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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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folgenden Tages ritt ein Mann auf einem Rappen und in einen schwarzen Umhang gehüllt auf das Anwesen des Conte Mattei in Frascati. Eine von Kastanien gesäumte Allee führte von der Straße hinauf zu dem weiß schimmernden Palazzo.
    Noch bevor der Reiter den Palazzo erreicht hatte, hielten zwei mit Musketen und Degen bewaffnete Männer ihn auf. »Halt!«, rief einer. »Wer seid Ihr und was wollt Ihr hier?«
    »Mein Name ist Carbone«, sagte der Besucher. »Ich habe Nachricht für den Conte.«
    »Der Don ist nicht zu sprechen«, sagte der Soldat. »Macht kehrt und zieht Eures Weges.« Er legte eine Hand auf den gemaserten Schaft seiner Pistole.
    Carbone lächelte dünn und nahm seinen Hut ab. »Signori«, sagte er, »ich bitte Euch. Geht zum Conte und stellt ihm nur eine einzige Frage. Wenn er dann noch immer nicht mit mir sprechen will, verlasse ich sogleich seinen Grund und Boden.«
    »Und welche Frage soll das sein?«, fragte der Soldat.
    »Sie ist recht simpel«, antwortete Carbone. »Fragt ihn, ob er weiß, wo die bezaubernde Contessa sich derzeit aufhält. Das ist alles.«
    Die Wachen sahen sich an. Dann sagte einer zum anderen: »Warte hier. Ich gehe zum Don.« Daraufhin lief er hinauf zum Palazzo.
    Carbone musste nicht lang warten. Conte Mattei, ein starker Mann in der Blüte seines Lebens, lief seinem Untergebenen voran auf Carbone zu. Der stieg vom Pferd, zog seinen Hut und machte eine tiefe Verbeugung.
    Obwohl er so schnell gelaufen war, erweckte der Conte nicht den Anschein, als sei er außer Atem. Aus zusammengekniffenen Augen starrte er den unbekannten Besucher an. »Ihr seid der Mann, der sich Carbone nennt?«
    »Das bin ich, erlauchter Don«, sagte Carbone.
    »Was schwatzt ihr da von meiner Gemahlin?«, fragte Mattei. »Erklärt Euch auf der Stelle! Wo ist sie?«
    »In Rom«, sagte Carbone.
    Mattei stampfte voll wütender Ungeduld auf den Boden. »Das weiß ich!«, rief er. »Sagt mir etwas, das ich nicht weiß, oder verschwindet!«
    »In diesem Augenblick teilt sie das Bett mit Kardinal Callisto Carafa«, gab Carbone zurück. Aufmerksam beobachtete er den Conte.
    Mattei riss den Mund auf und taumelte einige Schritte zurück. »Was sagt Ihr da?«, keuchte er. »Woher wollt ihr das wissen?«
    »Ich weiß es«, sagte Carbone. »Das sollte Euch genügen.«
    Mattei zog seinen Degen und richtete ihn blitzschnell auf Carbones Kehle. »Ihr lügt, Signore Carbone!«, sagte Mattei. »Sagt mir auf der Stelle, wo sich meine Gemahlin aufhält, oder meine Klinge durchbohrt Euren Hals wie einen Sack Mehl!«
    Ungerührt stand Carbone da und betrachtete den aufgebrachten Conte. »Das sagte ich Euch bereits, erlauchter Don.«
    Mattei ließ den Degen sinken. »Wer seid Ihr?«, fragte er.
    »Ein Freund der Barone Roms«, erklärte Carbone. »Und ich meine, Kardinal Carafa hat Euch bereits zu viele Schwierigkeiten bereitet.«
    »Wieso sollte ich Euch Glauben schenken?«
    »Überzeugt Euch selbst«, sagte Carbone. »Er und Eure Gemahlin halten sich in der Taverna Antonina an der Piazza di Firenze auf. Eilt Euch, und Ihr werdet sie in flagranti bei ihrer Sünde ertappen.«
    Mattei steckte den Degen zurück in die Scheide. »Fleht um Gottes Gnade, wenn Eure Geschichte nicht wahr ist, Signore Carbone«, sagte er. Dann schaute er zu seinen Soldaten hinüber. »Ruft die Männer zusammen und sattelt die Pferde. Wir brechen unverzüglich nach Rom auf.«
    Gleich darauf herrschte auf dem Anwesen hektische Betriebsamkeit. Zwei Dutzend schwer bewaffnete Reiter brachen aus den Stallungen hervor. Sie sammelten sich um ihren Herrn und um Carbone. Mattei ließ sich eine Pistole geben und steckte sie mit entschlossener Miene in seinen Gürtel. Dann bestieg er sein Pferd. Es folgte ein kurzes Kommando aus seinem Mund, und die Horde stob davon.
    Carbone sah der aufsteigenden Staubwolke nach. Dann klopfte er seinem Pferd auf die Flanke, setzte einen Fuß in das Steigeisen und schwang sich in den Sattel. Gemächlichen Schrittes verließ auch er das Anwesen in Richtung Rom.
    Aus einem Zimmer im oberen Stockwerk der Taverna Antonina drang das aufdringliche Quietschen eines Bettes. Der schwitzende Körper Callisto Carafas bewegte sich rhythmisch wie die Pumpe einer Zisterne. Unter ihm lag Marisa Mattei mit geschlossenen Augen, den Kopf so weit zur Seite geneigt, dass er sich tief in das Betttuch aus weißem Linnen grub. Die Luft in dem Zimmer war heiß und stickig.
    Plötzlich stockte Carafa. Dicke Schweißperlen tropften von seiner Stirn auf

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