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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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verhindert worden. Wie geht es Seiner Heiligkeit?«
    »Der Heilige Vater ist wohlauf«, antwortete Geller. »Es ist Euch erlaubt, ab morgen wieder Euren Dienst an seiner Seite zu verrichten. Er fragte bereits nach Euch.«
    Giulia lächelte erfreut.
    »Mir scheint, er hat Euch längst ins Herz geschlossen«, sagte Geller. »Was mich kaum verwundert, wenn Ihr mich fragt.«
    Erneut errötete Giulia. »Ihr schmeichelt mir, Francesco«, sagte sie. Doch war sie eine Nonne, eine Braut Christi, und ihr war klar, dass es bei bloßen Worten bleiben musste. »Ist die Gefahr für Seine Heiligkeit nun gebannt?«
    »Keineswegs«, sagte Geller. »Die Gefahren für Seine Heiligkeit und den Heiligen Stuhl sind vielfältig. Er mischt sich gern in die Angelegenheiten Frankreichs und Spaniens ein. Eine Angewohnheit, die als überaus gefährlich bezeichnet werden darf. So versucht er, die Hugenotten in Frankreich zu unterdrücken. Als der wankelmütige König Heinrich vor nicht einmal einem Jahr Kardinal Guise ermorden ließ, war der Heilige Vater nur schwer davon abzubringen, mit Waffengewalt gegen Frankreich vorzugehen. Die katholische Ligue forderte Heinrichs Kopf. Doch der Papst erlegte dem König nur eine Buße auf, die dieser allerdings nicht zu erfüllen vermochte, weil er selbst vor kaum zwei Wochen ermordet wurde.«
    Aufmerksam hörte Giulia zu. Sie verstand nicht viel von diesen Dingen, aber sie wollte mehr erfahren. Auch hing ihr Auftrag, den Papst zu schützen, davon ab, wie viel sie über die politischen Gegebenheiten wusste. »Ihr glaubt, die Attentäter vor vier Tagen waren Hugenotten?«, fragte sie.
    Geller schüttelte den Kopf. »Kaum«, sagte er. »Der Heilige Vater hat eingesehen, dass der Nachfolger, Heinrich IV., die französische Krone fest in Händen hält. Sein Verhältnis zu diesem starken König ist besser, als es zu dessen katholischem Vorgänger je gewesen ist. Zudem gibt es Hinweise, dass Heinrich zum wahren Glauben zurückkehrt. Aber wann das sein wird, weiß niemand. Heinrich von Navarra ist ein außerordentlich stolzer Mann, Schwester.«
    »Also waren die Attentäter von den Spaniern gesandt?«, fragte Giulia. »Schließlich haben sie sich als spanische Botschafter ausgewiesen.«
    »König Philipp ist gewiss nicht erbaut von den regen Verhandlungen, die Seine Heiligkeit mit Heinrich führt«, sagte Geller. »Doch würde er nicht so weit gehen, den Papst ermorden zu lassen.«
    Giulia dachte nach. »Wer käme noch in Frage?«
    »Unzählige andere«, sagte Geller. »Bereits am Tage seiner Wahl ließ der Heilige Vater vier Männer einer Räuberbande hinrichten. Drei Wochen später stellte er den Kopf einer Bande auf der Engelsbrücke zur Schau, der sich selbst als König der Campagna titulierte. Dieser Zurschaustellung folgten weitere, sodass nach wenigen Wochen die Luft in Rom von Leichengeruch verpestet war. Aber das strikte Vorgehen gegen das Bandenunwesen brachte ihm die Liebe der einfachen Menschen ein. Zugleich erließ er Gesetze, die den adeligen und mächtigen Beschützern der Verbrecher schwere Strafen androhten. So mancher Baron Roms hat sein Leben in der Engelsburg gelassen oder sitzt noch immer in seinem kalten Verlies und wartet auf den erlösenden Tod.«
    »Gewiss gibt es auch Feinde innerhalb der Kirche«, vermutete Giulia.
    Geller nickte. »Und das sind vermutlich die gefährlichsten.« Er hielt kurz inne, um dann fortzufahren: »Viele Kardinäle halten Seine Heiligkeit für einen schwachen Mann im Kampf gegen die um sich greifende Reformation. Neben den Hugenotten lässt er auch den Lutheranern im Reich freie Hand. Der Kaiser erhält mehr Unterstützung von den katholischen Königshäusern und den Adeligen als vom Oberhaupt der Kirche. Hinzu kam vor drei Jahren die von den Kardinälen verhasste Bulle Postquam verus , die die Zahl der Kardinäle auf siebzig erhöht. Das erzürnte die bereits ernannten Kardinäle, denn sie mussten sich nun Ämter und Pfründe mit anderen teilen. Doch verfügen die meisten Kardinäle noch immer über ausreichende Mittel. Nur eine kleine Gruppe gibt sich nicht zufrieden. Und Kopf dieser Gruppe ist ein Mann, vor dem ich Euch dringend warnen möchte, Schwester Giulia.«
    Giulia stockte das Blut in den Adern. Sie ahnte, wen Geller meinte, dennoch fragte sie: »Wer ist dieser Mann, Francesco?«
    »Kardinal Callisto Carafa.«
    Giulia fühlte einen plötzlichen Schwindel.
    Geller half ihr auf. »Ist Euch nicht wohl, Schwester?«
    »Es ist gleich vorbei«, beeilte sie

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