor und fanden sogleich den Stall. Drinnen war kaum genug Platz für die vielen Menschen und ihre Tiere, aber die Männer atmeten erst einmal auf und schüttelten sich den Schnee von Mänteln und Mützen. Dabei murmelten einige ein kurzes Gebet, in dem sie ihren ganz persönlichen Schutzheiligen dafür dankten, dem Unwetter entronnen zu sein.
    Trudi wurde selbst dann nicht wach, als Eichenloh sie vom Pferd hob. Da er das Mädchen nicht auf die schmutzige Streu zwischen die Beine der Tiere legen wollte, wandte er sich an Uta.
    »Gibt es einen Raum, in den ich deine Herrin bringen kann?«
    »Ja, die Küche. Dort dürfte sogar noch das Feuer brennen.« Uta ging voraus, und ihr vorsichtiger Schritt verriet, dass sie immer noch unter Schmerzen litt. Quirin trieb Stammberg hinter Eichenloh her, und da Steinsfeld nicht zurückbleiben wollte, folgte er ihm

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