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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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durchaus bewusst, Euer Eminenz«, sagte Carbone.
    »Und wenn die Expedition fehlschlägt?«, fragte Pozzi. »Wenn er mir die versprochenen fünf Millionen Scudi nicht zahlen kann?«
    »Don Veneto ist ein reicher Mann, wie Ihr wisst, Eminenz«, antwortete Carbone. »Nur befindet sich sein Besitz auf den Weltmeeren. Sollte er Euch nicht den genannten Gewinn zahlen können, und seid gewiss, dies wird nicht geschehen, würde er einige seiner Schiffe verkaufen und Euch das geliehene Geld zurückerstatten.«
    »Hm«, machte Pozzi. »Bevor ich Euch mein Geld anvertraue, will ich einen schriftlichen Nachweis der Aufrichtigkeit Eures Anliegens sehen.«
    Carbone zog ein versiegeltes Dokument aus einer Rocktasche hervor. Pozzi erkannte das Siegel seines florentinischen Cousins. Er brach das Siegel und las den Inhalt des Schreibens. Sein Misstrauen verflog.
    »Ihr seht, Eminenz«, sagte Carbone, »ich spreche die Wahrheit. Euer Cousin ist willens, Euch reicher zu machen als Seine Heiligkeit den Papst höchstselbst.«
    »Ja«, sagte Pozzi. Er wirkte abwesend. »Wann benötigt Ihr das Geld?«
    »Wenn Ihr gestattet, hole ich es morgen in aller Frühe ab«, sagte Carbone. »Die Angelegenheit duldet keinerlei Aufschub mehr.«
    »Das Geld liegt bereit und wartet auf Euch«, sagte Pozzi.
    Carbone verneigte sich. »Eine gute Nacht, Eminenz«, verabschiedete er sich und ließ Pozzi allein.
    Unten auf der dunklen, menschenleeren Straße hielt Carbone sich rechts und ging die Via Ovidio hinauf. Nach kurzer Zeit bog er in eine kleine Gasse ein und schaute sich um.
    Er hörte, wie jemand mit der Zunge schnalzte. Carbone ging auf die Person, die sich im Dunkeln hielt, zu. »Der Fisch hängt am Haken, Eminenz«, sagte er. »Und es ist ein besonders fetter Fisch, wenn Ihr mir die Bemerkung erlaubt.«
    Sein Gegenüber lachte leise auf und klopfte Carbone auf die Schulter. Dann stieg er auf ein Pferd und stob davon.

13
    Tage vergingen. Tage, in denen Giulia ihre Aufgaben von der missmutigen Mutter Prudenzia zugewiesen bekam, während der Heilige Vater ausschließlich von der Garde betreut wurde. Prudenzia übertrug ihr durchweg unangenehme Arbeiten. Stundenlang auf den Knien herumrutschen, um die endlos scheinenden Gänge zu wienern, in dunklen Löchern Rattenfallen aufstellen und die toten Tiere fortschaffen, Latrinen scheuern und Wespennester zerstören.
    Heute kniete Giulia wieder mal, mit Eimer und Bürste ausgerüstet, auf dem Marmorboden eines Querganges im ersten Stock des Petersdoms. Wie immer bei diesen unerfreulichen Arbeiten hing sie ihren Gedanken nach. Sie dachte an Mutter Rufina, an ihre Mitschwestern, an die Freiheit, die sie in Santa Annunziata genossen hatte, und an die Liebe, die sie dort gespürt hatte. In Rom schien es kälter zu sein als in ihrer Heimat. Gier, Neid und Missgunst hatten die Herzen der Menschen im Vatikan und in der Stadt fest in ihrem Griff. Dies alles und vieles mehr hatte sie Mutter Rufina, wie sie es versprochen hatte, in regelmäßigen Briefen geschildert. Bisher war noch kein Brief von dort zurückgekommen, aber da ein Schriftstück etwa zwei Wochen für die Strecke zwischen Rom und Giulianova brauchte, machte Giulia sich noch keine Gedanken darüber. Plötzlich fühlte sie sich beobachtet. Sie sah auf und bemerkte ein Paar Stiefel neben sich. Sie blickte nach oben, sah einen goldenen Harnisch und schaute schließlich in das lächelnde Gesicht von Capitano Geller. Im selben Augenblick spürte sie das brennende Verlangen, sich zu waschen und saubere Kleider anzuziehen. Gewiss machte sie keinen anständigen Eindruck, wie sie hier auf dem Boden kniete, mit dreckigen Fingernägeln und verschwitztem Gesicht. Das weiße Brusttuch leuchtete nicht mehr, sondern zeigte dunkelbraune Flecke. Glücklicherweise sah man den Schmutz auf dem schwarzen Schleier und dem schwarzen Habit nicht.
    »Verzeiht, wenn ich Euch erschreckt habe, Schwester Giulia«, sagte Geller und verneigte sich.
    »Mitnichten«, sagte Giulia und erhob sich. »Ich war nur in Gedanken versunken, Capitano.«
    »Bitte«, Geller lächelte, »nennt mich Francesco. Es wäre mir eine Ehre, meinen Namen aus Eurem Munde zu vernehmen.«
    Giulia spürte, wie ihre Wangen sich röteten. »Gern, Francesco«, stotterte sie.
    »Ich hoffe«, sagte Geller, »der Vorfall vor wenigen Tagen hat Euch nicht allzu sehr in Angst und Schrecken versetzt.«
    »Nein«, sagte Giulia. »Mit Gottes Hilfe und dem beherzten Eingreifen Eurer tapferen Gardisten ist das Schlimmste

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