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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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passiert, da machte bereits die Nachricht die Runde, der Söldnerführer wolle sich in Zukunft als Räuber betätigen. Da sein Auftreten und der abgerissene Zustand seiner Leute diese Worte glaubhaft unterstrichen, gelangte das Gerücht mit den ersten Reisenden, die Dettelbach verließen, auf vielerlei Wegen ins Land.
    Als Graf Magnus von Henneberg davon hörte, schlug er das Kreuz und dankte dem Herrgott im Himmel, dass er seinen Bruder noch rechtzeitig aus Eichenlohs Trupp herausgeholt hatte. In Würzburg krausten die Berater des Fürstbischofs die Stirn, denn wenn Eichenloh zum Räuber wurde, plante er gewiss, sich wegen des alten Streits mit Gottfried Schenk zu Limpurg an diesem zu rächen und dessen Städten Schaden zuzufügen. Auch ein alter Mann, der eine gewisse Hoffnung gehegt hatte, sein Neffe könne zur Vernunft kommen, hörte davon und beschloss, nun doch das Wagnis einzugehen und sich ein junges Weib zu suchen, um einen würdigen Erben zu bekommen.

6.
    W ährend Peter von Eichenloh mit seinen Männern die Stadt Dettelbach hinter sich ließ, setzten Michel und Trudi ihr Mittagsmahl fort. Michel war immer noch wegen der letzten Bemerkungdes Söldners verletzt, während Trudi kein gutes Haar an dem Mann ließ.
    Anni machte sich Sorgen, weil das Mädchen sich wirklich nicht so verhalten hatte, wie es einer wohlerzogenen Jungfer anstand, und versuchte, sie zu bremsen. Wenn Trudi Pech hatte, würden ihre beleidigenden Worte die Runde machen und ihr einen schlechten Ruf verschaffen, der auch einen Habenichts wie Gressingen davor zurückscheuen ließe, um sie zu werben. In ihren Augen war es das Beste, das Mädchen so rasch wie möglich zu verheiraten. Wenn erst einmal der Gürtelriemen eines Ehemanns auf ihre Hinterbacken klatschte, würde Trudi rasch lernen, wie sie sich zu benehmen hatte.
    Anni stellte sich ein paar Atemzüge lang diese Szene vor und begriff, dass dies wohl kaum die richtige Lösung war. Sie kannte Trudis Starrkopf und wusste, dass diese sich so eine Behandlung nicht gefallen lassen würde. Das Mädchen wäre durchaus in der Lage, ihrem Gatten den nächstbesten Gegenstand an den Kopf zu werfen oder sogar mit einer Waffe in der Hand auf ihn loszugehen.
    Daher suchte Anni Hilfe bei Michel und bat ihn, auf Trudi einzuwirken. Dieser schüttelte nur den Kopf und murmelte etwas, das wie »elender Lümmel« klang. Doch als seine Tochter nicht aufhörte, ihre Zunge an dem abgerissenen Zustand des Söldnerführers zu wetzen, klopfte er schließlich mit dem Knöchel auf den Tisch.
    »Ich glaube, Trudi, es reicht. Dem Kerl müssen bei dem, was du da von dir gibst, beide Ohren gellen.«
    »Abfallen sollen sie ihm, oder besser noch abfaulen!«, stieß Trudi wütend aus.
    Michel ärgerte sich zwar ebenfalls über Eichenloh, aber ihm war klar, dass sie den Mann mit ihren spitzen Bemerkungen gereizt hatte. »Wenn du jetzt nicht den Mund hältst, bekommst du eine Maulschelle, die sich gewaschen hat. Deine Mutter und ich habendir gewiss Höflichkeit und Sittsamkeit beigebracht und nicht, dich aufzuführen wie die Wirtin einer Straßenschenke.«
    Trudis Kopf ruckte hoch. »Von irgendjemandem muss ich das ja geerbt haben!«
    Dann aber begriff sie, was sie gesagt hatte, und sie schlang ihre Finger um seine Hand. »Verzeih mir, Papa, das wollte ich nicht. Ich …« Tränen hinderten sie daran, den Satz zu vollenden.
    Michel zog sie an sich und strich ihr über das Haar. »Es ist schon gut, Kleines. Aber du musst wirklich lernen, deine Zunge im Zaum zu halten. Die Leute werden sonst mit Fingern auf deine Mutter und mich zeigen und unserer Abstammung die Schuld geben, dass wir eine so unerzogene Tochter haben.«
    »Das habt ihr nicht!«, antwortete Trudi schniefend. »Ich will ja auch nicht garstig sein, aber einer dieser Kerle hat mir zuerst das Essen weggenommen, und dann haben sie sich aufgeführt, als wollten sie mir den Appetit verderben.«
    Sie berichtete ihrem Vater, wie der ganze Streit begonnen hatte, und obwohl Michel durchaus merkte, dass sie nicht so lauter gewesen war, wie sie es darstellte, maß er den Fremden den größten Teil der Schuld zu. Die kleine Verstimmung, die zwischen ihm und seiner Tochter entstanden war, verflüchtigte sich, und als sie den Gasthof zum Bach verließen, konnten sie schon wieder lachen.
    Während des Heimritts kam Trudi auf den Grund der Reise zu sprechen. »Konntest du Ritter Hans für deinen Plan gewinnen?« Michel wiegte unschlüssig den Kopf. »Ich hoffe es. Aber er

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