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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Stellvertreter Christi auf Erden zu schaden. So glaubt mir, Euer Heiligkeit, wenn ich Euch versichere, dass Ihr nur durch den Schutz der Garde in Sicherheit leben könnt. Sie sind die Werkzeuge des Herrn. Ihre Schwerter und Musketen können durch Gottes Geschick die Dämonen des Teufels von Euch fernhalten. Lasst sie gewähren. Ich bitte Euch.«
    Stille trat ein. Geller warf ihr einen dankenden Blick zu, während Gazetti beeindruckt zu ihr hinüberstarrte.
    Der Heilige Vater saß ruhig da und schaute aus dem Fenster. Plötzlich begann er, schallend zu lachen. Er lachte und lachte. So sehr, dass ihm Tränen über das faltige Gesicht rannen. Dann brach er abrupt ab und sagte: »Du bist ein kluges Kind. Der scharfe Verstand, der die Menschen deiner Abstammung prägt, ist so klar zu erkennen wie die Lettern in einem Buch.« Er wandte sich an Geller. »Die Wachen sollen bleiben.«
    Giulia hörte Geller aufatmen. Er nickte ihr lächelnd zu, flüsterte den Gardisten einige Anweisungen zu und verließ die Gemächer.
    »Nachdem dies nun geklärt ist«, sagte der Papst, »erzählt Uns, was dieser Tag Uns Gutes tut, Gazetti.«
    Unverzüglich war Gazetti zur Stelle. Er hielt dem Papst ein Dokument hin, das dieser zu lesen begann. »Eine Depesche Seiner Majestät Philipp II. Er äußert sich besorgt um den Verbleib seiner Botschafter.«
    »Sind die spanischen Taugenichtse denn noch immer nicht aufgetaucht?«, fragte der Papst ungehalten.
    »Mitnichten«, sagte Gazetti. »Die Dokumente, die die Attentäter bei dem schändlichen Anschlag auf das Leben Eurer Heiligkeit bei sich trugen, wurden für echt befunden. Demzufolge müssen die Männer den spanischen Botschaftern diese zuvor geraubt haben. Es ist durchaus vorstellbar, dass Don Olivares und Don Sessa dabei ihr Leben verloren.«
    Der Papst grunzte. »Antwortet Philipp«, sagte er, »dass Wir alles in Unserer Macht Stehende unternehmen, um die edlen Botschafter der spanischen Krone zu finden oder aber ihrer Mörder habhaft zu werden.« Er hielt kurz inne und fuhr dann fort: »Nein, streicht die letzten Worte. Ach, Gazetti! Ihr wisst schon, was Ihr zu schreiben habt!«
    »Sehr wohl, Euer Heiligkeit«, sagte Gazetti.
    »Gehen die Arbeiten an Unserem Grabmal voran?«, wollte Sixtus wissen.
    Gazetti starrte verlegen zu Boden.
    »Nun?«
    »Es sind gewisse … Verzögerungen eingetreten, Euer Heiligkeit«, stammelte Gazetti.
    »Verzögerungen?«, polterte der Papst, und seine Stimme klang wie Donnerschläge. Er erhob sich zu voller Größe. »Seit zwei Jahren treten dort gewisse Verzögerungen ein! Welche Ausreden haben die unnützen Baumeister diesmal vorgebracht?«
    »Offenbar gibt es Schwierigkeiten mit der Qualität des Marmors, Euer Heiligkeit«, erklärte Gazetti. »Der Steinbruch in Carrara lieferte in den vergangenen Monaten sehr poröses Gestein. Es heißt, man müsse tiefer graben, um die Erwartungen Eurer Heiligkeit zu erfüllen.«
    Der Papst schlug mit beiden Händen auf den Tisch. »Erst war es der schlechte Baugrund, der zu Verzögerungen führte«, schimpfte er. »Dann haben die ungeschickten Steinmetze falsch Maß genommen, und die Arbeit von Monaten war auf einen Schlag hinfällig. Zu guter Letzt stürzte die Kuppel ein. Ja, glaubt denn ein jeder, Uns wurde vom himmlischen Vater ewiges Leben geschenkt?«
    »Euer Heiligkeit«, sagte Gazetti, »gewiss hat Baumeister Fontana bereits …«
    »Fontana«, murmelte der Papst. »Ihr habt völlig Recht, Gazetti! Lasst Unsere Kutsche bereitstellen. Wir wollen die Bauarbeiten höchstselbst begutachten.«
    Gazetti starrte den Papst an. »Aber, Euer Heiligkeit«, warf er ein, »der Präfekt hat eine Audienz bei Euch in weniger als einer Stunde.«
    Der Papst schnaufte wie ein Ochse, der einen schweren Karren ziehen musste. »Der Präfekt kann warten oder ein anderes Mal zu einer Audienz erscheinen. In diesem Augenblick gibt es Wichtigeres. Ihr begleitet Uns, Gazetti.« Dann wandte er sich unvermittelt zu Giulia um. »Und du, liebes Kind, erweist Uns bitte ebenfalls die Ehre.«
    Die Art und Weise, mit der der Heilige Vater zuerst mit Gazetti und gleich darauf mit ihr gesprochen hatte, verwirrte Giulia. Er hatte Gazetti unwirsch abgekanzelt und dagegen zu ihr mit Engelszungen gesprochen. Dabei war es doch Gazetti, der dem Heiligen Vater zu jeder Stunde zur Seite stand und ihm voller Tatkraft und gar unter Einsatz seines Lebens diente. Sie war beschämt über die offene Zuneigung, die der Papst ihr gegenüber zeigte. Hatte sie doch

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