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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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dich verzichten können.«
    »Aber ich kann nicht auf Euch verzichten, Mutter«, hauchte Giulia. »Ich liebe Euch so sehr.«
    Rufina küsste Giulia auf den Schleier über ihrem Haar. »Und unserer Liebe können wir allzeit sicher sein, mein liebes Kind«, sagte sie leise. »Doch manchmal muss man Altes aufgeben, um Neues zu gewinnen.« Sie löste sich von Giulia und ging zur Tür. Auf der Schwelle stehend sagte sie: »Der Wagen ist bereit, dich dorthin zu bringen, wo dein Herz auf dich wartet.« Damit verschwand sie.
    Giulia atmete tief ein und aus. Sie schaute aus dem Fenster und hinunter in den Garten, wo Ada, Rossana und Liliana ihr lachend zuwinkten.

E PILOG
    Auf seinem Landsitz in der Campagna nördlich von Rom stand Francesco Geller an diesem Morgen mit seinen Lehnsbauern auf dem staubigen braunen Boden. Die Sonne brannte, und einige Frauen brachten Wasser, Brot und Käse zur Stärkung der Männer. Auf einem Haufen vor ihnen lag allerlei Werkzeug, das sie aus allen Ecken des Guts zusammengetragen hatten.
    »Wo wollt Ihr die Scheune errichten, Don Francesco?«, fragte einer der Bauern, ein grobschlächtiger Kerl mit gutmütigem Gesicht.
    Geller lachte. »Ich bin kein Zimmermann, guter Angelo«, sagte er. »Was meinst du, welcher Platz der geeignete wäre?«
    Angelo ging in weitem Bogen um die Gruppe herum. Dann blieb er stehen und zeigte auf die Stelle zu seinen Füßen. »Hier!«, rief er. »Der Boden ist fest genug, doch nicht so hart, dass die Spaten und Spitzhacken brechen würden.«
    Geller hob einen Arm. »Dann soll die Scheune an diesem Platz errichtet werden, Angelo!« Er stützte sich auf seine Krücke und humpelte zu Angelo. Die Bauern folgten ihm.
    »Ruht Euch aus, Don Francesco«, sagte Angelo. »Ihr müsst müde sein. Lasst uns die Scheune für Euch bauen.«
    »Ihr seid nur auf die Vorräte meines Weinkellers als Belohnung aus«, grinste Geller. Er klopfte Angelo auf die Schulter. »Ich danke dir, Angelo. Ich danke euch allen, dass ihr mir helfen wollt«, rief er den anderen Bauern zu. »Und so wahr ich hier vor euch stehe: Mein Wein soll eure verdorrten Kehlen hinunterfließen an jedem Tag, den ihr hier arbeitet!«
    Jubel brandete auf. Männer und Frauen ließen Geller drei Mal laut hochleben. Dann griffen sie nach dem Werkzeug und schlugen beherzt in den Boden. Die Zimmerleute sägten die Holzlatten auf das richtige Maß zu.
    Zur Mittagszeit legten sie sich in den Schatten von Gellers Gutshof. Sie aßen und tranken reichlich, bevor sie ein kurzes Nickerchen einlegten.
    Nach einer Stunde ging die Arbeit weiter. Gerade hämmerten die Zimmerleute eine der Seitenwände der Scheune zusammen, als einer von ihnen rief: »Don Francesco! Seht!« Er deutete auf einen Hügel.
    Gellers Kopf ruckte herum. Auf dem Hügel war die Gestalt einer Frau zu erkennen. Sie trug ein grünes Kleid, ihre schwarzen Locken wehten im leichten Sommerwind um ihren Kopf. In der einen Hand hielt sie eine große Tasche, in der anderen einen weißen Schirm, mit dem sie sich vor der Sonne schützte. Sein Atem setzte aus. Er würde diese Frau unter einer Million anderer erkennen. Doch vermochte er nicht zu glauben, dass sie wirklich dort stand und mit schnellen Schritten auf ihn zukam. Er winkte mit beiden Händen, wobei ihm seine Krücke entglitt und zu Boden fiel. Er bückte sich, um sie aufzuheben. Und als er sich wieder aufrichtete, sah er in das Gesicht Giulias. Sprachlos, mit offenem Mund, stand er vor ihr.
    Giulia lachte schallend. »Habt Ihr einen Geist gesehen, Francesco?«
    Geller wollte etwas sagen, doch in seiner Aufregung würfelten seine Lippen alle Silben durcheinander, sodass er nur wirres Zeug stammelte.
    Das erheiterte Giulia nur noch mehr. »Wir scheinen nicht mehr dieselbe Sprache zu sprechen, seit Ihr ein Conte seid«, lachte sie.
    Geller berührte vorsichtig Giulias Wange, als würde eine zu heftige Berührung sie verschwinden lassen. »Ihr seid es wirklich«, brachte er schließlich heraus. »Bei Gott!«
    Währenddessen hatten die Bauern und ihre Frauen einen Kreis um Giulia und Geller geschlossen. Sie schienen diesen besonderen Moment zu spüren, denn auf ihren Gesichtern spiegelte sich Gellers Freude wider.
    »Hört mich an!«, rief Geller. »Bitte, begrüßt mit mir die künftige Contessa di Aquilani in eurer Mitte.«
    Nun ließen die Männer und Frauen Giulia drei Mal hochleben, und gleich darauf weitere drei Mal das Brautpaar.
    Giulia sah sich um. »Es scheint einiges zu tun zu geben, erlauchter Don«,

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