Die Tochter der Wanderhure
und fragte sich, ob Michel seinem erklärten Liebling dennoch die Heirat mit dem jungen Ritter erlauben würde. Von ihrer Mutter konnte Trudi kaum Hilfe und Verständnis erwarten, denn für Marie zählte Georg von Gressingen zu jenen Edelleuten, die sie zutiefst verachtete.
»Es wundert mich, dass Gottfried Schenk zu Limpurg so scharf gegen Gressingen vorgegangen ist, während er Ludolf von Fuchsheim und Abt Pankratius seine Forderungen überbringen ließ, ohne seine militärische Macht auszuspielen«, sagte sie nachdenklich.
Michel umkrampfte seinen Becher, als wolle er ihn mit den Händen zerbrechen. »Gressingen ist kein Reichsritter, also kann er sich nicht auf den Schutz des Kaisers berufen. Aber der Bischof scheint es sich nicht ganz mit Gressingens Sippe verderben zu wollen, denn er hat dessen Onkel Albach mit den Vogteirechten von Schwappach betraut.«
»Das passt nicht zusammen«, warf Marie ein.
»In meinen Augen schon. Zum einen beweist der Bischof, wie ernst es ihm mit dem Einfordern angeblicher Würzburger Rechte ist. Auf der anderen Seite aber zeigt er, dass er die Leute belohnt, die offen zu ihm stehen. Das hat Maximilian von Albach bewiesen, als er sich auf Fuchsheim für den Fürstbischof ausgesprochen und sich von uns anderen im Streit getrennt hat.«
Marie schnaubte. »Eine seltsame Belohnung für die Sippe des Albachers, einem der Ihren den Besitz abzunehmen! Das scheint mir nicht sehr klug von Herrn Gottfried zu sein.«
»Ich denke, der Schlag gegen Gressingen war eine Warnung an die eigenständigen Reichsritter, sich nicht gegen die Machtgier des Würzburger Bischofs zu stemmen. Möglicherweise gilt sein Vorgehen in erster Linie uns Kibitzsteinern. Immerhin haben du und ich seinem Vorgänger Johann von Brunn mehrfach mit größeren Summen ausgeholfen und dafür den einen oder anderen Hof als Eigenbesitz oder Pfand erhalten. Herr Gottfried will diese Verträge für null und nichtig erklären, weil sein Vorgänger angeblich nicht das Recht besessen habe, den Besitz des Hochstifts zu schmälern.«
Michel klang besorgt, denn es ging nicht um ein paar Pfennige oder Heller, sondern um etliche Gulden. Auch hatten sie vonanderen Nachbarn Land als Pfand erhalten, das nun ebenfalls die Begehrlichkeiten des Fürstbischofs geweckt hatte. Mit einer resignierenden Geste fuhr er fort: »Es ist bedauerlich, dass Herr Gottfried mich als guten Freund seines Vorgängers ansieht und mir daher mit Missachtung begegnet. Wäre es mir möglich, von Mann zu Mann mit ihm zu reden, könnte ich vieles klären.«
Marie verzog den Mund in bitterem Spott. »Ein so hochedler Herr wie Gottfried Schenk zu Limpurg würde nie mit dir von Gleich zu Gleich reden, sondern nur als Reichsfürst zu einem kleinen Ritter, der es gewagt hat, ihn zu verärgern. Mit dem Bischof von Würzburg werden wir keinen Frieden bekommen, es sei denn, wir finden Freunde, die seinen Ehrgeiz in die Schranken weisen können.«
»Aber wer sollte das sein? Der Graf zu Castell wird es ebenso wenig wagen, gegen Würzburg aufzumucken, wie der Herr von Hohenlohe. Beide Familien haben sich in früheren Auseinandersetzungen mit Würzburg zu sehr aufgerieben, um erneut eine Fehde zu riskieren.«
Michels Stimme klang mutlos, und Marie sah ihm an, dass er bereits überlegte, mit welchen Zugeständnissen er den Bischof besänftigen konnte. Sie wollte jedoch nicht so viele gute Gulden ausgegeben haben, um nun mit leeren Händen dazustehen.
»Wenn es nicht anders geht, wenden wir uns an Bamberg.«
»Um uns dem dortigen Fürstbischof zu unterwerfen?« Michel lachte bitter auf. Dann aber schien er nachzudenken, denn er lächelte Marie schließlich zu.
»Einen gibt es, der als Verbündeter taugen würde, nämlich Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach. Erst letztens musste der Bischof von Würzburg erneut das Pfandrecht des Markgrafen auf die Stadt Kitzingen anerkennen. Er hat sogar die Pfandsumme erhöhen lassen, um mit diesem Geld andere Rechte des Bistums zurückkaufen zu können.«
»Dann soll er auch unsere Rechte zurückkaufen, anstatt sie ohne Gegenleistung einzufordern!« Marie wirkte so kämpferisch, dass ihr Mann lachen musste.
Hiltrud hatte das Gespräch des Paares stumm verfolgt. Sie war nur eine einfache Bäuerin, die wusste, wie man guten Ziegenkäse machte, mit Politik hatte sie sich nie befasst. In diesem Augenblick war sie froh darum, denn es war offensichtlich, dass so etwas nur unnütze Sorgen mit sich brachte. Ihre Gedanken schweiften
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