Die Tochter der Wanderhure
noch einen Becher. Dann geht’s in die Sättel. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
Trudi, die seine Worte deutlich vernommen hatte, sah dem Söldner ins Gesicht, machte das Grunzen eines Schweins nach und lachte schallend auf.
Michel sah sie verwundert an. »Was sollte das denn?«
»Es war nur ein Abschiedsgruß für den edlen Ritter da drüben. Für den wäre ein Schwein das richtige Wappentier.«
Eichenloh stand zähneknirschend auf und verbeugte sich übertrieben schwungvoll vor Michel. »Edler Herr, ich bewunderte den Liebreiz Eurer Tochter und vor allem die süße Rede aus ihrem Mund. Sie scheint mir auch sehr viel von Schweinen zu wissen. Gewiss habt Ihr sie in den ersten Jahren in einem Koben aufgezogen.«
Michels Hand fiel hart auf die Tischplatte. »Von einem wie dir lasse ich meine Tochter nicht beleidigen!«
»Von Euch, wenn’s beliebt. Im Gegensatz zu anderen vermag ich auf sechs Generationen adliger Vorfahren zurückzublicken!« Eichenloh sah, wie Michels Gesicht sich verfärbte, und begriff, dass es höchste Zeit war, den Rückzug anzutreten.
»Kommt mit!«, ranzte er seine Männer an und stiefelte auf den Ausgang zu. Unterwegs warf er der Schankmaid eine Münze zu. »Der Rest ist Trinkgeld!«
Die Magd mochte noch sehr jung sein, aber sie kannte sich aus. »He! Das ist zu wenig«, rief sie, trat Eichenloh fordernd und sichtlich mutiger als vorher in den Weg und hielt ihm die Münze vor die Augen.
Quirin wollte das Mädchen einfach beiseitedrängen, doch sein Anführer begriff, dass er sich geirrt hatte, und wühlte in seinem Geldbeutel, bis er das passende Geldstück gefunden hatte.
»Auf Nimmerwiedersehen, Ritter mit den sechs Ahnen, aber zu wenig Geld«, rief Trudi ihm kichernd nach.
Eichenloh blieb fluchend stehen. »Beim Blute Christi, ich könnte diesem Balg den Hals umdrehen!«
Bevor er seine Drohung in die Tat umsetzen konnte, schob Quirin ihn kurzerhand ins Freie. »Das würde schlecht ausgehen, denn der Vater des Weibsstücks sieht ganz so aus, als würde er sich mit nichts weniger als deinem Leben zufriedengeben.«
»Und daran bist du schuld, weil du den Streit mit diesem Mädchen vom Zaun gebrochen hast.« Peter schenkte seinem Stellvertreter einen wütenden Blick und schalt sich gleichzeitig einen Narren, weil er dem kindischen Spiel nicht früh genug ein Ende bereitet hatte.
Quirin blickte schuldbewusst drein. »Ich habe mich nur geärgert, weil man dieses aufgeblasene Ding vor uns bedient hat. Wäre mir klar gewesen, wie es endet, hätte ich mich beherrscht.«
»Auf jeden Fall hast du uns damit eine Feindschaft eingebracht, die wohl lange schwelen wird, und wir müssen in Zukunft einen weiten Bogen um die Ländereien des Kibitzsteiners machen. Wenn der uns abfangen kann, wird er uns für diese Stunde zahlen lassen.«
»Das fürchte ich auch.« Quirin kratzte sich am Hals. »Verdammt! Aber wer konnte wissen, dass dieses keifende Fräulein seine Tochter ist! Der Kibitzsteiner ist eine harte Nuss und wird sich die sechs Generationen adliger Vorfahren, die du ihm unter die Nase gerieben hast, gewiss gut merken. Das ist Pech, denn als der Abgesandte des Schöbacher Abtes in den höchsten Tönen von diesem Mann sprach, hatte ich schon gehofft, wir könnten uns Michel Adler zum Freund machen. Schließlich soll er der engste Verbündete dieses Klosters sein.«
»Wenn Abt Pankratius erfährt, dass wir uns mit dem Kibitzsteiner angelegt haben, wird er uns wohl nicht mehr länger beherbergen. Dabei hatte ich gehofft, wir könnten einige Wochen mit der gesamten Mannschaft bei den Mönchen zu Gast bleiben und uns durchfüttern lassen.« Eichenloh spie aus und ballte die Faust.
»Vielleicht sollten wir uns in Zukunft nicht mehr als Söldner verdingen, sondern dem Pfeffersackgesindel auflauern und sie neben ihren Waren auch um ihr Leben erleichtern!«, entfuhr es ihm.
Quirin blickte seinen Anführer zweifelnd an. »Ohne einen festen Stützpunkt oder ein gutes Versteck würden wir bald baumeln.Die Pfeffersäcke sind sehr empfindlich, was ihre Waren betrifft, und sie werben oft genug Söldner an, um die Burgen von Raubrittern stürmen zu lassen.«
»Seit wann fürchtest du dich vor dem Tod?«, fragte sein Anführer spöttisch.
Während dieses Gesprächs auf dem Weg zum Stall des Gasthofs hatten sie nicht darauf geachtet, dass einige Knechte in der Nähe waren. Diese trugen den Wortwechsel aufgeregt weiter. Eichenloh und seine Männer hatten die Tore Dettelbachs noch nicht
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