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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Rückweg machen.«
    Giannozzo verneigte sich tief. »Habt Dank für Eure Gaben«, sagte er. »Es tut immer gut, Euer Gesicht zu sehen. Auch das Eure, Schwester Giulia.«
    »Lebt wohl, guter Giannozzo«, sagte Giulia. »Wir kommen gewiss wieder.«
    Giannozzo winkte. »Diese Männer bringen Euch zurück. Gott segne Euch.«
    Giulia und Fulvia gingen hinter den beiden Fackelträgern her, die sie zielsicher aus dem dunklen Labyrinth ans Tageslicht zurückführten.
    Giulia sog die frische Luft tief ein. Die Sonne wärmte ihr Gesicht, und das fröhliche Zwitschern der Vögel drang an ihre Ohren. Nun, da sie aus den finsteren Katakomben heraus war, betrübte sie das elende Dasein der armen Seelen dort unten noch mehr. So sehr, dass es ihr Tränen in die Augen trieb. Sie zog ihren Schleier etwas tiefer ins Gesicht und setzte sich wortlos neben Fulvia auf den Karren. Sie war dankbar, dass auch Fulvia schwieg. Sie schaute noch einmal zurück und winkte den beiden Führern ein letztes Mal zu. Dann begann die Fahrt zurück in den Vatikan.

14
    Gleich am nächsten Morgen setzte Giulia ein Schreiben an die Mutter Oberin in Santa Annunziata auf. Die regelmäßigen Briefe waren ihr ein liebgewonnenes Ritual geworden. Sie wählte ihre Worte mit Bedacht und grenzenloser Ehrlichkeit. Angst, ihre Briefe würden von fremden Augen gelesen, hatte sie nicht. Sie überreichte die Schreiben eigenhändig dem Oberpostmeister der vatikanischen Post. Dieser unterstand allein dem Heiligen Vater. Selbst die Kardinäle waren nicht befugt, die seinen Händen übergebenen Briefe ohne ausdrückliche Erlaubnis des Papstes zu öffnen.
    Nach dem Morgengebet gab sie den Brief ab. Anschließend ging sie in das erste Stockwerk zu den Räumlichkeiten des Papstes hinauf, wo ein humpelnder Gazetti und zwei Gardisten sie empfingen.
    »Wie geht es Euch, Monsignore?«, fragte Giulia mit Blick auf das verletzte Bein.
    Gazetti winkte ab. »Nur ein leichter Kratzer«, sagte er. »Habt Ihr die Aufregung der letzten Tage gut überstanden, Schwester?«
    »Mir geht es gut«, sagte Giulia und nahm das silberne Tablett mit Karaffe und Becher auf.
    »Wohlan«, sagte Gazetti. Als sie sich der Tür näherten, öffneten die Gardisten und ließen sie ein.
    Der Heilige Vater war noch nicht da. Giulia stellte das Tablett auf den großen Tisch und goss den Becher voll. Dann nahm sie ihren Platz an der Wand ein und wartete.
    Kurz darauf öffnete sich die Tür und ein polternder Papst trat ein, gefolgt von zwei Gardisten und Capitano Geller.
    »Euer Heiligkeit, ich bestehe darauf«, sagte Geller in diesem Augenblick.
    Der Papst wiegelte ab. »Wir wollen nicht auf Schritt und Tritt unter Bewachung stehen«, zeterte er. »Es genügt, wenn Eure Gardisten vor den Türen wachen.« Geller wollte gerade etwas erwidern, da fügte der Papst hinzu: »Auf der Uns abgewandten Seite der Türen.«
    Geller wirkte verzweifelt. »Wie soll ich für die Sicherheit Eurer Heiligkeit Sorge tragen, wenn Euer Heiligkeit sich dieser entzieht?«
    »Wie viele Anschläge auf Unser Leben gab es in der Vergangenheit?«, fragte der Papst. »Zwanzig? Dreißig? Und wie Ihr mit Euren eigenen Augen sehen könnt, leben Wir noch immer.«
    »Es waren siebenundzwanzig, Euer Heiligkeit«, sagte Geller. »Wir hatten viel Glück.«
    Der Papst lachte dröhnend auf, und sein Bart wogte hin und her. »Hat Jesus je von Glück gesprochen? Nein? Dann tut auch Ihr das nicht. Es geschieht allein Gottes Wille, Capitano. Und Sein Wille ist es, dass Wir leben und Sein Wort in die Welt tragen.«
    »In diesem Fall«, sagte Geller, »können wir die gesamte Garde aus dem Vatikan abziehen, Euer Heiligkeit.«
    Der Papst grunzte. Sein Blick fiel auf Giulia. »Mein Kind«, sagte er leise und beherrscht. »In deiner Brust schlägt das tapfere Herz der Mark Ancona. Würdest du stete Bewachung oder die Freiheit wählen?«
    Giulia spürte das Blut in ihren Schläfen pulsieren. Wer war sie, dass sie dem Heiligen Vater in dieser oder irgendeiner anderen Angelegenheit Ratschläge erteilte? Sie, die unbedeutende junge Nonne aus der Provinz. Die Zeit verstrich, während die Augen aller Anwesenden auf ihr ruhten. So überlegte sie sich jedes ihrer Worte sehr genau. Dann sagte sie: »Es ist wahr, dass Gottes schützende Hand über dem Haupt Eurer Heiligkeit ruht. Es ist wahr, dass Sein Wille geschieht. Doch hütet Euch vor der Arglist des Teufels. Sein Werkzeug sind die Schwachen und die Boshaften. Gewiss wird er nichts unversucht lassen, dem

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