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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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einmal, ob er überhaupt sprechen konnte. Den Rest des Tages saß sie da, lehnte an der Wand oder lag auf dem nackten Boden, denn das feuchte Stroh war nicht sehr einladend. Große Angst verspürte sie nicht. Noch nicht. Sie vertraute auf die Fähigkeiten ihrer Freunde und auf die Macht des Heiligen Vaters. Hatte er ihr doch versprochen, er würde ihr stets jeden Wunsch erfüllen. Und, so viel war gewiss, der Heilige Vater würde sie nicht den Machenschaften Carafas ausliefern. Seine Heiligkeit wusste, dass sie nie und nimmer eine Ketzerin war. Er würde nicht zulassen, dass man sie vor ein Gericht stellen und aburteilen würde. Nein, es war nur eine Frage der Zeit, bis die Garde sie auf Geheiß des Papstes aus dem Verlies befreien würde.
    Giulias Geist weilte gerade in der wohltuenden Sphäre zwischen Wachen und Schlaf, als Licht aus dem Gang durch das vergitterte Fenster in der Tür ihre geschlossenen Augen streifte. Sofort war sie hellwach.
    »Schwester Giulia«, erklang Gellers flüsternde Stimme. Gleich darauf blickten seine Augen suchend durch das Gitterfenster.
    »Francesco!«, rief Giulia, sprang auf und lief mit großen Schritten zur Tür. Ihre Finger griffen nach den seinen. Es tat so gut, die Wärme seiner Hände zu spüren. Zuversicht keimte in ihr auf.
    »Monsignore Gazetti ist bei mir«, sagte Geller. Er trat ein Stück zur Seite.
    Gazettis Gesicht erschien. »Schwester Giulia«, sagte er. »Wie geht es Euch?«
    »Ich bin wohlauf, Monsignore«, antwortete Giulia. »Habt Dank, dass Ihr gekommen seid.«
    »Seine Heiligkeit schickt mich«, sagte Gazetti. »Er hat von den ungeheuerlichen Anschuldigungen des Vizekanzlers gehört. Nun soll ich die Wahrheit herausfinden.«
    Giulia atmete tief aus. Der Heilige Vater hatte sie also nicht vergessen.
    »So sagt mir«, bat Gazetti, »ob Ihr eine Ketzerin seid.« Er sah sie forschend an.
    Der Drang, dem Monsignore die Wahrheit zu sagen, überkam Giulia mit aller Macht. Zwar hatte sie gehofft, der Heilige Vater würde sie ohne Federlesen aus dem Kerker holen lassen, doch ein einziges Wort von ihr genügte, um sie zu befreien. Dann aber sah sie in die von trauriger Verzweiflung gezeichneten Augen Gellers und dachte an die Warnung Carafas. Sollte sie Gazetti die Wahrheit offenbaren, würde Carafa den Capitano ermorden lassen – und mit ihm alle anderen, die sie liebte. Sie schluckte schwer und schwieg.
    »Schwester Giulia«, flehte Geller, »sagt dem Monsignore, dass Carafas Anschuldigungen erlogen sind. Sagt, dass Ihr keine Ketzerin seid. Ich bitte Euch!«
    »Das … das kann ich nicht«, stammelte sie.
    »Der Kardinal hat bereits das Inquisitionsverfahren gegen Euch eingeleitet«, erklärte Gazetti. »Allein der Heilige Vater kann Euch noch davor bewahren. Ein Wort von Euch genügt.«
    »Monsignore«, flüsterte Giulia mit gesenktem Blick, »ich habe Euch nichts zu sagen.«
    Plötzlich erklang von einem Ende des Ganges eine dröhnende Stimme. »Was hat das zu bedeuten?«
    Giulia erkannte die Stimme sofort: Es war die Stimme Carafas. Gleich darauf erschien das Gesicht des Kardinals vor der vergitterten Öffnung.
    »Gazetti!«, donnerte Carafa. »Was treibt Ihr hier? Erklärt Euch unverzüglich! Und Ihr, Capitano Geller? Was habt Ihr hier verloren?«
    Gazetti wirkte wenig beeindruckt. »Ich statte der von Euch eingekerkerten Schwester einen Besuch ab.«
    »Ich habe Befehl gegeben, dass niemand sich der Ketzerin nähern darf«, dröhnte Carafa. »Das gilt ebenso für Euch!«
    »Ich unterstehe nicht der Jurisdiktion irgendeines Kardinals«, sagte Gazetti, »sondern allein Seiner Heiligkeit höchstselbst. In Seinem Auftrag bin ich hier.«
    »Soso«, murmelte Carafa. Dann lauter: »Und hat die Angeklagte die Vorwürfe bestritten?«
    »Nein!«, rief Giulia dazwischen. »Kein Wort kam über meine Lippen, Eminenz!«
    Carafa nickte lächelnd. »Das sollte Euch genügen«, sagte er zu Gazetti und Geller. »Alles Weitere wird das Verfahren zeigen, das in wenigen Wochen beginnt. Seine Heiligkeit wird gewiss überrascht sein. Und nun verlasst das Verlies!«
    »Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um Euch zu retten«, raunte Geller Giulia eilig zu. Dann ging er mit Gazetti fort. Giulia war mit Carafa allein.
    »Deine Freunde können dir nicht mehr helfen«, sagte er. »Mach dir keine Hoffnung.«
    Giulia verspürte den Drang, Carafa mitten in sein hässliches Gesicht zu spucken. »Niemals lässt der Heilige Vater zu, dass Ihr mich als Ketzerin verurteilt.«
    Carafa lachte

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