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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dieselbe Ehre zu, aber Ritter Ludolf sah so aus, als würde er lieber den sauersten Essig trinken, als zusehen zu müssen, wie schnell sein bester Wein durch die Kehlen rann. Noch mehr bekümmerten ihn jedoch die scheelen Blicke der Würzburger Parteigänger, die offensichtlich annahmen, er habe den Ansbacher eingeladen, um sie in die Schranken zu weisen.
    Ludolf von Fuchsheim hatte die Hochzeit im Rahmen seiner Verhältnisse durchaus prachtvoll feiern wollen, doch mittlerweile wuchsen ihm die Umstände über den Kopf. Um all diese Herrschaften verköstigen zu können, würde er sich bis über beideOhren verschulden und noch mehr Land verpfänden müssen, und dabei hatte sein zukünftiger Schwiegersohn ihm bereits erklärt, er würde auf keinen Gulden der vereinbarten Mitgift für Bona verzichten.
    Mehr neidisch als dankbar blickte der Fuchsheimer zu Michel hinüber, der in den knapp anderthalb Jahrzehnten, die er auf Kibitzstein saß, immer reicher geworden war. Sein Nachbar hatte bereits Befehl gegeben, Lebensmittel und Wein aus seinen Dörfern nach Fuchsheim zu bringen. Dafür hatte Ritter Ludolf ihm sein größtes Dorf verpfändet, und da er bis über beide Ohren in Schulden steckte, würde er diesen Teil seines Besitzes wohl niemals mehr einlösen können.
    Da er den guten Wein nun doch nicht allein seinen Gästen überlassen wollte, hielt er wacker mit und geriet in einen Zustand, der zwischen schierer Verzweiflung und völliger Gleichgültigkeit schwankte. Schließlich wandte er sich mit schwerer Zunge an Michel.
    »Gegen Euch geht es mir ja noch gut, denn Ihr habt gleich drei Töchter zu versorgen, und das von drei verschiedenen Frauen.« Er kicherte dabei wie ein Mädchen und zwinkerte dem Ansbacher anzüglich zu.
    Albrecht Achilles lachte schallend, hatte er doch von der Aufregung um Frau Maries spurloses Verschwinden ebenso gehört wie von den Bemühungen Kaiser Sigismunds, ihren Mann, der als Witwer gegolten hatte, wieder zu verheiraten. Schließlich hatte der Kaiser Michel mit einer Wittelsbacherin vermählt, und diese Ehe war nach Maries Rückkehr aus den Weiten Russlands stillschweigend annulliert worden. Aus der kurzen Verbindung stammte Michel Adlers jüngste Tochter Hildegard. Lisa, die mittlere Tochter, war ein Pflegekind und weder mit Adler noch mit dessen Frau verwandt.
    »Wie geht es übrigens Eurer Gemahlin?«, fragte der Markgraf Michel.
    »Es geht ihr gut. Sie sitzt mit den anderen Damen bei Tisch.« Michel wies in einen Teil des Saales, in dem sich die hochrangigeren weiblichen Gäste um die Schwester des Fuchsheimers versammelt hatten. Selbst auf die Entfernung war zu sehen, dass nicht diese, sondern Marie den Part der Gastgeberin übernommen hatte. Herrn Ludolfs Verwandte hatte sich ebenfalls in den Wein geflüchtet und war kaum mehr ansprechbar.
    »Ist das neben ihr Eure Älteste?« Der Ansbacher wies auf Trudi, die still neben ihrer Mutter saß und ihren Gedanken nachhing.
    »Ja, das ist Trudi.« Im ersten Augenblick gefiel Michel das Interesse, das Albrecht Achilles an seiner Tochter zeigte, gar nicht. Für ein Mädchen aus niederem Adel galt es jedoch als Ehre, einem Mann wie dem Markgrafen eine gewisse Zeit zu gefallen, und daher ahnte er, was nun kommen würde. Der hohe Herr forderte auch prompt einen seiner Begleiter auf, Marie und Trudi an seinen Tisch zu holen und sich selbst und seinem Nachbarn einen anderen Platz zu suchen.
    Die Begleiter des Hohenzollern waren solch spontane Entscheidungen ihres Herrn gewohnt. Daher sprang der noch recht junge Ritter auf und trat mit gezierten Schritten auf Marie zu. Er verneigte sich tief und bat sie, an die Tafel seines Herrn zu kommen.
    Als Marie Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach das letzte Mal gesehen hatte, war dieser noch ein halbwüchsiger Knabe gewesen. Ein wenig von dieser knabenhaften Frische haftete ihm immer noch an, doch seine Haltung zeigte, dass er sich seiner Stellung als einer der mächtigsten Fürsten im Reich jetzt bewusst war.
    Trotz seines Rangs verneigte der Ansbacher sich höflich, um den Anwesenden zu zeigen, dass er auch dem Weib eines einfachen Reichsritters nicht die ihrem Geschlecht und ihrem Stand gebührende Achtung versagte, und strich dann Trudi über die Wangen. »Ein hübsches Kind! Sie gleicht Euch sehr, Frau Marie.«
    Es war als Kompliment für Marie gedacht, denn in den Augen des Markgrafen unterschieden Mutter und Tochter sich doch ein wenig. War Frau Marie ihm früher wie das Ebenbild der

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