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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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verstummte aber, als er Eichenlohs Blick auf sich gerichtet sah.
    »Verdammter Totschläger!«, schimpfte ein anderer so leise, dass es nur sein Nachbar hören konnte.
    Junker Peter kümmerte sich nicht um das Gemurmel, das ihn begleitete, sondern lief die Freitreppe hoch und fing den ersten Knecht ein, der ihm entgegenkam.
    »Wo befindet sich die ehrwürdige Mutter Klara von Hilgertshausen?«
    Der Mann starrte den Söldnerführer an, als frage er sich, was ein so abgerissener Edelmann von einer Äbtissin wollte. »Die haust mit ihren Nonnen dort hinten in der letzten Kammer. Es ist eine der wenigen, die einen Riegel besitzen. Darauf haben die Weibsen bestanden.«
    Seinem Tonfall nach gehörten die frommen Damen des Stiftes Frauenlob nicht gerade zu seinen erklärten Lieblingen. Eichenloh ging ohne Dank an dem Knecht vorbei und fand kurz darauf die beschriebene Tür. Sie war aus schweren Eichenbohlen gefertigt, und es hätte schon eines Rammbocks bedurft, um sie aufzusprengen. Die ängstliche Haltung der Stiftsdamen amüsierte ihn, und so klopfte er betont hart und fordernd. Sofort klang erschrockenes Stimmengewirr auf, und dann öffnete jemand vorsichtig die Tür.
    Eichenloh blickte auf eine zwergenhaft kleine, unförmige Nonne mittleren Alters hinab, die ihn mit kurzsichtigen Augen anblinzelte. Wahrscheinlich gehörte sie zu jenen armseligen Geschöpfen aus wohlhabenden Familien, die wegen ihrer körperlichen Beeinträchtigungen ins Kloster gegeben wurden. Ob die Damen solche Angst vor den meist männlichen Gästen hatten, dass sie sicherheitshalber einen Krüppel vorschickten? Er unterdrückte ein spöttisches Grinsen und deutete eine Verbeugung an.
    Die Stiftsdame hatte den Besucher als Ritter in verbesserungswürdigen Verhältnissen eingestuft, der wohl gekommen war, um bei einer Verwandten im Stift zu schnorren. Da die neue Oberin den Damen Geldzuwendungen an Sippenangehörige strikt untersagt hatte, wollte sie ihm die Tür vor der Nase zuschlagen.
    Eichenloh trat rasch über die Schwelle, fasste die Zwergin unter den Armen und stellte sie ungeachtet ihrer Proteste wie einen Sack Getreide beiseite. Dann warf er einen Blick in die Runde.
    Die Äbtissin war mit einem Gefolge von sechs Stiftsdamen erschienen, deren Betten aus nachlässig gestopften Strohsäcken bestanden. Als einziger Mann befand sich Otto von Henneberg im Raum. Dieser drehte, als Eichenloh auf ihn zutrat, den Kopf weg und zog sich aus dem schwachen Lichtkreis zurück, der von der Flamme einer einzelnen Unschlittlampe genährt wurde.
    »Gott zum Gruß, ehrwürdige Schwestern«, sagte Eichenloh und neigte dabei das Haupt vor einer stämmigen Frau mit einem nicht unsympathisch wirkenden, breitflächigen Gesicht, die er mehr an ihrer souveränen Haltung und den forschenden Blicken als an ihrer Tracht als Oberin des Frauenstifts ausgemacht hatte.
    »Der Segen des Herrn sei mit dir, mein Sohn. Wer bist du, und was wünschst du von uns?« Der erste Satz klang noch freundlich, doch dann wurde ihre Stimme abweisend.
    »Mein Name ist Peter von Eichenloh, und ich bin gekommen, um meinen Freund Otto von Henneberg zu begrüßen.«
    »Ihr seid der Frauenschänder und Totschläger Eichenloh?« Klara von Monheim ließ keinen Zweifel daran, dass sie Männer mit dem Ruf des Besuchers verachtete, und ihre Damen wichen vor dem Eindringling zurück, als wäre er ein hungriger Wolf auf der Suche nach Beute.
    Eichenloh wusste nicht, wie er auf die verächtlichen Worte der Äbtissin reagieren sollte. Einen Mann hätte er entweder verprügelt oder vor seine Lanze gefordert, und für ein normales Weib wären Ohrfeigen die richtige Antwort gewesen. Doch Klara von Monheim stand nicht nur als weibliches Wesen vor ihm, sondern auch als die verehrungswürdige Repräsentantin eines großen Damenstifts.
    Er zwang sich, höflich zu antworten. »Ich glaube, Ihr verwechselt mich, ehrwürdige Mutter. Ich habe noch nie ein Weib gegen seinenWillen genommen noch je einen Mann getötet außer im ehrlichen Kampf!«
    Klara von Monheim musterte ihn und fand ihn trotz seiner allzu freien Manieren nicht so übel, wie sie es erwartet hatte. »Wenn dies so ist, ist Euer Leumund schlechter, als Ihr es verdient.«
    »Daran sind nur Neider schuld und die, die Peters Schwert zu fürchten haben«, warf Otto von Henneberg ein. Es waren die ersten Worte, die er in Gegenwart seines Freundes äußerte. Dabei klang er so bitter, wie Eichenloh es noch nie bei ihm erlebt hatte.
    »Hast du Lust, mit mir zu

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