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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gewesen, doch so hätte es nicht enden müssen. Mit einem bitteren Gefühl erinnerte er sich auch daran, dass er auf Pratzendorfers Einflüsterungen hin Gressingen davon abgehalten hatte, sich um Michel Adlers Tochter zu bewerben, und das nur, weil der Prälat den angeblich so einflusslosen Michel Adler als erstes Opfer erkoren hatte, um die Macht des Hochstifts zu vergrößern.
    Angesichts der erschrockenen Mienen um ihn herum begannnun auch Albach um seine Sicherheit zu fürchten. Sollte Pratzendorfer wieder an Macht und Einfluss gewinnen, würde der Mann ihn als Feind ansehen und ihm schaden. Hilfesuchend blickte er Graf Otto an. »Pratzendorfer hat uns alle mit Lügen und leeren Versprechungen dazu gebracht, Kibitzstein gegen alles Recht anzugreifen, und nun stehen wir schlechter da als zuvor. Daher haben wir das Recht, diesen Verräter zu richten.«
    Abt Pankratius schlug das Kreuz. »Pratzendorfer ist ein Mann der Kirche. Aber Gott wird uns verzeihen, denn er hat einen Edelmann zum Königsmord angestiftet.«
    Der Prälat starrte zuerst Graf Otto und dann den Schöbacher Abt an. »Seid ihr denn alle wahnsinnig geworden?«
    »Unsere Gedanken sind klarer als jemals zuvor. Deinetwegen habe ich mich mit diesem elenden Markus von Mertelsbach zusammengetan und meine Tochter verstoßen! Der Teufel soll dich holen, Pfaffe, und das so schnell wie möglich!« Außer sich vor Wut, wollte Ludolf von Fuchsheim nach seinem Dolch greifen, doch Graf Otto hinderte ihn daran.
    »Wie der ehrwürdige Abt von Schöbach bereits sagte, ist Pratzendorfer ein Mann der Kirche. Deshalb sollte man keine Wunde an ihm finden!«
    »Aber wie …«, stotterte der Fuchsheimer.
    Otto von Henneberg wies auf den Main, der ein Stück weit unter ihnen floss. »Lasst uns einen Spaziergang machen. Magnus, Fuchsheim, Dieboldsheim, ihr haltet den Prälaten fest, damit er nicht fliehen kann, und Ihr, Abt Pankratius, stopft ihm etwas ins Maul, sonst ruft sein Geschrei noch Aufmerksamkeit hervor.«
    Cyprian Pratzendorfer hatte sich bis zu diesem Augenblick nicht vorstellen können, dass es wirklich jemand wagen würde, Hand an ihn zu legen. Nun begriff er, dass es um sein Leben ging, und er versuchte sich zu wehren. Aber gegen die vielen Fäuste, die ihn packten, hatte er keine Chance, und als er um Hilfe rufen wollte, stopfte ihm Abt Pankratius mangels eines geeigneten Tuchesseine Kappe zwischen die Zähne. Eingekeilt in einer Gruppe zu allem entschlossener Männer, starrte der Prälat mit Grauen auf den Fluss, in dessen Richtung er geschleppt wurde, und flehte stumm den Himmel an, ihn aus dieser Not zu erretten.
    Am Ufer fällte Otto von Henneberg mit seinem Schwert einen dünnen Stamm, entfernte die Äste und hielt zuletzt eine mehr als doppelt mannslange Stange in der Hand, die vorne in einer Gabel auslief. Auf seinen Wink hin stießen die anderen Pratzendorfer in den Fluss. Sofort versuchte der Prälat, schwimmend außer Reichweite zu kommen. Doch Magnus von Henneberg riss seinem Bruder die Stange aus den Händen, drückte Pratzendorfer damit unter Wasser und ließ nicht eher los, bis der Körper des verzweifelt um sich schlagenden Mannes erschlaffte. Als er ihn wegstoßen wollte, holte Otto den Toten ans Ufer zurück, zog ihm die Mütze des Abtes aus dem Mund und reichte sie dem Schöbacher. Dann schob er den Leichnam in tieferes Wasser und sah ebenso wie die Umstehenden zu, wie Pratzendorfer mit dem Gesicht nach unten von den Wellen davongetragen wurde.
    »Gott sei den armen Seelen gnädig, die er ins Verderben geführt hat. Ihn selbst aber soll der Teufel holen!« Mit diesen Worten warf Otto die Stange in den Fluss und wandte sich zum Gehen. Nun konnte er seinem Freund Peter von Eichenloh wieder offen in die Augen sehen.

17.
    C yprian Pratzendorfers Leichnam wurde am nächsten Morgen ein Stück mainabwärts ans Ufer gespült. Diese Nachricht brachte ihm ein Vogt aus Volkach nach Kibitzstein. Der Tod des Prälaten erregte zwar Aufsehen, weckte aber nur wenig Mitleid. Da Pratzendorfer vielen Menschen Schaden zugefügt hatte, fragte niemand genauer nach, wie der Mann ertrunken war. Selbst derBischof beschränkte seine Anteilnahme auf ein kurzes Gebet und befahl, den Toten in eines der umliegenden Würzburger Dörfer zu schaffen und dort zu begraben. Von denen, die seinen Tod verursacht hatten, folgte niemand seinem Sarg. Die meisten von ihnen dachten über die Buße nach, die sie für die Mitschuld an diesem Mord auf sich nehmen wollten. Am

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