Die Tochter des Kardinals
Marisas schwarzes Haar. »Du liegst da wie ein Sargbrett!«, beschwerte er sich. »Ich weiß, dass dir die Stunden mit mir keine Freude bereiten. Doch kannst du nicht zumindest den Anschein erwecken?«
Marisa öffnete nicht die Augen, als sie antwortete: »Ihr bekommt, was Ihr begehrt: Meinen Körper. Meine Seele gehört mir allein.«
Carafa kniff die Lippen zusammen. »Damit sehe ich unsere Abmachung weiterhin als nicht erfüllt an«, sagte er und rollte sich zur Seite.
Marisa stützte sich auf ihre Unterarme. »Was sagt Ihr da? Ihr gedenkt nicht, Euer Wort zu halten?«
»Du verlangst große Ländereien für deine Dienste«, sagte er. »Ich habe Huren in meinem Bett gehabt, die für einen Golddukaten Besseres geboten haben.«
»Warum seid Ihr nur ein solches Ungeheuer?«, fragte Marisa. Sie ließ den Kopf auf das Kissen sinken, zog die Decke über ihren Körper und starrte auf den Holzbalken an der getäfelten Zimmerdecke.
»Du solltest wissen …«, begann er, doch weiter kam er nicht, denn in diesem Moment ertönten Hufgetrappel und das Wiehern unzähliger Pferde, die aus dem Galopp innerhalb weniger Augenblicke zum Halt gezwungen wurden. Dazu erklangen die Rufe vieler Männer. »Was ist das?«, sagte Carafa mehr zu sich selbst und stand auf. Er schaute aus dem Fenster auf die Straße hinab. »Verdammt!«, stieß er hervor.
»Was seht Ihr?«, fragte Marisa und stand ebenfalls auf. Weil Carafa nicht antwortete, verschaffte sie sich selbst Klarheit. Ein erstickter Schrei drang aus ihrer Kehle, als sie die bewaffneten Männer vor der Taverne sah. »Patrizio!«
Ohne zu zögern, griff Carafa nach seinen Kleidern und zog sich an. »Woher weiß dein Gemahl, dass wir hier sind? Hast du es ihm erzählt?«
Blankes Entsetzen sprach aus ihrem Gesicht. »Mitnichten!«, erwiderte sie.
Carafa schlüpfte in seine schwarzen Lederstiefel mit dem hohen Schaft, legte seinen Gürtel um und steckte die beiden Pistolen hinein. »Du lügst!«, schrie er. »Damit ist unser Handel geplatzt!«
»Nein!«, schrie Marisa. Ihre Gedanken waren bei ihren Kindern, bei Carbone und seiner scheußlichen Erpressung. »Er wird Euch kein Leid zufügen. Ihr seid ein Kardinal. Er hat nicht das Recht, Euch zu töten.«
Carafa stieß ein höhnisches Krächzen aus. »Die Barone Roms haben mehr Macht, als du dir vorstellen kannst. Und ein Kardinal, der die Sünde des Ehebruchs begeht, findet selbst beim Papst kein Gehör.«
Sie ließ sich weinend zu Boden sinken und umfasste seine Beine. »Ich verspreche Euch«, schluchzte sie, »ich werde Euch fortan eine vollkommene Geliebte sein. Die beste, die Ihr je hattet. Nur löst unsere Abmachung nicht auf. Ich flehe Euch an.«
»Fort mit dir, schwaches Weib!«, bellte Carafa und riss sich von ihr los. Er setzte seinen Hut auf.
Der Lärm der Männer des Conte Mattei erfüllte nun die Taverne. Auf der Treppe war ein Poltern zu hören.
»Verflucht!«, ächzte Carafa. Unschlüssig stand er in der Mitte des Zimmers. Schließlich lief er zum Fenster und schaute hinaus. Dann öffnete er es, blickte noch einmal wütend zu der schluchzenden Contessa und stieg hinaus. Ein breiter Holzsims, der um die Taverne herumlief, gab seinen Füßen Halt.
Kaum war Carafa aus Marisas Blickfeld entschwunden, flog die Tür auf und der vor Wut schnaubende Conte stürmte mit seinen Männern herein. »So stimmt es also«, sagte er zu Marisa, die noch immer auf den Dielen saß. »Wo ist der elende Ehebrecher? Ich weiß alles über euer Treiben. Sprich!«
Marisa antwortete nicht. Sie krümmte sich zusammen und wimmerte.
Der Conte sah das offene Fenster, stürzte darauf zu und schaute hinaus. »Da ist er!«, rief er, zog seine Pistole und schoss. »Verdammt!« Er gab einem seiner Männer die Waffe und ließ sie nachladen. »Er ist auf dem Dach. Ihr geht nach unten und versucht, ihn einzukreisen. Schießt ohne Warnung. Ihr vier folgt mir.« Er setzte ein Bein durch das Fenster auf den Sims.
»Nein!«, rief Marisa. »Du weißt nicht, was du tust!«
Mattei beachtete sie nicht. Er hangelte sich hinaus, dicht gefolgt von seinen Männern.
Derweil rannte Carafa in geduckter Haltung über das flache Dach der Taverne, die erbosten Flüche des Conte im Nacken. Suchend schaute Carafa umher. Das am nächsten gelegene Haus, eine Schlachterei, befand sich gut zehn Schritt neben der Taverne und lag etwas tiefer. Gerade wollte er zum Sprung ansetzen, als er das Gesicht des Conte erblickte.
»Bleibt stehen!«, rief Mattei. Er legte die
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