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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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würdig zu sein.
    Schnell senkte Gressingen den Kopf und bot Trudi das Bild eines vom Schicksal geschlagenen Mannes. Damit fachte er ihren Hass auf Eichenloh an, der sie gezwungen hatte, die Burgbesatzung zu täuschen. Nur der Gedanke, auf den Söldnerführer angewiesen zu sein, um zum König zu gelangen, hinderte siedaran, Junker Peter wie eine gereizte Wildkatze ins Gesicht zu fahren.
    Sowohl Gressingen wie auch Eichenloh erkannten, welche Gefühle in Trudi tobten, und während Junker Georg innerlich aufjubelte, hätte Eichenloh das Mädchen am liebsten erwürgt. Gressingen bemühte sich, einen scheinbar freudig überraschten Ausdruck auf sein Gesicht zu zaubern, breitete die Hände aus und trat einen Schritt auf Trudi zu. Mitten in der Bewegung stockte sein Fuß. »Jungfer Hiltrud! Welch eine Freude, Euch zu sehen. Sagt, wie kommt Ihr in die Gesellschaft dieses Mannes?« Es gelang ihm, seiner Stimme einen Hauch Eifersucht zu verleihen.
    Trudi errötete. »Herr von Eichenloh hat sich erboten, mich zu Seiner Majestät, König Friedrich, zu geleiten.«
    Also habe ich richtig gelegen. Die kleine Metze will nach Graz, fuhr es Gressingen durch den Kopf, und er nahm sich vor, alles zu tun, um ihre offenkundige Verliebtheit auszunutzen. Scheinbar betrübt verneigte er sich vor ihr und seufzte tief. »Möge Euer Weg glücklicher sein als der meine. Mich hat er in diese Burg geführt, und nun befinde ich mich in der Gewalt fremder Menschen.«
    Sie hätte ihn am liebsten umarmt und getröstet, doch sie begnügte sich damit, ihm ein Lächeln zu schenken. »Herr von Eichenloh wird Euch gewiss nicht gefangen halten.«
    Die unterschwellige Bitte hätte Junker Peter beinahe dazu gebracht, Gressingen in Ketten schlagen und in den abgelegensten Keller der Burg einsperren zu lassen – und Trudi gleich mit dazu. Es dauerte zwei, drei Atemzüge, bis er sich wieder im Griff hatte. »Ich muss Euch enttäuschen, Jungfer. Gressingen freizulassen, liegt nicht in meiner Macht. Er ist ein Gefangener des Königs, und nur Herr Friedrich vermag über ihn zu entscheiden.«
    Eichenloh bereute seine Worte, kaum dass sie seine Lippen verlassen hatten, denn Trudi sah ganz so aus, als wolle sie sich beimKönig mehr für Gressingens Freiheit einsetzen als für ihr eigenes Anliegen.
    Gressingen lächelte in sich hinein, die Situation entwickelte sich trotz der Niederlage zu seinen Gunsten. Wenn es ihm gelang, Trudi so einzuwickeln, dass sie ihm aus der Hand fraß, konnte er sie zu seiner Helferin machen. Aus diesem Grund gab er seiner Stimme einen besorgten Klang. »Was ist so Schreckliches geschehen, dass Ihr mitten im Winter den König aufsuchen wollt?« Trudi blickte ihn an wie ein Reh, das den Pfeil des Jägers im Fleisch spürt. »Es geht um Kibitzstein. Der Bischof von Würzburg bedrängt meine Mutter, sich ihm zu unterwerfen. Doch Kaiser Sigismund hat uns die Herrschaft reichsfrei und ohne jede Verpflichtung gegenüber diesem selbsternannten Herzog von Franken verliehen. Daher will ich König Friedrich bitten, uns zu beschützen.«
    Gressingen lachte innerlich auf, denn Friedrich konnte nicht einmal eine Bauernkate in seiner nächsten Umgebung schützen, geschweige denn eine reichsfreie Burg am fernen Main. Aber er stimmte Trudi wortreich zu und brachte sie auf diese Weise dazu, mehr zu berichten. Innerhalb kurzer Zeit erfuhr er, dass sämtliche Freunde und Verbündete von Kibitzstein abgefallen und sich dem Würzburger Bischof zugewandt hatten.
    Eichenloh hörte den beiden eine Weile zu, dann wandte er sich an Quirin. »Ist die Burg gesichert?«
    »Das ist sie. Aber wir werden nicht lange hier bleiben können, denn sonst reichen die Vorräte für die Burgbesatzung, die wir zurücklassen müssen, nicht bis zum Frühjahr.«
    »Wir brechen morgen früh auf! Suche dir zehn zuverlässige Leute aus, denen wir die Burg anvertrauen können. Sie werden selbst kochen müssen, denn ich habe nicht die Absicht, einen der Knechte von der alten Besatzung hierzulassen. Wie rasch Teiflach den Besitzer wechseln kann, hat man in letzter Zeit gesehen.«

8.
    E ndlich würde sie vor den König treten. Trudi presste beide Hände auf ihr heftig pochendes Herz, denn sie sah sich zweifach in der Pflicht. Sie musste Herrn Friedrich nicht nur dazu bewegen, ihrer Familie beizustehen, sondern wollte sich auch für Georg von Gressingen verwenden, den nur dieser Neidhammel Eichenloh als Feind des Königs hinstellte. Am liebsten hätte sie dem Söldnerführer ins Gesicht

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