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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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machst oder das Volk mit deiner Redekunst beeindruckst – ich wünsche mir vielmehr, dass du besitzt, was wirklich wichtig ist. Was echte, dauernde Freude bringt, nicht das flüchtige Glück, das von äußeren Umständen abhängt und den Menschen so leicht genommen werden kann. Halte an deinem kindlichen Glauben an Gott und die Erlösung, die er uns durch seinen Sohn schenkt, fest, denn ich möchte, dass du eines Tages mit mir zusammen im Himmel bist, Henry. Allerdings erst in vielen, vielen Jahren!
    Und wenn du erwachsen bist, hoffe ich, dass du dir eine Frau mit einem liebevollen, treuen Herzen suchst, kein eitles Weib, das nur äußerlich schön ist. Äußerliche Schönheit vergeht mit der Zeit oder, wie in meinem Fall, durch Krankheit, wie ich jedes Mal feststellen muss, wenn ich in einen Spiegel sehe. Doch dein Vater sagt, für ihn sei ich noch immer schön, und das genügt mir.
    Verleih deinem Leben Wert, Henry David Weston. Denn wenn du alt bist, wirst du nicht zurückblicken und dir wünschen, du hättest mehr Geld oder Macht oder Ruhm gehabt. Du wirst zurückblicken und dir wünschen, ein besserer Vater, Ehemann, Freund und Christ gewesen zu sein. Und du wirst dir einfach noch ein wenig mehr Zeit mit den Menschen wünschen, die du liebst. Das weiß ich ganz genau.
    Henrys Augen brannten. Das Herz tat ihm weh vor Traurigkeit und Freude. Wie sehr vermisste er sie, wie sehr schmerzte es ihn, dass sie in all den Jahren nicht bei ihm gewesen war! Und doch, welch ein Geschenk war dieser Brief für ihn – gerade jetzt.
    »Danke, Vater«, sagte er heiser.
    Sir Giles sah ihn fast ängstlich an. »Du bist mir nicht böse?«
    Henry schüttelte den Kopf. »Ich bin dankbar.«

    Am nächsten Tag stand Henry an einem der Fenster der Eingangshalle und sah zu, wie sein Vater Julian zur Kutsche führte. Sir Giles würde ihn auf ein Schiff bringen, auf dem Julian unter einem ehemaligen Kapitän der Marine dienen sollte, einem alten Freund von Sir Giles, der sich mit dem Prisengeld aus dem Krieg ein eigenes Handelsschiff gekauft hatte. Julian würde mindestens zwei Jahre fort sein.
    Sie alle hofften, dass der Kapitän, der sich zu seiner Zeit den Gehorsam und Respekt von Hunderten von Männern verschafft hatte, wie auch das harte Leben und die strenge Disziplin, die auf einem Schiff herrschten, in Julian Verantwortungsgefühl und Unrechtsbewusstsein zu wecken vermochten.
    Insgeheim dachte Henry, dass nur Gott eine solche Verwandlung in dem jungen Mann bewirken konnte, und überlegte, ob ein gerichtliches Vorgehen und eine gerechte Strafe nicht vielleicht besser für Julian gewesen wären. Doch als sein Bruder war er erleichtert, dass Sir Giles beschlossen hatte, ihm eine zweite Chance zu geben.Ihn zur See zu schicken, bedeutete wenigstens, dass er in England nicht in weitere Schwierigkeiten geraten konnte.
    Lady Weston stand ein paar Meter von Henry entfernt am nächsten Fenster. Er blickte zu ihr hinüber und sah, dass ihr Tränen in den Augen standen, obwohl sie sich, als sie merkte, dass er sie anschaute, abwandte und versuchte, die Tränen fortzublinzeln. Das erinnerte Henry an Emma Smallwood – immer fest entschlossen, stark zu erscheinen und alles unter Kontrolle zu haben.
    Henry sagte freundlich: »Ich weiß, dass das sehr schwer für Sie ist. Es ist für uns alle schwer, aber vor allem für Sie. Ich weiß, wie nah Sie und Julian sich stehen.«
    Er sah, wie sie krampfhaft schluckte und die Lippen zusammenpresste. Ihre Finger kneteten das Taschentuch, das sie in der Hand hielt. Da wurde ihm klar, dass sie darauf wartete, dass er noch etwas hinzufügte. Dass er sagte: » Aber Sie sind selbst schuld daran .« Oder » Aber was haben Sie anderes erwartet ?« Irgendetwas Bissiges, irgendwelche Vorwürfe.
    Es tat ihm unendlich leid.
    Als er nichts mehr sagte, brachte sie ein schwaches Nicken zustande.
    Die Worte aus dem Brief seiner Mutter fielen ihm ein. » Ich denke, dass dein Vater irgendwann wieder heiraten wird … Und wenn er heiratet, so will ich dir sagen, dass es richtig ist, wenn du deine neue Mama liebst. Ich möchte, dass du sie liebst. Du darfst sie nicht aus Loyalität mir gegenüber ablehnen. Wir alle möchten lieben und geliebt werden.«
    Henry schluckte den Kloß des Zögerns – die Furcht vor der Zurückweisung – herunter und sagte leise: »Es tut mir leid … Mama.«
    Die knetenden Hände blieben plötzlich ruhig liegen. Er hielt die Luft an – und sie offenbar ebenfalls. Würde sie ihn höhnisch

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