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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Schankstube zu zertrümmern, wenn ihnen etwas nicht passte. Gleichzeitig ärgerte das Mädchen sich, weil der Anführer der Schar sich an Jungfer Trudi auf Kibitzstein rieb, deren Familie öfter hier zu Gast war und nicht mit Trinkgeld geizte. Wenn der Ritter selbst mit seinen Leuten erschien und den Beleidiger seiner Tochter bestrafte, konnte darüber das halbe Wirtshaus in Trümmer gehen.
    Eichenlohs Leute interessierten sich nicht für den Eindruck, den sie auf die Magd und die übrigen Gäste im Gasthof zum Bach machten, sondern griffen wacker zu. Quirin, den die Vorzugsbehandlung, die Trudi erhalten hatte, noch immer ärgerte, sah während des Essens ständig zu deren Tisch hinüber. Ihre beiden Bewaffneten machten ihm wenig Angst. Mit denen würde er auch allein fertig werden. Daher hob er seinen Becher und streckte ihn mit spöttischer Miene Trudi entgegen.
    »Kommt, trinkt auf Eichenloh und seine wackeren Männer. Das seid Ihr uns schuldig.«
    »Einem Ritter mit zerrissenem Wams und einigen armseligen Ge stalten im Gefolge bin ich gewiss nichts schuldig!«, fuhr Trudi auf.
    »Von einer wie Euch lassen wir uns nicht armselige Gestalten nennen«, biss Quirin zurück. Auch die anderen Söldner waren nun zornig. Sie beließen es aber bei losen Reden, zu deren Opfer Trudi wurde.
    Eichenloh hätte seine Leute mit ein paar Worten bremsen können, aber er lehnte sich gemütlich gegen die Wand, biss abwechselnd ein Stück Brot und ein Stück Braten ab und lachte über die teilweise recht derben Scherze seiner Männer.
    Die Kibitzsteiner Knechte rutschten unruhig auf ihrer Bank herum, scheuten sich aber trotz der beleidigenden Worte, als Erste handgreiflich zu werden. Trudi biss die Zähne zusammen, um nicht Dinge zu sagen, die sich nicht einmal für eine verheiratete Frau gehörten, geschweige denn für eine brave Jungfer, und zwangsich weiterzuessen. Da sie ihre Wut jedoch nicht mehr zu bezähmen vermochte, begann sie, Eichenlohs legeres Verhalten spöttisch nachzuahmen.
    Anni wies sie zurecht. »Könnt Ihr Euch nicht benehmen, Jungfer?«
    »Oh, doch! Ich passe mich heute nur den Schweinen an, die um uns herum grunzen!«
    Das war ein Wort zu viel. Quirin sprang auf wie ein gereizter Stier, um die Beleidigung mit ein paar derben Ohrfeigen zu quittieren, doch sein Anführer drückte ihn auf die Bank zurück. »Lass es! Wäre sie deine Tochter, dürftest du sie übers Knie legen und ihr den Hintern versohlen. Aber es ist nicht deine Aufgabe, einer ungezogenen Fremden besseres Benehmen beizubringen.«
    »Er sollte lieber bei dir und deinesgleichen anfangen«, höhnte Trudi und schmatzte so, wie sie es einem von Eichenlohs Begleitern gerade abschaute.
    Anni waren die Fremden ebenfalls zuwider, doch die Scham über Trudis Verhalten überwog. Eine wohlerzogene Jungfer sollte Leuten dieser Art mit Missachtung begegnen und sich nicht so aufführen wie ein angetrunkenes Marktweib.
    »Sei froh, dass deine Mutter dich nicht sieht«, flüsterte sie Trudi zu. Ihre Hoffnung, das Mädchen würde sich daraufhin zusammennehmen, erfüllte sich nicht.
    Marie war fern, und Trudi genoss es, ihre Zunge an diesem abgerissenen Kerl und seinen Mannen zu wetzen. Sie nahm an, dass der Anführer einer jener herabgekommenen Rittersöhne war, die von ihrem Vater nur ein Pferd, ein Schwert und mit Glück noch eine Rüstung geerbt hatten. Nicht wenige dieser besitzlosen Edelinge warben ein paar Strauchdiebe an, um sich bei Burgherren, die mit ihren Nachbarn in Fehde lagen, für ein paar Münzen als Söldner zu verdingen. So, wie der Mann aussah, hatte er wohl nicht viel Erfolg gehabt, und sie war neugierig, ob der Kerl genug Geld besaß, um seine Zeche bezahlen zu können.

5.
    N ach seiner Unterredung mit Hans von Dettelbach hatte Michel ebenfalls auf dem Markt eingekauft und suchte nun den Gasthof zum Bach auf. Die vier Bewaffneten, die ihn zur Burg begleitet hatten, hielten sich dicht hinter ihm und ließen ihre Blicke schweifen, um ihre Wachsamkeit zu unterstreichen. Die Einkäufe ihres Herrn trugen zwei einheimische Knechte, die davon lebten, die Bündel und Körbe der Marktbesucher zu schleppen. Im Vorraum des Gasthofs luden sie ihre Last ab und verbeugten sich erwartungsvoll lächelnd vor Michel. Sie kannten den Herrn auf Kibitzstein und wussten, dass er nicht knauserig war. Michel drückte ihnen die erhofften Münzen in die Hand und lud sie überdies zu einem Becher Wein und einem Stück Braten ein.
    Der Söldnerhauptmann bemerkte sofort,

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