Die Tochter des Ketzers
abzuschließen? Kann ich dir trauen?«
Sein Lachen klang nicht spöttisch, sondern ehrlich belustigt. »Was für eine Frage! Du weißt doch, dass ich ebenso ein Schlitzohr bin wie Ray!«
»Ja«, nickte sie, »das weiß ich. Aber trotz allem hast du mit Ray Geschäfte abgeschlossen – Geschäfte, von denen ihr beide etwas hattet. Ich bin nun an Rays Stelle hier.«
»Und was willst du mir nun für ein Angebot machen?«
»Versprichst du mir, dass du bereit bist, mich ebenso zu behandeln wie Ray? In gleicher Weise mit mir zu sprechen?«
Er starrte sie eine Weile nur schweigend an; seine dunklen Augen glänzten matt. »Damals am Strand hätte ich dich versklaven und meinen Männern vorwerfen können. Dass ich es nicht getan habe, sollte dir als Versprechen reichen.«
Sie nickte unbehaglich, ahnend, dass sie wohl nicht mehr von ihm erhoffen konnte als diese Worte. Eigentlich hatte sie auch nicht mehr erwartet, hatte über den eigentlichen Schwachpunkt ihres Plans – dass sie keine ebenbürtige Geschäftspartnerin für Davide war – auch gar nicht nachdenken wollen. Erst jetzt ging ihr warnend durch den Kopf, dass es womöglich ge- fährlich war, zu leichtgläubig zu sein. Auf der anderen Seite – was blieb ihr anderes übrig, jetzt, wo sie schon hier war?
»Also sprich!«, forderte er ungeduldig.
»An jenem Tag in der Nähe der Hafenstadt Collioure ...«, setzte sie seufzend an, »auf deinem Schiff ... weißt du noch? Ray wollte dir damals eine kostbare Reliquie verkaufen, eigentlich befand sich diese in meinem Besitz, du erinnerst dich doch?«
Davide fuchtelte unwillig mit der Hand, als könnte er solcherart die unliebsame Erinnerung verscheuchen, wie Gaspare sein Schiff überfallen hatte.
»Ungern«, knurrte er.
»Ray hat behauptet, dass es sich um Splitter des Kreuzes von Jesus Christus handelte.«
»Das soll ich dir glauben?«
Sie hob ihr Bündel, zog das kostbare Kästchen hervor. »Die Frage ist doch: Glaubt man dir?«
Davide nickte bedächtig. Wiewohl er sich nicht vorbeugte, um das Kästchen genauer zu mustern, wurde sein Blick doch wach, glänzend – und gierig.
»Ich verstehe«, sagte er und versuchte, gelangweilt zu klingen. »Du meinst also, dass ich einer sei, der keine Skrupel hat, eine Fälschung zu verkaufen. So wie du’s nun tust.«
»Ja«, sagte sie schlicht. »Das Kästchen hier ist nicht mehr ganz unbeschädigt, doch wenn du die Cedula, jene Inschrift, neu anfertigen lässt, wird das seinen Wert nur vergrößern – sieht man ihm dann doch die lange, wechselvolle Geschichte an.«
Davide nickte nachdenklich. »So, so«, meinte er schließlich. »Hast dir das alles schön zurechtgelegt. Aber weißt du: Von Ray ist solches Gebaren zu erwarten, von dir freilich nicht. Ich habe dich ganz anders in Erinnerung. Wie wütend du damals auf Ray losgegangen bist! Wie du ihn beschimpft hast! Und nun – tatsächlich keine Skrupel? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
Ihre Hände erzitterten kaum merklich. »Das ist doch meine Sache, nicht die deine.«
»Was ist dir so viel wert, dass du Skrupel dafür aufgibst?«, ließ er nicht locker.
»Das geht dich nichts an!«
»Nicht? Nun, ich kann mir schon denken, wofür du Geld brauchst. Die Wahrheit ist, ich brauche es auch. Hab’s schön zu Gaspare gesagt, da braut sich was zusammen, Krieg steht vor der Tür. Pisa ist nun endgültig im Ausnahmezustand. Der venezianische Adelige Alberto Morosini ist, wie man hört, gleichzeitig zum Capitano del Popolo und zum Admiral der pisanisehen Flotte ernannt worden. Und das Erste, was er tat, war, sich für den genuesischen Angriff zu rächen. Zwei Wochen ist’s her, dass die pisanische Flotte Rapallo geplündert hat und dann vor dem Hafen Genuas aufgetaucht ist, gleichwohl sie Abstand hielt. Dass es zum Kampf kommen wird, wissen wir, aber dies nun war die endgültige Kriegserklärung ... Was ich übrigens für richtig halte. Solange Pisa und Genua gleich stark sind, werden sie sich im Mittelmeer zerfleischen. Erst wenn eine Stadt die andere in die Knie gezwungen hat, wird Frieden einkehren.«
Langsam stand er auf, der Stuhl knirschte. Obwohl seine Regung so zögerlich ausfiel und er stehen blieb, fühlte sich Caterina von seinem groß gewachsenen Leib bedroht. Noch lächelte er – aber was plante er?
»Ich denke, solch ein Frieden wird auf lange Sicht dem Handel förderlicher sein«, fuhr er fort, »vor allem hier auf Korsika. Hat ja nicht viel zu bieten, diese Insel. Ein wenig Getreide, ein wenig
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