Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
Vom Netzwerk:
leise vor. »Das würde ich gerne tun ... wenn du mich freilässt, mich und Ray.«
    Sein erstaunter Blick traf sie. War er über den Vorschlag verwundert, darüber, dass sie es wagte, einen solchen zu machen, oder darüber, dass er ihr überhaupt so viel anvertraut hatte?
    Er schien etwas sagen zu wollen, doch ehe er den Mund auftat, ertönte von draußen ohrenbetäubendes Geschrei.
Corsica, 251 n.Chr.
    Ich blickte Gaetanus an, und etwas war anders. Ich war gewohnt, darauf zu hoffen, dass er mich erkannte, und ich hatte gedacht, dass sich daran nie etwas ändern würde. Ich hatte auch gedacht, dass – wenn ich Julia nur vertreiben, wenn ich sie schlecht machen könnte – diese Hoffnung ausreichend zusammengeflickt wäre, um sie wie gewohnt lebendig zu halten.
    Doch irgendetwas war befremdlich, nicht an seinem Anblick, aber an der Art, wie ich darauf reagierte. Ich fühlte mich nicht traurig, sondern wütend.
    »Ich muss mit dir reden, Herr, ich muss dir etwas über Julia Aurelia erzählen.«
    Er blickte langsam hoch, ein Ausdruck von Überdruss umschattete sein Gesicht. Seine Augen waren zusammengekniffen, waren nur noch Spalten. Er sah nicht aus, als ob er Schmerzen hätte, jedoch, als ob er fürchtete, welche zu bekommen.
    Und wenn’s so wäre – würde Julia dir etwa gekonnt den Nacken massieren, so wie ich es kann?, dachte ich, verwirrt von der Wucht des Zorns, den dieser Gedanke zeugte. Ich hatte bislang alles Trachten darangesetzt, jenen herzlichen, warmen, neugierigen Blick auszumerzen, mit dem Gaetanus Julia gemustert hatte, dass ich erst jetzt gewahrte, wie sehr mich jener nicht nur verzweifeln ließ, sondern empörte.
    Nicht gerecht. Es war einfach nicht gerecht.
    Sie war doch nicht einmal eine schöne Frau.
    »Nicht jetzt«, murmelte er knapp und wedelte unwillig mit der Hand durch die Luft, wie um mich zu verscheuchen.
    Meine Empörung wuchs. Julia würde niemals mit mir so umgehen, würde mich nicht einfach wegschicken. Sie würde meinen Namen sagen, weil sie ihn kannte, sie würde lächeln, sie würde mit mir sprechen. Wie kannst du Julia so anschauen und nicht wissen, wie sie ist? Wie kannst du ... sie begehren und mich nicht so behandeln wie sie?
    »Julia Aurelia, ihr Vater Eusebius und viele andere Bürger hier in Aleria sind Mitglieder einer Gemeinschaft, die nichts Geringeres plant als die Revolte gegen den Kaiser«, sagte ich da.
    Die Wut färbte meine Worte entschlossen. Ich hatte nicht geplant, meinen vagen Verdacht, mit dem ich ihn gegen sie aufbringen wollte, so klar zu benennen. Alles, was ich gehört hatte, schien zwar darauf hinzudeuten – aber in nüchternen Worten ausgesprochen, war es plötzlich erschreckend. Erschreckend und irgendwie auch beschämend. Was, wenn ich mich irrte? Was, wenn ich Julias Aussagen falsch gedeutet hatte?
    Doch schon hatten sich meine Worte gelohnt. Gaetanus trat auf mich zu, viel dichter, als er es jemals getan hatte, blieb vor mir stehen, riss die eben noch zusammengekniffenen Augen auf. Wenn ich seinen Nacken massiere, spüre ich seine Haut. Doch jetzt spürte ich zum ersten Mal seinen Atem.
    »Was redest du da?«
    »Herr, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll. Ich wollte es schon lange tun, aber ich brachte es nicht über mich. Julia Aurelia war immer gut zu mir, und ich will auch nicht sagen, dass sich das geändert hat. In jedem Fall aber scheint sie mir nicht aufrichtig zu sein. Sie dient einem Mann, der nicht auf der Seite des Kaisers steht. Sie treffen sich – Julia und viele Anhänger, die dieser Mann hier in der Stadt hat, und sie machen Pläne, wie gegen den Kaiser vorzugehen sei. Nicht alle suchen den
    Kampf gegen ihn, aber falls es dazu kommen sollte, so scheint manch einer von ihnen bereit zu sterben. Ich ... ich weiß nicht, was das Ziel ihres Anführers ist, nur dass er offenbar Worte voll lodernden Zorns gegen den Kaiser gesagt hat. Er sprach von Feuer, das auf die Erde käme, und dass Rom brennen möge.«
    Als ich angefangen hatte zu reden, hatte Gaetanus seine Stirn gerunzelt, nun glättete sie sich langsam.
    »Was weißt du noch?«, fragte er kalt.
    Ich zauderte, es war nicht Neugierde, die mir von ihm entgegenschlug, eher Misstrauen. Kurz fürchtete ich, es könnte mir selbst gelten, nicht den Menschen, die ich denunzierte, doch da es zu spät war, die Worte wieder zurückzunehmen, sprach ich beherzt weiter: »Ich bin mir nicht sicher, wie lange Eusebius oder wie lange Julia Aurelia Teil dieser Verschwörung sind, doch in jedem

Weitere Kostenlose Bücher