Die Tochter der Wanderhure
gegenüber dem Würzburger Bischof zu stärken hoffte. Dabei achtete er auf das Kommen und Gehen im Rittersaal, damit ihm Gressingens Auftauchen nicht entging. Als er Maximilian von Albach begegnete,sprach er ihn an und erfuhr, dass Junker Georg erwartet wurde, aber noch nicht eingetroffen sei.
»Mein Neffe wird wohl unterwegs übernachten und morgen kurz vor der Messe eintreffen. Ihm ergeht es besser als uns, denn er muss nicht in diesem Gemäuer nächtigen. Habt Ihr schon den Schlafsaal gesehen, Kibitzstein? Wir werden uns gegenseitig auf die Leiber treten, wenn wir des Nachts zum Abtritt gehen. Da ist es sogar ganz gut, dass Herr Ludolf nicht imstande ist, allen Gästen genug Wein zu bieten.« Der Vorwurf war ungerecht, denn der Albacher hielt bei seinen Worten einen vollen Humpen in der Hand.
Michel nickte seinem Gegenüber nachsichtig zu. Er hätte Albach gerne als Verbündeten gesehen, doch Gressingens Onkel stand voll und ganz zum Fürstbischof. Da er aber hoffte, den Mann als Vermittler zwischen den beiden Seiten zu gewinnen, hob er seinen Becher und stieß mit ihm an.
Ludolf von Fuchsheim hatte mehrere große Fässer für die Hochzeit seiner Tochter bereitstellen lassen, doch es war schon abzusehen, dass dieser Vorrat noch am gleichen Abend aufgebraucht sein würde. Deswegen gab Bonas Vater seinen Leuten den Befehl, die Keller seiner Bauern zu plündern, und als er zusah, wie die Fässchen gebracht wurden, verfluchte er insgeheim seine Gäste, die wie Heuschrecken in die Burg eingefallen waren. Aber es kam noch schlimmer, denn in dem Augenblick, in dem sein Verwalter behauptete, in der Burg fände keine Maus mehr Platz, sah Ritter Ludolf eine weitere Heimsuchung auf sich zukommen.
Diese bestand aus einem Reiterzug, der mehr als einhundert Männer zählte und den ein Herr in einem kurzen, blauen Umhang und einem farbenprächtigen Wams anführte. Ein breitrandiger Hut saß auf seinem Kopf, und das schmale Gesicht zierte ein prachtvoller Schnurrbart, während Kinn und Wangen glattrasiert waren. Über der Schar flatterte ein Banner mit dem roten Adler von Brandenburg und kündete an, dass der Herr vonAnsbach, Markgraf Albrecht Achilles aus dem Hause Hohenzollern, im Begriff war, die Hochzeit auf Fuchsheim zu beehren. Bonas Vater wusste nicht, ob er sich über diese Auszeichnung freuen oder mit der Tatsache hadern sollte, dass die Verköstigung eines so hohen Herrn samt seiner Begleitung ihn an den Bettelstab bringen würde. Mit gemischten Gefühlen eilte er dem Markgrafen bis vor das Burgtor entgegen und ergriff den Zaum des Pferdes wie ein gewöhnlicher Knecht, um Herrn Albrecht Achilles mit der ihm gebührenden Ehrfurcht in die Burg zu geleiten.
Der Brandenburger ließ seinen Blick über die Zelte auf dem Anger schweifen und musterte die Leute, die auf die Ankündigung seiner Ankunft hin im Burghof zusammenströmten und ihn mit einer Mischung aus Unglauben und Verwirrung anstarrten.
Obwohl Albrecht Achilles noch ein junger Mann in der Blüte seines Lebens war, ließ er es zu, dass der Fuchsheimer ihm untertänig half, vom Pferd zu steigen, und als Pratzendorfer auf ihn zutrat, erschien ein herausforderndes Lächeln auf seinen Lippen.
»Gottes Segen sei mit dir, mein Sohn!«, begrüßte der Prälat den Markgrafen in einem Ton, als wolle er von Anfang an klarstellen, dass er sich nicht von der Machtfülle und der herausragenden Stellung des Ansbachers im Reich beeindrucken ließ.
»Auch Euch Gottes Segen, frommer Herr!« Albrecht Achilles lachte und ließ dabei sein kräftiges Gebiss sehen.
Auf den Prälaten wirkte seine Geste wie ein warnendes Zähneblecken. Der Ansbacher war erschienen, um den Herren, die in Opposition zu dem Würzburger Fürstbischof standen, zu zeigen, dass er ihr Freund war. Aber da seine Absichten sich kaum von denen unterschieden, die Gottfried Schenk zu Limpurg hegte, erregte sein Kommen auch bei dieser Gruppe keine reine Freude.
Michel wusste ebenfalls nicht so recht, wie er sich zu dem jüngsten Sohn des verstorbenen Burggrafen von Nürnberg stellen sollte.Als freier Reichsritter wollte er weder dessen Untertan noch der des Würzburgers sein. Er beobachtete, wie Albrecht Achilles einige Worte mit dem Prälaten wechselte und danach die anwesenden Herrschaften des Würzburger Hochstifts begrüßte. Diesen war anzusehen, dass sie den neuen Gast dorthin wünschten, wo der Pfeffer wächst, war ihnen doch klar, dass der Hohenzoller nicht gekommen war, um die Tochter eines
Weitere Kostenlose Bücher