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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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anzusehen.
    »Es muss so sein! Kannst du mir sagen, was sie an einem solch windigen Kerl hat finden können?«
    Die Magd zog den Kopf ein. »Junker Georg ist häufig nach Kibitzstein gekommen und hat der Jungfer den Hof gemacht. Dann ist er plötzlich weggeblieben, und sie war wochenlang sehr traurig deswegen. Aber sie hat gewiss nicht gewollt, dass er den König tötet!«
    Dieser Gedankensprung brachte Peter zum Lachen. Dann schnappte er schmerzerfüllt nach Luft, weil seine Bauchwunde ihm die Bewegung übelnahm. »Das wollte sie gewiss nicht, sonst hätte sie ihn nicht erschlagen, bevor er die Tat vollbringen konnte.«
    Diese Überlegung tat ihm gut. Er ließ sich mit dem Rest der Brühe füttern und bat Uta, ihm einen Becher mit dem nach recht exotischen Gewürzen duftenden Bier zu füllen.
    »Hast du denn heute schon etwas gegessen?«, fragte er, weil der Blick, mit dem sie den leeren Napf betrachtete, sehr hungrig wirkte.
    Uta schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte bei der Herrin bleiben.Wenn die Mägde mit der Arbeit fertig sind, kommt eine und passt so lange auf meine Herrin auf, bis ich mir etwas geholt habe.«
    »Bis dahin bist du vor Hunger umgefallen! Marsch, in die Küche! Die paar Augenblicke kann ich auf die Jungfer achtgeben.« Die Magd sah ihn zweifelnd an, begriff aber rasch, dass es besser war, ihm nicht zu widersprechen, und schlüpfte zur Tür hinaus. Peter von Eichenloh rückte seinen Hocker näher ans Bett und starrte Trudi an. Es presste ihm schier das Herz im Leib zusammen, sie so elend zu sehen. Uta hatte sich Mühe gegeben, sie gründlich zu waschen, und die Blutkrusten aus ihrem Haar entfernt. Der Verband, den der Arzt über die Wunde gelegt hatte, leuchtete inzwischen wieder rot, weil sich das Mädchen immer wieder heftig bewegte und um sich schlug.
    Trudis Gesicht war schmal geworden, die Wangenknochen stachen hervor, und ihre Haut wirkte wie Wachs. Sie lag ansonsten regungslos, aber ihre Kiefer waren in ständiger Bewegung, so als würde sie reden, ohne einen Ton herausbringen zu können.
    Mit einem Mal richtete sie sich auf und öffnete die Lider. Er glaubte schon, sie wäre endlich erwacht, und wollte sie ansprechen. Doch ihre Augen blickten durch ihn hindurch, als bestände er aus Luft.
    »Ich habe meine Tugend auf den Mist geworfen!« Trudis Stimme klang so kindlich, dass er verwundert den Kopf schüttelte. Noch mehr verblüffte es ihn, als Trudi sich selbst mit fester, erwachsener Stimme antwortete. »Ich wollte es doch nicht! Er hat so gedrängt und mich betrunken gemacht. Außerdem hat er einen heiligen Eid geschworen, noch am selben Tag mit meinem Vater zu reden!«
    »Ich hätte klüger sein und nicht mit ihm gehen sollen«, wandte die kindliche Trudi ein.
    Die erwachsene Trudi stieß einen Laut aus, der ein Lachen hätte sein können, ohne jedoch etwas zu sagen.
    Dafür setzte die Kinderstimme ihre Klagen fort. »Ich war in ihn verliebt! Konnte ich denn wissen, was für ein Schuft er ist? Er hat Papa umgebracht, und auch das war meine Schuld. Nur weil ich diesem Mann vertraut habe, sind Mama, Lisa und Hildegard ebenfalls dem Untergang geweiht. Sie werden alle sterben – so wie der arme Eichenloh!«
    »Für einen Toten fühle ich mich aber noch recht lebendig«, brummte Junker Peter.
    Trudi zwinkerte verwundert mit den Lidern, fuhr aber mit ihren Selbstanklagen fort. So erfuhr Eichenloh, dass ihre Mutter sie immer wieder vor Gressingen gewarnt hatte und ihre Schwestern Geld und Schmuck geopfert hatten, damit sie zum König reisen konnte. Immer wieder rief sie, dass sie alle enttäuscht hätte und für ihre Sünden nun auf ewig zur Hölle fahren müsse. In ihrem Fieberwahn entschuldigte sie sich bei Uta und Lampert und klagte im nächsten Augenblick, dass der König sie nicht einmal angehört hätte. Sie verstieg sich sogar dazu, freiwillig alle Höllenstrafen auf sich zu nehmen, wenn Kibitzstein gerettet würde. Peter versuchte, sie zu beruhigen, doch sie schien ihn nicht wahrzunehmen. Nach einer Weile sank sie zurück und lag mit geschlossenen Lidern da, als wäre mit den Worten auch das Leben aus ihr geronnen. Eichenloh begriff, dass nur noch ein schmaler Faden sie mit dieser Welt verband, und da er nicht wusste, wie er ihr noch helfen konnte, fasste er ihre Hand.
    »Auch wenn der König dir seine Hilfe versagt, wird deine Familie nicht untergehen, das verspreche ich dir! Ich werde meine Männer sammeln und umgehend nach Franken aufbrechen, um an der Seite deiner Leute zu

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