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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Mannes lief dunkelrot an. »Das lassen wir uns nicht gefallen. Entweder wir kriegen den Fraß sofort, oder …« Ehe Trudi sich’s versah, langte er an ihr vorbei, nahm das Brett mit dem Braten und stellte es vor seinen Anführer.
    Die beiden Kibitzsteiner Waffenknechte, die Trudi und Anni begleiteten, fühlten sich angesichts der Übermacht am anderen Tisch sichtlich unwohl, wollten aber der Tochter ihres Herrn beistehen.
    »Stell das Essen wieder dorthin, wo es hingehört!«, befahl der Ältere der beiden, ein Mann mit schwellenden Muskeln undeinem Gesicht voll tiefer Falten. Seine Hand ruhte herausfordernd auf dem Knauf seines Schwerts.
    Der Flachsblonde zog sofort blank. Da fiel die Hand des Anführers auf seinen Arm. »Lass es gut sein, Quirin. Soll es heißen, wir hätten zu sechst zwei wackere Knechte niedergeschlagen, und das nur wegen eines Bratenstücks?« Er verbeugte sich spöttisch vor Trudi und stellte ihr das volle Brett wieder hin.
    Sie neigte mit einer knappen Bewegung das Haupt und griff mit gutem Appetit zu, so als hätte es keinen Zwischenfall gegeben. Dabei schenkte sie den Söldnern keine weitere Beachtung.
    Peter von Eichenloh gefiel ihre Unerschrockenheit, und er überlegte, ob er ein Gespräch in Gang bringen sollte, um ihre Bekanntschaft zu machen. Immerhin war sie ein ausnehmend hübsches Mädchen mit einer stolzen Haltung und langem, bis fast zur Taille fallendem, bernsteinfarbenem Haar. Dann aber zuckte er kaum merklich mit den Achseln. Von Adelsdämchen, insbesondere in dem Alter dieser Blonden, hatte er die Nase voll. So eine tat zuerst so hochnäsig, als sei der Mann Staub zu ihren Füßen, und dann wollte sie unbedingt geheiratet werden.
    »Nein, danke! Ein Weib am Hals ist das Letzte, was ich in den nächsten Jahren brauchen kann«, murmelte er vor sich hin, während er sich wieder zu seinen Leuten setzte. Aus den Augenwinkeln sah er, dass die Begleiter des Fräuleins ebenfalls wieder Platz nahmen, und musterte unwillkürlich ihre Wappen. Ihm war kein Adelsgeschlecht in dieser Gegend bekannt, das einen auf einem Stein stehenden Vogel im Schild trug. Das Viehzeug stellte keinen Adler und auch keinen Falken dar, sondern ähnelte einem Stieglitz oder Kiebitz. Da zählte er eins und eins zusammen.
    Unter Kaiser Sigismund hatte ein Ritter die reichsfreie Herrschaft Kibitzstein als Lehen erhalten. Als Junge hatte er darüber gespottet, dass dort ein Adler zum Kiebitz geworden sei, auch wenn die Burg ursprünglich nicht nach diesem Vogel benannt worden war. Eichenloh hätte aber nicht dagegen gewettet, dassirgendein Schreiber bei der Ausstellung einer Urkunde nur vergessen hatte, den Buchstaben E einzusetzen. Das erinnerte ihn an seinen Onkel, der ihn als Eichenloch beschimpft hatte, als er seinen Sippennamen abgelegt und sich nach einem Waldstück in seiner Heimat benannt hatte.
    Seine bitteren Gedanken mussten sich auf seinem Gesicht abzeichnen, denn Quirin, der eben noch ausgesehen hatte, als platze er vor Wut, schenkte ihm aus dem Krug ein, den die Magd gebracht hatte, und sah ihn auffordernd an. »Schwemm das, woran auch immer du denkst, mit einem guten Schluck Wein hinweg!«
    »Du hast recht, Quirin!« Eichenloh verbannte die Verwandten aus seinen Gedanken, trank den Becher in einem Zug leer und schnalzte mit der Zunge. »Der Wein ist wirklich gut. Wollt Ihr ihn nicht ebenfalls kosten, Jungfer?« Er streckte Trudi die Kanne hin, doch sie sah durch ihn hindurch, als wäre er Luft.
    »Nun, dann eben nicht.« Verärgert, weil er sich so viel aus der ablehnenden Haltung des Mädchens machte, drehte er ihr den Rücken zu und schenkte jedem seiner Männer den Becher so voll, dass der Wein beinahe auf den Tisch schwappte.
    »Auf uns, Kameraden, und auf unseren weiteren Erfolg!«
    »Der wäre Euch wohl zu wünschen, denn dann könntet Ihr Euch endlich ein Wams ohne Löcher leisten!« Trudi wusste nicht, was sie zu diesem spöttischen Ausruf trieb, doch sie wollte diesem ungehobelten Kerl zeigen, dass eine Adler auf Kibitzstein sich von seinesgleichen nicht einschüchtern ließ.
    Eichenlohs Gefährten lachten, obwohl sie selbst noch abgerissener wirkten als ihr Anführer. Er aber wollte mit gleicher Münze herausgeben, doch bevor ihm eine treffende Bemerkung einfiel, stellte die Wirtsmagd ein großes Brett mit Braten und Brot auf seinem Tisch ab.
    »Lasst es Euch schmecken«, sagte sie mit zittriger Stimme.
    Die Kleine hatte sichtlich Angst, die Männer zu reizen, dennSoldknechte pflegten die

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