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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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gespreizten Beinen, und der junge Mann, der neben der Pritsche hockte, umklammerte die Hand der Frau und weinte.
    »Du musst pressen«, drängte Sofia. »Um deines Kindes willen, streng dich an!«
    Ich hörte sie, aber es war nicht zu erkennen, ob die junge Frau das auch tat. Das viele Blut, das hervorquoll und schon einen kleinen See gebildet hatte, ließ vermuten, dass sie schon viel zu schwach war.
    Ich stolperte rückwärts zur Tür und stieß unsanft mit Vittoro zusammen, der das Paket mit den Arzneien abstellte und mich auffing.
    »Donna Francesca, ist alles in Ordnung?«
    Um Himmels willen! Ich – die Giftkundige keines Geringeren als des Kardinals Rodrigo Borgia, eines der meistgefürchteten Männer der Christenheit! – hatte erst vor drei Tagen einen Mann getötet, um in diese Position zu gelangen. Ich hatte einen Überfall überlebt und Rache für den Tod meines Vaters geschworen. Ich hatte nie Schwäche gezeigt.
    In diesem Moment jedoch war ich zutiefst aufgewühlt. Da ich ohne Mutter, Tanten, Schwestern und Cousinen
groß geworden war, hatte ich nie wie andere Mädchen die Wirklichkeit einer Geburt erlebt. Für mich war das Leiden, das meine Mutter getötet hatte, entsetzlich.
    Ich gab keine Antwort, rappelte mich aber auf und fühlte wieder festen Boden unter den Füßen. Der junge Mann saß nach vorn gebeugt da und schluchzte, und Sofia sagte etwas, das ich nicht verstand. Vielleicht war es auch ein Fluch. Als er nicht reagierte, griff sie hinter sich und packte ein Messer, das sie wahrscheinlich dort versteckt hatte, und …
    Die junge Frau schrie gellend auf, und der Schrei wollte nicht enden, hallte von den Wänden wider, bis die Luft um uns vibrierte. Es war ein so angsterfüllter Schrei, dass selbst der Teufel in der Hölle ihn gehört haben musste. Er raubte der Frau den Atem, dass sie mit weit aufgerissenen, blinden Augen in den Armen des jungen Mannes zusammensank.
    Gleich darauf war ein weiterer Schrei zu hören, sehr viel schwächer als der erste, das Wimmern des neuen Lebens, das aus dem Tod entstanden war. Ich sah das Neugeborene, beschmiert mit dem Blut seiner Mutter, das blutbefleckte Messer, das Sofia aus der Hand geglitten war, sah ihr Gesicht … und dann nur noch den Fußboden.
    Welch eine Schande! Noch lange danach versuchte ich mir einzureden, dass ich nicht ohnmächtig geworden war. Ich hatte mich nur zu plötzlich hingesetzt und übersehen, dass dort gar kein Stuhl stand. Vittoro erwähnte die Sache zum Glück nie wieder, und ich konnte mich in meine Lüge flüchten, obwohl ich die Wahrheit nur zu gut kannte.
    Als ich zu mir kam, hatte man der jungen Frau bereits die Augen geschlossen und ihren Körper mit einem Tuch verhüllt. Der verzweifelte Ehemann wurde fortgeführt, und
die erschöpfte Sofia gab das kleine Etwas in einer schmutzigen Decke an eine blasse Frau weiter, die ihm ihre runzelige Brust anbot.
    Fragt mich nicht, ob das Kind überlebt hat. Ich kann die Frage nicht beantworten, doch um bei der Wahrheit zu bleiben, waren seine Aussichten eher gering.
    Eine halbe Stunde später saß ich im Hinterzimmer Sofia Montefiore am Tisch gegenüber und machte ihr klar, dass sie, wenn sie meine Hilfe nicht annahm, den Zorn des Kardinals herausforderte. Die Entscheidung lag allein bei ihr. Anfangs war ich nicht sicher, ob sie mich richtig verstanden hatte, so sehr war sie in sich gekehrt, weit weg von der Welt, wohin wir flüchten, wenn uns das Leben über den Kopf wächst. Nach dem Tod meines Vaters hatte ich lange an diesem Punkt verharrt und hätte mich nach dem Überfall gern wieder dorthin geflüchtet. Unter anderen Umständen hätte ich Sofia vielleicht einen Augenblick der Ruhe gegönnt, doch im Moment konnte ich mir solche Großzügigkeit nicht leisten.
    »Ihr müsst Euch entscheiden«, drängte ich. »Ich kann Euch mit Arzneien und Essen helfen, aber dafür müsst Ihr mir alles anvertrauen, was mein Vater Euch gesagt oder gegeben hat.«
    Als Sofia den Kopf hob, lagen ihre Augen tief in den Höhlen, und ihre Lippen waren aschfahl. Sie sprach so leise, dass ich mich zu ihr beugen musste, um sie zu verstehen.
    »Ich habe Euch doch gesagt, dass er nichts hinterlassen hat.«
    Das zumindest konnte wahr sein. Mein Vater war immer ein sehr vorsichtiger Mann. Außerdem war meine Eitelkeit
viel zu groß, als dass ich glauben wollte, dass er jemand anderem mehr vertraut hatte als mir.
    Gleichzeitig war ich sicher, dass sie mir nicht alles gesagt hatte.
    Ich deutete auf das Paket mit

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