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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Jedoch, dass ich kein Medicus geworden bin. König Jaume von Mallorca bietet einem Arzt, wie’s heißt, 3000 Sous Jahresgehalt. Das ist das Dreifache von dem, was ein Handwerksmeister im Jahr verdient. War doch ein schönes Leben!«
    »Wie kannst du nur!«
    »Wie kann ich was? Wessen klagst du mich an: Dass ich bedaure, kein Arnau de Vilanova geworden zu sein, welcher ein berühmter Mediziner aus Valencia ist, und dass ich trotzdem versuche, das Beste daraus zu machen? Oder dass ich dieses Mädchen beglückt habe ... wie hieß sie noch gleich? Faïs? Ich habe ihr übrigens keinerlei Gewalt antun müssen, denn sie war geil auf mich und war es noch, hättest du uns nicht gestört.«
    »Sie kann nie wieder eine ehrbare Frau werden.«
    »Ach was! Soll sie sich eben eine Schweineblase zwischen die Beine stecken, wenn sie dereinst heiraten will!«
    Caterina wusste nicht, was er damit meinte, hatte jedoch die schwache Ahnung, dass dies mit Abstand das Schändlichste war, was er jemals zu ihr gesagt hatte – und was er sogleich zu überbieten gedachte, denn schon fuhr er fort: »Du brauchst auch keine Angst haben, dass sie ein Kind von mir bekommen könnte. Ich gebe schon Obacht. Siehst du ...«
    Gewiss wäre es besser gewesen, den Blick vor dem zu senken, was er da von seinem Körper abnahm und ihr unter die Nase hielt. Trotzdem konnte sie nicht umhin, es neugierig zu betrachten. Es war ein Stückchen Stoff, hauchdünn, nicht größer als ein Daumen und zu einem kleinen Hütchen geformt. Daran hing ein langer Faden, den Ray nun gemächlich aufrollte.
    »Das ist dünnes Leder. Der Mann trägt’s über dem Geschlecht, wenn er sich mit einer Frau vereinigt«, erklärte er ohne jegliche Scham, »und auf dass er seine Hände frei hat, bindet er es mit den beiden Fäden fest.«
    Caterina wandte sich ab, rot vor Scham, dabei hätte eigentlich er Scham empfinden müssen.
    »Noch sicherer wirkt’s, wenn man dieses Teil hier mit Minze einreibt«, rief Ray ihr lachend zu. »Merk dir’s, vielleicht kannst du’s eines Tages brauchen!«
    Sie konnte nicht fassen, was er da sprach.
    »Sag, hast du keine Angst, dass du in die Hölle kommst? Weißt du denn nicht, dass die Zahl der Verdammten viel größer ist als die der Seligen?«
    »Pah!«, lachte Ray. »Ich halt’s mit dem Dichter Aucassin. ›Was hab ich im Paradies zu tun?‹, fragte jener. ›Es kommen dahin jene alten Priester, Krüppel und Lahmen, die Tag und Nacht vor den Altären hocken. In die Hölle hingegen kommen die Meister und Ritter ... und die schönen höfischen Damen ... Mit diesen will ich gerne gehen ...‹«
    Sie hob die Hände, um sich die Ohren zuzuhalten, begann zu laufen, immer weiter von ihm fort.
    Er folgte ihr behände, rief ihr etwas zu, was sie trotz allen Trachtens, keines seiner Worte an sich heranzulassen, doch verstand und was sie zum Innehalten brachte.
    »Ich dachte, du wolltest deinen Schatz in Sicherheit bringen?«, fragte er plötzlich.
    Das grässliche Ding war aus seinen Händen verschwunden und das Grinsen aus seinem Gesicht. Fast lauernd starrte er sie nun an.
    »Bislang hast du nicht den Anschein erweckt, dass du mir dabei helfen willst!«, rief sie anklagend.
    »Nun, und wer soll dir dann helfen? Kennst du noch einen anderen Menschen auf der Welt außer mir? Wohin willst du überhaupt mitten in der Nacht? Ich will dir ja keine Angst machen. Aber wenn ein Mägdelein wie du, das nichts von der Welt weiß, kopflos wie ein geschlachtetes Huhn rumrennt, dann kann es sein ... nun, die meisten Menschen sind Sünder, wie du ganz richtig erkanntest, und haben Übles im Sinn – vor allem mit einer wie dir.«
    Sie blieb stehen. Eben noch hatte ihr vor ihm gegraut. Doch nun war die Dunkelheit, die vor ihr aufragte, durchbrochen nur von magerem Licht, das manchen Häusern entströmte, eine noch größere Bedrohung.
    Er kam gemächlich näher. Um keinen Preis wollte sie ihn sehen lassen, welcher Widerstreit da in ihr tobte.
    »Hab’s dir schon mal gesagt«, meinte er. »Flennen bringt nichts. Das Leben ist ein Spiel. Manchmal verlierst du, manchmal gewinnst du ...«
    »Ich flenne nicht!«, unterbrach sie ihn scharf.
    »Also gut. Willst dich nicht schwach geben. Das gefällt mir an dir. Bist ein Mädchen ganz ohne Erfahrung, läufst durch die Welt, als wärst du bislang taub und stumm und blind gewesen. Und doch hast du genug Mut in dir, um mich stets aufs Neue einer noch verderbteren, noch unappetitlicheren Sünde zu bezichtigen. Also – soll ich

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