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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Würzburger uns erst bemerken, wenn es zu spät ist«, fuhr Giso fort und spähte selbst zum Feind hinüber.
    »Sie haben etliche Wachfeuer angezündet, aber in spätestens zwei Stunden dürften die meisten von ihnen niedergebrannt sein.
    Dann können wir zuschlagen.« Giso war einige Jahre älter als die beiden Freunde und besuchte eine Schule, da er Geistlicher werden wollte. Doch es verband ihn wenig mit dem Würzburger Bischof, und er hatte sich, als die Probleme um Kibitzstein bekanntwurden, beurlauben lassen, um seiner Familie beizustehen. Seine Mutter und sein Bruder befanden sich nun ebenfalls in der Burg, weil sie Übergriffe der feindlichen Soldaten fürchteten. Da er nicht einfach nur in den Reihen der Verteidiger stehen wollte, hatte er sich Falko und Hilbrecht angeschlossen und mit ihnen auch diesen Streich ausgeheckt.
    »Hier sind die Kleider, die ihr braucht! Ihr müsst wie die Knechte aussehen, die Hennebergs Leute von den Höfen der Bauern verschleppt haben, damit sie ihnen die Drecksarbeit machen. Eure feinen Gewänder würden euch schnell verraten!«
    Er reichte den beiden je ein Stoffbündel. Falko begann sofort, sich auszuziehen. Seine eigene Kleidung faltete er fein säuberlich zusammen und legte sie auf einen Sims, während Hilbrecht die Sachen einfach auf den Boden warf. Kurz darauf steckten beide in einfachen Kitteln aus ungefärbter Wolle, die auf der Brust mit einer Schnur zusammengehalten wurden, und hatten formlose Kappen über die Köpfe gezogen.
    »Habt ihr die Flasche besorgen können?«, fragte Giso.
    Falko lachte leise auf. »Natürlich.« Er hob dabei eine große Tonflasche auf, die mit einem Stopfen aus Stoff verschlossen war, aus dem eine mit Pulver versetzte und mit Wachs getränkte Schnur herausragte.
    »Habt ihr auch an Feuer gedacht?«, fragte Giso weiter.
    Statt einer Antwort öffnete Falko eine kleine, mit Luftlöchern versehene Blechbüchse, in der ein Stück Baumschwamm glomm.
    »Ich habe mir gedacht, das ist sicherer, als wenn ich Stahl und Feuerstein mitnehme. Man würde hören, wenn ich Feuer schlage.«
    »Das ist schon richtig, aber du solltest dennoch Gerät zum Feuermachen bei dir haben. Was ist, wenn wir vorher in einen Bach steigen müssen und der Baumschwamm gelöscht wird?«
    »Da sieht man den studierten Herrn! Der denkt an alles und das gleich doppelt«, feixte Hilbrecht, um sofort wieder ernst zu werden.»Ich habe Stahl, Feuerstein und Zunder dabei, und zwar in geöltes Leder gehüllt. Damit kann ich auch durchs Wasser gehen.«
    »Ihr tut ja direkt so, als wolltet ihr durch den Main schwimmen. Das wird nicht nötig sein.« Falko war verärgert, weil seine Freunde sich zu sehr mit Einzelheiten beschäftigten. Er selbst wollte nur hinausgehen, die Pulvervorräte des Feindes zerstören und wieder in die Burg zurückkehren.
    »Wir sollten aufbrechen«, erklärte er, um sich von Giso nicht das Heft aus der Hand nehmen zu lassen.
    Hilbrecht schien immer noch verunsichert zu sein, denn er zupfte den Priesterschüler am Ärmel. »Sollen wir?«
    Giso brannte nicht weniger als Falko darauf, die Sache hinter sich zu bringen. »Natürlich! Wir haben einen weiten Weg vor uns und müssen dabei den Feind umgehen, um von hinten an die Pulverwagen zu kommen. Das ist Falkos Plan, und ich finde ihn gut.«
    Damit war der Friede zwischen den jungen Burschen wiederhergestellt. Falko öffnete die Pforte und schlüpfte hinaus. »Die Luft ist rein!«, flüsterte er seinen Kameraden zu. Die beiden folgten ihm und starrten auf die hell lodernden Wachfeuer, welche selbst noch die Mauern der Burg in flackerndes Licht tauchten.
    »Bückt euch, sonst entdecken sie uns!«, befahl Falko kaum hörbar und ging selbst in die Knie. So vorsichtig, als lägen nicht weit über hundert Schritte zwischen ihnen und ihren Feinden, kroch er in den Graben, der die Mauer umgab.
    Zum Glück hatte sich kein Wasser darin gesammelt, und er bot ihnen auch noch Deckung, als sie an eine Stelle kamen, die von den feindlichen Feuern hell ausgeleuchtet war. Sie befanden sich nun in der Nähe des Burgtors und konnten das feindliche Geschütz deutlich sehen. Es war auf die hölzernen Torflügel gerichtet und würde, wenn ihr Vorhaben nicht gelang, bereits am nächsten Tag schwere Steinkugeln abfeuern.
    Unter der festen Holzbrücke, die vor dem Tor den Graben überbrückte, blieben sie stehen und prägten sich die Gegebenheiten genau ein. Danach huschten sie lautlos wie Wiesel weiter und verschwanden in der

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