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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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so verdankte sie ihm nun ihr Leben und das ihres Gesindes. Das musste sie ihm zugutehalten.
    Dann kamen ihr die Worte des Führers in den Sinn, und sie blickte zu Eichenloh auf. »Ihr wollt zur Höhlenburg? Von dort kommen wir gerade.«
    Der Ritter starrte sie verdattert an. »Was habt Ihr mit dieser Burg zu schaffen?«
    »Dort sind Uta, Lampert und ich von zwei Schurken gefangen gehalten worden. Die Kerle haben uns entführt und beraubt. Überdies wollten sie auch noch Lösegeld von meiner Mutter erpressen. Aber es ist uns gelungen, ihnen zu entkommen.« Sie musste schreien, so stark heulte der Sturm.
    Uta, die nur eine Decke erhalten hatte und wieder auf ihrem Gaul saß, hatte Trudis Worte vernommen und trieb das Tier neben Eichenlohs Pferd. »Das sind ganz üble Schufte, edler Herr! Sie haben mir wieder und wieder Gewalt angetan und mich schrecklich geschlagen. Schaut her!« Trotz des starken Windes zog Uta ihren Rock hoch und entblößte ihren von blutigen Striemen gezeichneten Oberschenkel.
    Eichenloh knirschte mit den Zähnen, während Uta eine wirre Kurzfassung der letzten Stunden in der Höhlenburg gab. Er entnahm dem Wortschwall nur, dass es der Magd gelungen war, einen der Räuber mit dem Schürhaken niederzuschlagen, während dieser sich an Trudi Adler verging, und ballte unwillkürlich die Faust.
    Trudi warf ihrer Magd einen dankbaren Blick zu. Uta mochte geschwätzig sein und gewiss nicht die Dienerin, die eine Frau sich wünschen mochte, doch die gemeinsamen Erlebnisse verbanden sie miteinander wie Schwestern.
    »Der Kerl wollte Euch schänden! Ist es ihm gelungen?« Eichenloh wusste selbst nicht, weshalb er diese Frage stellte.
    Trudi stieß die Luft zischend durch die Zähne. »Er hat mich zu Boden geworfen und begonnen, mir Gewalt anzutun. Doch dank Utas Hilfe vermochte er sein Werk nicht zu vollenden.«
    »Bei Henneberg habt Ihr Euch besser gewehrt!«
    »Wäre mir das möglich gewesen, hätte ich die Klinge in seine Eingeweide gestoßen! Doch der Kerl hat mir den Dolch an die Kehle gesetzt.«
    Trudi fühlte sich von den Worten verletzt und wandte den Kopf ab.
    Eichenloh bemerkte ihre Erschütterung und nannte sich einen Narren. Trudi mochte Mut haben, aber sie war doch nur ein Mädchen, das gegen einen zu allem entschlossenen Mann auf verlorenem Posten stand. Gleichzeitig wuchs sein Zorn auf die Kerle, die sie und ihre Magd gequält hatten. Als Trudi wieder zu ihm hochsah, wirkte sein Gesicht wie aus Stein gemeißelt, und in seinen Augen glühte ein Feuer, das sie erschreckte.
    Sie schob den Gedanken weg, dass sie in den Armen eines ihr eigentlich verhassten Mannes lag, und genoss die Wärme, die sein Körper ausstrahlte. Bald fühlte sie sich so kraftlos, dass sie sich wünschte, einzuschlafen und erst wieder zu erwachen, wenn die Welt sich zum Guten gewandelt hatte. Mit dem Gedanken dämmerte sie trotz des unbequemen Sitzes auf dem Sattelbogen weg.
    »Wenn wir nur die Spuren der Jungfer und ihrer Leute finden könnten!« Der verzweifelte Ausruf ihres Führers verriet Eichenloh, dass der Mann nun doch die Orientierung verloren hatte. Da die Luft von dahinwirbelnden Schneeflocken erfüllt war und der Wind alle Spuren in kurzer Zeit verwehte, war es aussichtslos, die Stapfen zu suchen, die Trudis Pferde hinterlassen hatten.
    Eichenloh ließ den Blick über seine Männer schweifen, soweit er sie in dem Schneetreiben noch ausmachen konnte. Die grauen Gesichter derer, die hinter ihm ritten, verrieten ihm, wie erschöpft sie waren, und er sah auch, dass die Fußknechte immer weiter zurückblieben. Offensichtlich hatte ihr Führer nicht übertrieben, als er sagte, der Trupp sei ohne schützendes Dach dem Tod geweiht. Das schienen auch die Wölfe bereits zu wissen, denn ihr Geheul übertönte sogar das Tosen des Sturms. Den Raubtieren reichte ein zottiger Pelz als Schutz gegen die Unbilden des Wetters, und wenn der Wind zu scharf blies, kauerten sie aneinandergepresst in einer Kuhle und warteten, bis das Unwettervorübergezogen war. Eichenloh ertappte sich dabei, die Tiere zu beneiden. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würden diese noch in der Nacht einen reich gedeckten Tisch vorfinden.
    »Dort müssen wir hin!« Utas Ausruf ließ den Ritter hochschrecken.
    »Was sagst du?«
    »Die Höhlenburg liegt in dieser Richtung«, erklärte die Magd mit Nachdruck.
    Der einheimische Führer machte eine wegwerfende Geste. »Woher willst du das wissen? Du hast diesen Weg doch erst ein Mal zurückgelegt, und da

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