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Die Tochter des Fotografen

Die Tochter des Fotografen

Titel: Die Tochter des Fotografen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Edwards
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wollte gerade losfahren, um dich zu holen.«
    »Wir haben den Bus genommen«, sagte Robert.
    »Ja«, lächelte Caroline, doch ihre Stimme klang bitter vor Sorge. »Ja, natürlich. Ihr habt den Bus genommen. O Phoebe, ich habe dir doch gesagt, daß du das nicht tun sollst. Es ist nicht sicher.«
    »Mit Robert bin ich sicher«, sagte Phoebe, und ihre Unterlippe trat ein wenig hervor – wie immer, wenn sie böse wurde. »Ich und Robert werden heiraten.«
    »Beim Himmel noch mal«, sagte Caroline, mit ihrer Geduld fast am Ende. »Wie wollt ihr heiraten? Ihr kennt ja nicht mal die erste Grundregel der Ehe – keiner von euch beiden.«
    »Die kennen wir«, sagte Robert. »Wir wissen Bescheid über die Ehe.«
    Caroline seufzte. »Hör zu, Robert, du mußt jetzt nach Hause gehen«, sagte sie. »Du hast es mit dem Bus hierher geschafft, dann wirst du auch zurückfinden. Ich kann dich jetzt nicht noch durch die Gegend fahren. Das ist zuviel für mich. Du mußt jetzt nach Hause.«
    Zu ihrem Erstaunen lächelte Robert. Er sah zu Phoebe, dann ging er in den unbeleuchteten Abschnitt der Veranda und beugte sich zur Schaukel herab. Er kam mit einem Strauß roter und weißer Rosen zurück, die in der zunehmenden Dämmerung fast zu leuchten schienen. Er reichte sie Caroline, und die weichen Blütenblätter streiften ihre Haut.
    »Robert?« sagte sie überrascht, und ein schwacher Duft stieg in die kalte Luft. »Was ist das?«
    »Sie sind aus dem Supermarkt. Waren runtergesetzt.«
    Caroline schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
    »Heute ist Samstag«, half ihr Phoebe auf die Sprünge.
    Samstag. Der Tag, an dem Al von seinen Touren zurückkam, stets mit einem Geschenk für Phoebe und einem Blumenstrauß für sie. Caroline stellte sich die beiden vor, Robert |465| und Phoebe, wie sie den Bus zum Supermarkt nahmen, wo Robert im Lager arbeitete, wie sie nach dem Preis für die Blumen schauten und das Geld genau abzählten. Sie wollte noch immer schreien, Robert in den Bus hinein und aus ihrem Leben hinaus verfrachten, noch immer wollte sie rufen: »Das ist zuviel für mich. Es interessiert mich nicht.«
    Drinnen klingelte permanent die kleine Glocke, die sie Al gegeben hatte. Caroline seufzte und trat einen Schritt zurück. »Gut«, sagte sie. »Kommt rein, ihr beiden. Kommt rein, bevor ihr draußen noch festfriert.«
    Sie eilte die Treppe hinauf und versuchte die Fassung zu bewahren. Wieviel konnte man einer Frau zumuten? »Du solltest geduldiger sein, Al«, sagte sie, als sie in den Raum trat, in dem Al mit einem Buch auf dem Schoß saß, das Bein auf eine Ottomane gestützt.
» Patient.
Was meinst du, welche ursprüngliche Bedeutung dieses Wort hat, Al? Ich weiß, daß es einen zur Verzweiflung bringt, aber so ein Heilungsprozeß, das geht nicht von heute auf morgen, verdammt noch mal.«
    »Du hast dir doch gewünscht, daß ich öfter zu Hause bin«, gab Al zurück. »Nimm dich vor deinen Wünschen in acht.«
    Caroline schüttelte den Kopf und setzte sich auf die Bettkante. »Das war es nicht, was ich mir gewünscht habe.«
    Ein paar Sekunden schaute er aus dem Fenster. »Du hast recht«, sagte er schließlich. »Es tut mir leid.«
    »Wie geht es dir?« fragte sie. »Hast du Schmerzen?«
    »Könnte schlimmer sein.«
    Hinter der Fensterscheibe rüttelte der Wind vor dem violett gefärbten Himmel an den letzten Blättern des Ahornbaums. An seinem Fuß lagen jede Menge Tulpenzwiebeln, die darauf warteten, eingepflanzt zu werden. In der vergangenen Woche hatten sie und Phoebe Chrysanthemen gesetzt, ein Zusammenspiel aus leuchtendem Orange, Creme und Dunkelviolett. Sie war in die Hocke gegangen und hatte sie bewundert, sich den Dreck von den Händen abgestreift und |466| an die Zeit gedacht, als sie genauso mit ihrer Mutter im Garten gearbeitet hatte, verbunden durch dieselbe Beschäftigung, nicht aber durch Worte. Sie hatten selten über Persönliches gesprochen. So wenig, daß Caroline nun wünschte, sie hätte das Schweigen gebrochen.
    »Ich werde es an den Nagel hängen«, platzte es aus ihm heraus, ohne daß er sie ansah. »Lkw fahren, meine ich.«
    »Na gut«, sagte sie langsam und versuchte sich vorzustellen, was dies für ihr Leben bedeuten könnte. Sie war froh – denn sie hatte gerade für immer den Gedanken an den Moment verbannt, in dem er wieder fortfahren würde –, doch sie war auch ein wenig ängstlich. Seitdem sie verheiratet waren, hatten sie nicht ein einziges Mal mehr als eine Woche am Stück miteinander

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