Die Tochter des Goldsuchers
Reaktion hatte er nicht abgedrückt. »Jetzt tu genau, was ich dir sage, dann darfst du noch ein Weilchen am Leben bleiben.«
»Interessante Lektüre.« Sheriff Barker fächelte mit seinem Hut die heiße, stickige Luft, während er auf Matts Tagebuch herabblickte. »Matt hatte eine hübsche Art, Wörter zu Papier zu bringen.«
»Hübsch oder nicht, an Klarheit lässt er jedenfalls nichts zu wünschen übrig.« Jake, der am Fenster stand, trat unruhig von einem Bein aufs andere. Er ärgerte sich, dass er in einer Sache das Gesetz zu Hilfe rief, die er selbst hätte erledigen können und auch sollen. Das ist Sarahs Werk, dachte er, und dabei hatte er nicht einmal bemerkt, wie sie ihn so weit hatte treiben können.
»Daraus geht eindeutig hervor, dass Matt glaubte, Gold gefunden zu haben.«
»Er hatte Gold gefunden. Lucius hat sich zu der Stelle durchgebuddelt, wo Matt zuletzt gearbeitet hatte. Es ist genau so, wie Matt es beschreibt.«
Nachdenklich schloss Barker das Buch und lehnte sich zurück. »Armer alter Matt. Endlich zieht er das große Los, dann bricht der Stollen über ihm zusammen.«
»Er war bereits tot, bevor die Stützbalken nachgaben«, sagte Jake.
»Nun, das denkst du vielleicht, und kann sein, dass ich mir das durch den Kopf gehen lasse, aber dieses Tagebuch hier ist kein Beweis. Nun warte mal …«, setzte Barker schnell hinzu, als Jake sich das Tagebuch vom Schreibtisch schnappte. »Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht zur Carlson-Ranch hinausreite. Aber es wird nicht einfach sein, etwas zu beweisen.« Hutwedelnd lehnte Barker sich wieder zurück. Er wollte die Sache überdenken, und zwar sorgfältig. Die Familie Carlson war sehr einflussreich.
»Ich möchte dich etwas fragen, Jake. Was hat dich veranlasst, mit dem Buch zu mir zu kommen, anstatt selbst zur Carlson-Ranch hinzureiten und den Brüdern ein Loch in den Pelz zu brennen?«
Jakes Blick strich über Barkers Bauch. »Mein tiefer und bleibender Respekt vor dem Gesetz«, behauptete er.
Der Sheriff lachte lauthals. »Ich kannte einmal eine Frau – das war noch vor Mrs Barkers Zeit –, die log, dass sich die Balken bogen. Ich konnte nicht anders, als sie zu bewundern.« Seufzend setzte er seinen Hut auf. »Du hast mir die Sache vorgetragen, also ist es meine Pflicht, etwas zu unternehmen. Ich sage dir, nichts ist so ermüdend wie die Pflicht.« Als er sich mit wenig Begeisterung den Revolvergurt umschnallte, wurde die Tür aufgerissen.
»Sheriff.« Es war Nancy, die zuerst nervös einen Blick über die Schulter zurückwarf und dann hervorsprudelte: »Ich muss mit Ihnen reden.«
»Du musst dich schon etwas gedulden, bis ich wieder zurück bin. Wenn einer der Cowboys drüben im ›Silver Star‹ mal wieder über die Stränge geschlagen hat, dann wollen wir doch keine große Affäre daraus machen.«
»Es wäre aber besser, Sie hören mir zu.« Entschlossen versperrte Nancy den Weg zur Tür. »Ich tue dies alles nur wegen Alice.« Jetzt blickte Nancy zu Jake hinüber. »Carlotta würde mich verprügeln, wenn sie dahinterkäme, aber weil Miss Conway so gut zu Alice gewesen ist, will ich auch ihr helfen.«
»Nun hör schon mit dem Geplapper auf. Wenn du so darauf versessen bist, dann rede endlich.«
»Es geht um Carlotta.« Nancy flüsterte fast, so als hätte sie Angst, dass man sie im ›Silver Star‹ hören könnte. »Seit gestern hat sie nur noch Gemeinheiten im Sinn.«
»Carlotta ist von Geburt an gemein«, knurrte Barker und bedeutete Nancy fortzufahren. »Also los, bring die Sache zu Ende.«
»Gestern Abend hat sie Jim Carlson mit auf ihr Zimmer genommen. Sonst lässt sie ja Männer nicht die ganze Nacht bei sich schlafen, aber am Morgen war er immer noch bei ihr. Mein Zimmer liegt gleich neben ihrem, und ich hörte sie sprechen.«
Jake packte ihren Arm und zog sie von der Tür fort. »Nun sag schon, was hast du gehört?«
»Sie redete davon, dass Jim und Donley Matt Conway umgebracht haben und dass Jim sich jetzt auch um seine Tochter kümmern soll.« Nancy schrie auf, als sich Jakes Fingernägel in ihren Arm bohrten. »Ich habe nichts damit zu tun. Ich sage nur, was ich gehört habe, weil Miss Conway Alice aufgenommen hat, nachdem Carlotta sie fast getötet hatte.«
»Sieht aus, als müsste ich mal ein Wörtchen mit Carlotta reden«, meinte Barker, während er sich den Hut zurechtrückte.
»Nein, das geht nicht!« Angst um sich selbst gab ihr die Kraft, sich von Jake loszureißen. »Sie wird mich umbringen, weiß Gott!
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