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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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durchfuhr sie der Schrecken, einen kurzen Augenblick lang nicht darauf geachtet, sondern lieber der Eitelkeit gefrönt zu haben.
    »Fass ... fass es nicht wieder an!«, drohte sie. »Wenn ... wenn du es tust, fallen dir sämtliche Finger ab.«
    Einen Augenblick lang huschte ihr der beängstigende Gedanke durch den Kopf, dass diese Worte eine Lüge waren, sie sich also einer Sünde schuldig gemacht hatte. Doch dann gedachte sie des letzten Willens, den der Vater sterbend bekundet hatte, und dass sie den Schatz hüten musste.
    Nicht jetzt. Nicht heute, ging es ihr wieder durch den Kopf.
    Nicht überlegen, was sie an Sünden begangen hatte. Nicht nachdenken, was hinter ihr lag.
    Isarn verzog misstrauisch die Stirne.
    »Ist’s auch wahr?«, fragte er, misstrauisch, und auch ein wenig furchtsam.
    Sie konnte nicht antworten. Noch fester presste sie das Bündel an sich, als sie plötzlich Stimmen hörte, mehr als nur eine. Sie kamen näher. Caterinas Atem stockte.
    Keine Franzosen, dachte sie verzweifelt, lass es keine Franzosen sein ...Und vor allem keine Ketzer.
    Es waren weder Franzosen noch Ketzer, sondern Frauen, die da um die Ecke kamen, die einen plaudernd, die anderen singend. Eine von ihnen trug einen Korb auf dem Kopf und hielt ihn mit einer Hand fest. Eine andere versuchte, einen störrischen Esel anzutreiben, der vor einen kleinen Wagen gespannt war, dessen Rad, eher oval als rund, erbärmlich knarzte. Weil der Esel ob des steilen Wegs nicht weiterkam – oder nicht weiterwollte, so zumindest warf es ihm die Frau vor, die an ihm zog und ihn das störrischste Tier nannte, dem sie je begegnet war –, mussten zwei weitere Frauen den Wagen hinten anschieben. Schweißüberströmt waren sie, und als sie Isarn und Caterina entdeckten, wie jene ihnen vom Wegesrand entgegenstarrten, schienen sie das als willkommenen Anlass zu nehmen, endlich eine Rast zu machen.
    »Gott zum Gruße!«, rief eine der Frauen dem Hirtenjungen entgegen. »Hast etwas Ziegenmilch für mich? Und was starrst du so, Mädchen?«
    Caterina starrte sie tatsächlich unverfroren an, anfangs noch ob ihrer Erleichterung, dass es keine kampfeslustigen, rohen Männer waren, auf die sie da stießen, sondern nur Frauen, dann schließlich, weil sie ein so ungewohnt farbenprächtiges Bild boten wie die blumigen Frühlingswiesen.
    Grau und braun waren alle Gewänder gewesen, die der Vater ihr jemals zugewiesen hatte und die zu tragen er auch Lorda und die übrigen Mägde anwies – mochte Lorda ihm auch vergebens entgegenhalten, dass die Lilien auf dem Felde, von Gott persönlich eingekleidet, immerhin auch luftige und helle Stoffe tragen durften. Pèire hatte sie nur finster angestarrt und war nicht von seiner Überzeugung abzubringen gewesen.
    Die Stoffe, aus denen die Gewänder dieser Frauen gemacht waren, waren zwar nicht minder grob und rau wie das von Caterina, aber bei der einen ganz in Rot gehalten und bei einer anderen in Grün. Über ihren Hemden trugen sie ähnliche Kleider wie Caterina, mit abnehmbaren Ärmeln und von der Taille aus in Falten zu Boden fallend, doch obendrein besaßen sie Gürtel, nicht nur aus mattem Leder, sondern mit kleinen, funkelnden Steinen besetzt.
    »Also, was starrst du so?«, schnaubte die eine wieder.
    Der Ausschnitt ihres Kleides offenbarte kleine, feste Brüste, die mit Sommersprossen übersät waren.
    Caterina öffnete den Mund, aber war denn doch zu eingeschüchtert, um etwas zu sagen.
    »He! Hat’s dir die Sprache verschlagen? Wer bist du, Mädchen?«
    Isarn antwortete an ihrer statt. »Gehört nicht zu mir. Hab sie gestern hier gefunden. Weiß auch nicht, was sie in der Gegend macht.«
    Die Blicke der Frauen verfinsterten sich. Abschätzend trat eine von ihnen näher, umrundete Caterina.
    »Es tut mir so leid, dass ich euch angestarrt habe!«, begann sie schnell und sich verhaspelnd zu sprechen. »Aber ... aber ihr tragt so schöne Kleider!«
    Noch redend hätte sie sich am liebsten auf die Lippen gebissen. Ihr Vater hätte sicher nicht gutgeheißen, dass sie die Eitelkeit und Prunksucht dieser Frauen auch noch förderte.
    »Hör sich das einer an! Schöne Kleider! Willst du uns verspotten?«
    Sie hob den Arm, als wollte sie Caterina ins Gesicht schlagen. Schon duckte sich jene, als eine der anderen hervortrat und ihre Freundin davon abhielt. Sie war die Einzige, die nicht mürrisch das Gesicht verzogen hatte, sondern Caterina belustigt betrachtete.
    »Ich weiß zwar nicht, aus welchem Loch du gekrochen gekommen

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