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Die Tochter des Fotografen

Die Tochter des Fotografen

Titel: Die Tochter des Fotografen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Edwards
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zusammenheftete oder mit Max herumalberte, ihrer Arbeitskollegin, einer jungen Frau, die ihre Haare streng zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden trug, jeden Freitag mit Phoebe zu Mittag aß und keine Scheu hatte, sie zur Rechenschaft zu ziehen, wenn Phoebe einmal etwas durcheinanderbrachte. Phoebe arbeitete hier nun seit drei Jahren. Sie liebte ihren Job, und sie machte ihn gut. Während Caroline ihrer Tochter zusah, dachte sie an die zähen Stunden des Organisierens, an all die Präsentationen, den Papierkram und die Kämpfe, die sie ausgefochten hatte, um Phoebe dies zu ermöglichen. Und doch blieb noch so vieles zu tun. Der Vorfall im Bus war nur eine von vielen Sachen. Phoebe verdiente nicht genug, um sich selbst zu versorgen, und man konnte sie nicht allein lassen, nicht einmal für ein Wochenende. – Sobald ein Feuer ausbrach oder der Strom ausfiel, würde sie Angst bekommen und nicht mehr weiterwissen.
    Und dann war da Robert. Als sie am Freitagabend nach Hause fuhren, erzählte Phoebe von der Arbeit, von Max und von Robert, Robert und nochmals Robert. Er wollte den Tag darauf kommen, um mit Phoebe einen Kuchen zu backen. Caroline hörte ihr zu, war froh, daß schon fast Samstag war und Al dann zurück sein würde. Eine gute Seite hatte die Sache mit dem Fremden im Bus: Sie hatte eine Entschuldigung, |460| Phoebe abzuholen, und so war die Zeit, die sie mit Robert verbrachte, begrenzt.
    Als sie zur Haustür hereinkamen, klingelte das Telefon. Caroline seufzte – es war sicher ein Vertreter, ein Nachbar, der für die Herzhilfe sammelte, oder man hatte sich verwählt. Rain miaute zur Begrüßung und strich um ihre Beine herum. »Verschwinde«, sagte sie und hob den Hörer ab.
    Es war die Polizei. Der Beamte am anderen Ende der Leitung räusperte sich und fragte nach ihr. Caroline war zunächst erstaunt, dann erfreut – vielleicht hatten sie den Mann aus dem Bus doch noch gefunden.
    »Ja«, sagte sie und sah Phoebe dabei zu, wie sie Rain auf den Arm nahm und herzte. »Ich bin am Apparat.«
    Er räusperte sich erneut und begann zu sprechen.
    Später würde sich Caroline an diesen Moment erinnern, als habe er ewig gewährt. Als habe die Zeit sich ausgedehnt, bis sie den ganzen Raum ausfüllte und sie in ihren Stuhl drückte, obwohl die Nachricht recht einfach war und sie auszusprechen sicher nicht viel Zeit in Anspruch genommen hatte. Sein Truck war aus der Kurve geflogen, durch die Leitplanke gebrochen und einen kleinen Abhang hinuntergeflogen. Al lag mit einem gebrochenen Bein im Krankenhaus; es war dasselbe Krankenhaus, in dem Caroline ihm vor all den Jahren ihr Jawort gegeben hatte.
    Phoebe summte ein Lied für Rain, doch sie schien zu spüren, daß etwas nicht stimmte, und sah in dem Moment, in dem Caroline auflegte, fragend auf. Caroline erklärte ihr während der Fahrt, was passiert war. Auf dem gefliesten Krankenhausflur überschwemmten sie die Erinnerungen an diesen lange zurückliegenden Tag: Phoebes geschwollene Lippen, ihr schweres Atmen, Al, der hereintrat, als sie sich gerade über die Krankenhausschwester ärgerte. Heute war Phoebe eine erwachsene Frau und ging in ihrer Arbeitsweste neben ihr her; heute waren sie und Al achtzehn Jahre verheiratet.
    |461| Achtzehn Jahre.
    Er war wach – sein grau durchwirktes Haar hob sich vom weißen Kopfkissen ab. Er versuchte sich aufzurichten, als sie hereinkamen, verzog dann jedoch schmerzhaft sein Gesicht und legte sich langsam wieder hin.
    »O Al.« Sie ging zu ihm und nahm seine Hand.
    »Alles in Ordnung mit mir«, sagte er, schloß für einen kurzen Augenblick seine Augen und holte tief Luft. Sie spürte, wie es sehr still in ihr wurde, da sie Al nie zuvor so gesehen hatte – er war so mitgenommen, daß er leicht zitterte und ein Muskel nah bei seinem Ohr zuckte.
    »Hey, du machst mir langsam ganz schön angst«, sagte sie und versuchte einen heiteren Ton anzustimmen.
    Daraufhin öffnete er seine Augen wieder, sie sahen sich für einen kurzen Moment an, und alles, was zwischen ihnen stand, löste sich auf. Er streckte einen Arm aus und berührte mit seiner großen Hand sacht ihre Wange. Sie ergriff sie und spürte Tränen in den Augen.
    »Was ist passiert?« flüsterte sie.
    Er seufzte. »Ich weiß es nicht. Es war ein so sonniger Nachmittag. Hell und klar. Ich summte vor mich hin und sang die Lieder aus dem Radio mit. Ich dachte daran, wie toll es wäre, wenn du da wärest, dachte an das, worüber wir gesprochen hatten. Das letzte, was ich wahrnahm,

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