Die Tochter der Wanderhure
werden.«
Trudi war dem kurzen Gespräch zwischen dem König und Eichenloh mit wachsender Erbitterung gefolgt und sprang auf. »Wenn Ihr schon eine Ehe stiften wollt, Euer Majestät, dann für diesen Herrn. Er hat es gewiss nötiger als ich, denn er braucht dringend ein Weib, das auf seine Kleidung achtet.«
Für den König hatte Eichenloh sich zwar sorgfältiger gekleidet als sonst, trotzdem war sein Gewand, wie Trudi mit heimlicher Zufriedenheit bemerkte, nicht besonders sauber. Im Gegensatz zu den anderen Herren, die in schillerndem Brokat glänzten, wirkte er in seinem einfarbigen grünen Wams, den hellgrauen Hosen und den eher bequemen als modischen Knöchelstiefeln recht unscheinbar.
Trudi berichtigte sich sofort. Eichenlohs Kleidung mochte unscheinbar sein, er selbst aber war es nicht. Obwohl Otto von Henneberg und Hardwin von Steinsfeld größer waren, schien er die beiden zu überragen. An ihm war etwas, das sich mit der Elle allein nicht messen ließ. Sie musterte ihn gründlicher als sonst, um herauszufinden, woran dies lag, und fand ihn gar nicht so abstoßend, wie sie es bisher geglaubt hatte. Natürlich war er nicht einmal hübsch und schon gar nicht mit Georg von Gressingen zu vergleichen. Er strahlte jedoch eine Selbstsicherheit aus, die sie ihrem Geliebten ebenfalls gewünscht hätte. Diesem Mann, schoss es ihr durch den Kopf, hätte Gottfried Schenk zu Limpurg die heimatliche Burg nicht so einfach wegnehmen können. Unterdessen hatte der König sich mit einem sinnenden Lächeln Eichenloh zugewandt. »Nun, was haltet Ihr von dem Vorschlag der jungen Dame? Es wäre kein schlechter Gedanke, Uns Eurer Treue durch eine Heirat zu versichern.«
Eichenloh begriff, dass der Wind sich zu drehen begann. Trudi war für Friedrich III. nur ein junges Mädchen ohne besonderen Wert. Aber er hatte seine Nützlichkeit bereits bewiesen, und daher mochte der König auf den Gedanken kommen, ihn durch eine Heirat an sich zu binden.
»Euer Majestät sollten bedenken, dass ich nicht für eine Ehe geschaffen bin. Das arme Mädchen, dem Ihr mich antun würdet, ist jetzt schon zu bedauern. Sie würde mich selten sehen und noch seltener meine Umarmungen spüren.« Bei diesen Worten bedachte er Trudi mit einem mörderischen Blick.
Sie aber lächelte zufrieden, und Gressingen nahm die Gelegenheit wahr, ihm einiges heimzuzahlen. »Euer Sinn steht wohl mehr nach Knaben, was? Doch im Allgemeinen sollte dies kein Hindernis für eine Ehe sein, da Ihr Euch zumeist außer Haus aufhaltet.«
Während Trudi zu begreifen versuchte, was ihr Geliebter damit sagen wollte, fühlte Hardwin sich von Gressingens Worten angegriffen.
»Wenn das Wort Knabe auf mich bezogen sein sollte, so bin ich gerne bereit, Euch Eure schmutzigen Gedanken auf der Stechbahn auszutreiben. Was Ihr für einer seid, habt Ihr vor einigen Monaten im Fuchsheimer Wald deutlich bewiesen.«
Trudi und Gressingen wussten sofort, worauf Steinsfeld anspielte. Das Mädchen kniff die Lippen zusammen, um nichts zu sagen, was es später bereuen würde, während Gressingen vernehmlich mit den Zähnen knirschte.
»Mit dem Maul kämpft Ihr recht gut, doch mit Lanze und Schwert dürfte es noch hapern. Ich bin gerne bereit, Euer Lehrmeister zu sein. Beschwert Euch hinterher jedoch nicht, denn meine Lektionen sind hart!«
»Wenn der Winter gewichen ist, Gressingen, könnt Ihr Eure Fertigkeit im Turnier beweisen. Vorerst aber werdet Ihr Frieden halten!« König Friedrichs Miene verriet noch deutlicher als seine Worte, wie wenig er von dem Ritter aus dem Gefolge seines Bruders hielt.
Gressingen verschluckte eine wütende Antwort und musterte Trudis Miene. Auch sie schien über den Ausspruch und vor allem über Friedrichs Tonfall aufgebracht zu sein, und dies würde er sich zunutze machen.
Während das Gespräch sich anderen Themen zuwandte, bereute Trudi, den langen Weg nach Graz angetreten zu haben, denn von diesem zaudernden Mann, der sich König nannte, war keine Hilfe zu erwarten. Sie war einem Traumgebilde gefolgt, als sie sichmit ihren beiden Getreuen durch einen kalten, regnerischen Herbst und durch Schneestürme gekämpft hatte. Wäre sie zu Hause geblieben, hätte sie nicht unter einem Schurken wie Melchior von Hohenwiesen liegen müssen. Beim Gedanken an den Raubritter verknotete sich ihr Magen, und sie fühlte noch einmal die Hilflosigkeit, mit der sie ihm ausgeliefert gewesen war. Dann dachte sie an Uta, die noch immer die Spuren der Misshandlungen trug, und an
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