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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihr zu verdanken, dass alles so glimpflich verlaufen war. Sie wollte einen weiteren Schritt auf den König zugehen und ihm dies erklären, doch da griff Eichenloh zu und krallte seine Finger in den Stoff ihres Kleides, und zwar so heftig, dass sich seine Fingerspitzen in ihre Pobacken bohrten.
    Es war die einzige Möglichkeit für ihn, sie aufzuhalten, ohne dass der König es merkte. Er kannte Friedrich III. und wusste, wie sehr dieser auf die Wahrung der Etikette bedacht war. Ein Mädchen, das ihn ungefragt ansprach, würde auf der Stelle seineSympathie verlieren. Während Trudi schwankte, ob sie Eichenloh vor dem König ohrfeigen oder nur mit Worten zurechtweisen sollte, zog dieser sie ein Stück zurück und verbeugte sich erneut.
    Der König sah ihn an und nickte. »Sprecht.«
    »Die Burg wurde durch Geschick und Mut gewonnen, Euer Majestät, doch will ich nicht mich rühmen, sondern diese junge Dame, die uns dabei geholfen hat. Es ist ihr gelungen, die Wachen zu überlisten und uns den Weg in die Burg zu öffnen.«
    Bevor er ausführlicher werden konnte, hob der König die Hand.
    »Ihr werdet heute Abend beim Mahl Gelegenheit finden, mir die näheren Umstände Eures Sieges zu berichten. Jetzt wünsche ich nur zu erfahren, wer diese beiden Herren sind, die ich noch nicht kenne. Die Henneberger sind doch im Norden Frankens begütert.«
    »Mein Familienzweig lebt am Main. Dort hatten meine Vorfahren bereits zu Zeiten Kaiser Konrads ihren Sitz!« Graf Otto sprach mit dem Stolz eines Mannes, dessen Sippe der habsburgischen einmal ebenbürtig gewesen war, auch wenn das Schicksal den Letzteren die Krone des Reiches in den Schoß gelegt hatte. »Am Main? Ach ja!« Der Tonfall des Königs verriet, dass ihn diese Gegend im Augenblick nicht sonderlich interessierte. Stattdessen musterte er Gressingen, der wegen seines fehlenden Schwerts ebenfalls als Gefangener zu erkennen war.
    »Georg von Gressingen war der Anführer der Männer, die Herzog Albrecht in Teiflach zurückgelassen hatte«, berichtete Eichenloh mit einer gewissen Gehässigkeit.
    »Ein Gefolgsmann meines Bruders also.« Die Lippen des Königs wurden schmal, und sein Blick verdüsterte sich.
    Gressingen hätte Eichenloh erwürgen können. So, wie dieser ungewaschene Söldling ihn bei Friedrich einführte, würde es ihm niemals gelingen, den König zu übertölpeln und von seinen Leibwachen zu trennen. Auch jetzt standen zwei kräftige Kerle mitgezogenen Schwertern hinter dem Thron und gaben auf jede Bewegung in der Umgebung des Königs acht, um bei der geringsten Gefahr eingreifen zu können. Dennoch hielt Gressingen sein Vorhaben nicht für undurchführbar.
    Sein Blick streifte Trudi, die zwischen Ehrfurcht für den König und Ärger über dessen Missachtung schwankte. Da sie nicht wusste, wann sie wieder vor Friedrich geführt werden würde, wollte sie näher auf ihn zutreten. Erneut hielt Eichenloh sie auf.
    »Wartet, bis Ihr mit dem König privat sprechen könnt!«
    Er flüsterte, doch Friedrich hörte ihn trotzdem. »Wie es aussieht, hat die junge Dame ein Anliegen an mich. Ich werde es mir heute Abend anhören.«
    Sein Tonfall und seine Geste zeigten, dass er die Audienz für beendet hielt. Sofort eilte der Kammerherr herbei und wies auf die Tür, die gerade von zwei Dienern geöffnet wurde.
    Im Zwiespalt ihrer Gefühle verfangen, vergaß Trudi beinahe, noch einmal vor dem König zu knicksen. Doch da beugte Eichenloh Haupt und Rücken und zog sie mit der Rechten ebenfalls nieder. Es gelang ihr gerade noch, die Bewegung mit einem halbwegs ehrerbietigen Knicks abzuschließen, dann fasste Eichenloh ihren Arm und zog sie mit sich.
    Kaum waren die Türen des Saales hinter ihnen geschlossen worden, fuhr sie mit zornrotem Kopf zu ihm herum. »Du hirnloser Narr! Glaubst du, ich lasse mich von dir vor dem König lächerlich machen. Ich werde dir …«
    Eichenloh hielt ihre zum Schlag gehobene Hand fest und funkelte sie grimmig an. »Ich habe nur getan, was getan werden musste! Wollt Ihr, dass der König Euch ungesäumt nach Hause zurückschickt? Herr Friedrich hätte Euch eine Störung des vorgeschriebenen Ablaufs seiner Audienz niemals verziehen. Seid mir lieber dankbar, dass ich seine Aufmerksamkeit auf Euch gerichtet habe und er deshalb bei günstigerer Gelegenheit mit Euch sprechen wird. Bis dahin aber solltet Ihr üben, wie Ihr vor ihm zu knicksenhabt. Es scheint, als habe man Euch zu Hause keine Manieren beigebracht.« Mit diesen Worten stieß er sie von sich

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