Die Tochter der Wanderhure
wieder den Rücken zu und wünschte sich, das Weib würde endlich gehen.
Doch Elgard von Rendisheim genoss Bonas Qualen. Bei der Hochzeit auf Fuchsheim hatte sie nicht mehr tun können, als heimlich ihr Gift zu verspritzen, und danach hatte sie zu anderen Verwandten ziehen müssen, weil sie sich mit Ritter Moritz gestritten hatte. Als sie von seiner Erkrankung gehört hatte, war sie scheinbar friedfertig zurückgekehrt, um ihn zu pflegen, hatte jedoch brav den Mund halten müssen, um von Bonas Ehemann nicht noch einmal aus der Burg gewiesen zu werden. Nun endlich konnte sie dem jungen, unverschämt hübschen Weibsbildallen Ärger über ihre Zurücksetzung durch ihren Vetter heimzahlen.
»Mach, dass du auf die Beine kommst! Faulenzerinnen können wir hier nicht gebrauchen.« Scharfe Rutenschläge begleiteten diese Worte, und Bona schrie erschrocken auf. Sie versuchte, aus dem Bett zu kommen, und fing sich dabei ein paar weitere Hiebe ein, die Frau Elgard absichtlich gegen ihren vorgewölbten Leib führte.
Bona wünschte sich nur noch zu sterben. Doch ihr Körper war jung und kräftig, und so schleppte sie sich trotz der Last in ihrem Leib zur Tür und stieg die Treppe hinab. Elgard von Rendisheim folgte ihr und stellte ihr ein Bein, um sie zu Fall zu bringen. Bona merkte es im letzten Augenblick und hielt sich an dem Seil fest, welches das Geländer ersetzte. Dabei sah sie die ältere Frau mit aus der Not geborenem Spott an. »Hast du keine Angst davor, als Mörderin zur Hölle zu fahren?«
»Pah! Der ehrwürdige Prälat Pratzendorfer würde mich von dieser Sünde freisprechen, so wie er es bereits bei Georg von Gressingen getan hat, dessen Eid gegenüber Trudi von Kibitzstein nun nichtig ist. Es pfeifen doch schon die Spatzen von den Dächern, dass er dieser Metze leichtsinnigerweise die Ehe versprochen hatte und von dem höchstehrwürdigen Prälaten auf den richtigen Weg gebracht wurde.«
Bona begriff zweierlei. Solange Elgard von Rendisheim in diesem Haus weilte, war sie ihres Lebens nicht mehr sicher, und zum anderen hatte Junker Georg ihre Freundin Trudi schmählich verraten. Sie fragte sich, ob die Leute auch um die Vorgänge im Fuchsheimer Wald wussten. Wenn ja, dann würde Elgard von Rendisheim ihr nicht einmal ein christliches Begräbnis vergönnen, und ihr Kind käme ungetauft in die Vorhölle, die es selbst am Jüngsten Tag nicht verlassen durfte.
Wut, Abscheu, aber auch ein Lebenswille, der sie selbst überraschte, brandeten in ihr auf. Zwar hatte sie sich versündigt, wofürsie ihren verstorbenen Gemahl insgeheim auch immer wieder um Verzeihung bat, dennoch hoffte sie, der Herr Jesus und seine Mutter Maria würden sich ihrer und ihres unschuldigen Kindes erbarmen. Aber wenn ihr die Hölle bestimmt war, so konnte diese nicht schlimmer sein als das, was sie hier auf Mertelsbach erleiden musste.
Ohne Elgard von Rendisheim eines weiteren Blickes zu würdigen, ging Bona in die Küche, um dort zu arbeiten, wie es ihr befohlen worden war. Die Frau eines Burgherrn musste natürlich wissen, wie die Speisen zubereitet wurden und was man dazu benötigte. Allerdings gehörte es sich nicht, Magddienste von ihr zu verlangen, wie es ihr seit dem Tod ihres Mannes widerfuhr.
Von der Köchin und deren Untergebenen erfuhr sie keine Unterstützung. Obwohl sie die Leute seit ihrer Ankunft auf Mertelsbach gut behandelt hatte, waren sie alle mit fliegenden Fahnen in Frau Elgards Lager übergeschwenkt und redeten ihr nach dem Mund. Zwar gab es einige, die nicht ganz mit der Herrschaft dieser Frau einverstanden waren, aber auch die wagten nicht, sich auf ihre Seite zu schlagen oder ihr wenigstens die Achtung zu erweisen, die ihr zustand.
Bona nahm die Schüssel entgegen, die ihr die Köchin hinhielt, und begann den darin angesetzten Teig zu rühren. Schon bald lief ihr der Schweiß über die Stirn, und sie musste achtgeben, damit keine Tropfen hineinfielen. Von Frau Elgard angestachelt, hatte die Köchin sich angewöhnt, ihr bei jedem kleinen Fehler mit dem Kochlöffel auf die Hände zu schlagen wie einem naschhaften Küchenmädchen.
Elgard von Rendisheim war Bona gefolgt und überschüttete sie mit weiteren Schmähungen. Da sie jedoch keine Antwort erhielt, ging sie nach einer Weile wieder und begab sich in die Gemächer der Burgherrin, die sie selbst bezogen hatte. Wenn Markus von Mertelsbach einmal heiratete, würde sie diese wieder räumenmüssen, aber sie hatte bereits ein Mädchen für ihn im Auge, das sich ihrem
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