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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Handlanger Magnus von Henneberg erfahren hatte. Überdies hatte er seinen Freund Hilbrecht von Hettenheim mitgebracht, den jüngsten Sohn seines Erziehers Heinrich von Hettenheim. Die beiden schienen den Kampf um Kibitzstein trotz der Überzahl der Belagerer als großen Spaß anzusehen und waren bei jedem Ausfall dabei, mit dem Michi die Gegner zu zermürben suchte.
    Die Schramme an Falkos Helm stammte von dem Schwert eines feindlichen Kriegers, und auch seine Rüstung wies bereits Spuren harter Hiebe auf. Glücklicherweise hatten die beiden Jünglinge die Kämpfe bis auf kleine Schrammen und Blutergüsse unbeschadet überstanden. Aber Marie konnte sich nicht vorstellen, dass dies auf Dauer gutgehen würde. Falko und Hilbrecht warenso übermütig, dass sie sogar die Geduld der Heiligen strapazieren mussten.
    Ein übler Scherz des Schicksals, so schien es Marie, war wohl schuld daran, dass sie Michels Tochter Hildegard und ihre Pflegetochter Lisa in Sicherheit hatte bringen können, aber um ihre leiblichen Kinder bangen musste. Von Trudi hatte sie seit dem vergangenen Herbst nichts mehr gehört, und in ihren düstersten Stunden sah sie sie ermordet und irgendwo neben einer Straße verscharrt. Nun fürchtete sie, dass ihr Sohn hier auf Kibitzstein sein Grab fand.
    »Daran wird der Henneberger zu kauen haben!« Falko machte aus seiner Verachtung für den gegnerischen Anführer keinen Hehl.
    Da Graf Magnus davon ausgegangen war, Kibitzstein würde nur von einer vor Angst zitternden Witwe verteidigt, hatte er sein Lager zu Beginn recht nahe an den Mauern der Burg errichten und seine drei Kanonen beinahe schon im Schatten des Kibitzsteiner Haupttors aufstellen lassen. Daher war es Michi, Falko, Hilbrecht und einigen Knechten in einem nächtlichen Ausfall gelungen, die feindlichen Geschütze samt den Pulvervorräten in die Luft zu sprengen. Seitdem blieb Graf Magnus und seinen Leuten nichts anderes übrig, als Kibitzstein auf altüberlieferte Weise zu belagern und zu versuchen, es mit Leitern oder Belagerungstürmen einzunehmen. Aber bisher hatte noch kein Feind den Mauerkranz betreten.
    In einer Hinsicht wirkte Falkos Rückkehr sich günstig aus, denn an seiner Seite kämpften die Kibitzsteiner wie Löwen. Sie wären auch Michi gefolgt, das war Marie klar, aber niemals mit dieser zähen Verbissenheit, mit der sie schon drei Sturmangriffe der zunehmend ungeduldiger werdenden Feinde abgewehrt hatten. Wenn Marie auf die Mauern stieg, musste sie Rüstung und Helm tragen und von einem ihrer Knechte begleitet werden, der mit einem großen Schild neben ihr herging. Die feindlichen Kriegerschossen auf alles, was sich bewegte, und Graf Magnus schien speziell ausgebildete Bogenschützen auf sie, Falko und Michi angesetzt zu haben. In ihrer Wut über die eigenen Verluste zielten Magnus’ Leute aber auch auf jede andere Frau, die sich auf dem Mauerring sehen ließ.
    »Ich glaube, die geben bald auf«, erklärte Falko selbstzufrieden.
    »Das wäre schön!« Marie seufzte, denn ihr war klar, dass die Sache auch dann nicht ausgestanden war, wenn die Belagerung aufgehoben würde. Dennoch hoffte sie, Falko behielte recht, dann könnte sie selbst nach Ansbach reisen und Markgraf Albrecht Achilles um Unterstützung bitten. Bis jetzt hatte er zwar nicht auf ihre Briefe reagiert, aber es würde auch ihn schwächen, wenn er zuließ, dass der Würzburger Fürstbischof seine Macht auf Kosten der kleinen Herrschaften in Franken ausbaute. Ihrer Meinung nach hätte Albrecht Achilles längst eingreifen müssen.
    Nun fragte sie sich, ob es möglich war, dass ihre Briefe an den Markgrafen abgefangen worden waren, um zu verhindern, dass er Kibitzstein beistand. Wenn dies der Fall war, stand ihre Sache bitter schlecht.
    Sie wandte ihren Blick von den Feinden ab und sah ihren Sohn an, der bereits einen halben Kopf größer war als sie und so schlank, dass er beinahe hager wirkte. Sein mädchenhaft weiches Gesicht hatte schon so manchen Gleichaltrigen zu spöttischen Bemerkungen gereizt. Den meisten war das nicht gut bekommen, denn Falko war im Kampf ein kleiner Teufel, der niemals aufgab. Sein Freund Hilbrecht war kleiner als er, aber um einiges breiter in den Schultern und wies bereits den ersten dünnen Bartflaum auf. Die beiden waren etwa gleich alt, doch abgesehen von der Größe sah Heinrich von Hettenheims jüngster Sohn weitaus erwachsener aus als Falko. Aber gerade er war ein zu allerlei Streichen aufgelegter Kindskopf.
    Michi trat neben Marie

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