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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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schlicht hinzu. »Hab mich geirrt. Nicht Perpignan ist Sitz des hiesigen Bischofs, sondern Eine.«
    »Aber ...«
    »Tut mir leid! Tut mir leid!«, kam’s wieder gereizt. »Was weiß ich, wo die Pfaffen hocken. Also los!«
    Sprach’s, wandte sich um und ging zum Wagen. Vielleicht hat er etwas getrunken, und es bekommt ihm nicht, suchte Caterina sich sein sonderliches Gebaren zu begründen. Eine andere Erklärung hierfür fand sie nicht – weder an diesem Abend noch in den nächsten Tagen.
    Nach Elne ging es also, nebst Urgel das zweite katalanische Bistum. Für den Anfang gab sich Caterina damit zufrieden. Erst am nächsten Tag fragte sie Ray, wo es läge und wie lange sie von Perpignan aus dorthin bräuchten.
    »Weiß nicht«, antwortete er knapp. »War noch nie dort.«
    »Und woher kennst du dann den Weg?«
    »Kenne ihn nicht. Ich rate ihn nur. Außerdem ... außerdem ...«, ein kurzes Zögern schlich sich in seine Worte. »Außerdem muss ich vorher noch nach Collioure.«
    »Aber du hast doch ...«
    »Reg dich nicht auf!«, fiel er ihr ungewohnt scharf ins Wort. »Ich habe dir versprochen, dich zu deinem Pfaffen zu bringen. Schön und gut. Aber ich darf doch noch meine eigenen Geschäfte verfolgen, oder nicht?«
    Sie gab keine Antwort, sondern presste nur die Lippen aufeinander, verwirrt über den Aufschub, vor allem aber über seine schlechte Laune, seine Ungeduld. Derart hatte er sich noch nie gebärdet.
    Freilich, versuchte sie sich zu trösten, war von ihm niemals Gutes zu erwarten gewesen. Gewiss war es besser, er verbarg seine Machenschaften vor ihr, solange er sich nur an sein Versprechen hielt.
    So schwieg er eben – nun gut. Ebenso wortlos trottete sie hinter ihm her.
    Collioure stellte sich als Hafen direkt am Meer heraus, versunken zuerst in dichte Nebelwolken, doch plötzlich von einem schmalen Sonnenstreifen getroffen wie von einem Blitz.
    Ein Laut der Bewunderung entfuhr Caterinas Mund. »Ich sehe zum ersten Mal das Meer«, bekundete sie und versank eine Weile in den Anblick jenes Tuchs, welches Gott über die flüssigen Teile seiner Erde spannte. Im wechselnden Licht geriet es fleckig: Dort, wo die Schatten dunkler Wolken darauf fielen, war es von schlammigem Grün; dort, wo die Sonne sich durch jene zwängte, von hellem Türkis. Am Ufer war es träge wie eine dicke Brühe, weit draußen am Horizont warf es, vom Wind gekitzelt, spitze, weiße Wellen.
    »Na komm schon«, drängte Ray sie, indessen sie schwankte – zwischen Respekt vor Gottes Schöpfung und Furcht vor dem Tiefen, Weiten, Unergründlichen. Gewiss nährte das Meer den Menschen wie das Land, wenn auch mit Fischen, nicht mit Ähren, und doch ging ihr kurz durch den Kopf, dass das Wasser ihr nichts zu geben hatte, sie jedoch mit Haut und Haar verschlingen würde, setzte sie nur den Fuß hinein. Unwillkürlich fröstelte sie.
    »Also los«, drängte Ray wieder und zog sie weiter.
    Im Hafen, wo, wie es hieß, täglich Dutzende von Schiffen anlegten, die das Mittelmeer durchkreuzten, roch es beißend nach altem Fisch und Seetang. Wohin sie auch schaute, erblickte sie geschäftiges Treiben: Da waren Schmiede, die Lanzen, Wurfmesser und Anker herstellten, und Zimmermeister, die am Skelett neuer Schiffe hämmerten, an mächtigen Galeeren oder aber an kleineren Schiffen, Naus oder Taride genannt.
    Ray folgte ihren Blicken. »König Pere ist vor einigen Jahren zu einem Kreuzzug in ein heidnisches Land, welches Ifriqua heißt, aufgebrochen. Seitdem geht’s hier immer so zu. Die Küstenstädte rivalisieren sich darum, seine Flotte auszustatten und dabei reich zu werden – auch wenn Collioure nicht unter seinen Herrschaftsbereich fällt, sondern unter den seines Bruders.«
    Sie wollte mehr darüber wissen, etwas fragen, vor allem, was ihn hierher getrieben hatte, doch mit einer unwirschen Handbewegung würgte er auch schon wieder ab, was ein Gespräch hätte werden können.
    Ihr Blick fiel sehnsüchtig auf die Kirche, nicht weit von jener schroffen Burg, in der der König von Mallorca seinen Sommer zubrachte. Sie war aus gelblichem Stein errichtet, klein und rund.
    »Willst wieder Zwiesprache mit deinem Herrgott halten?«, fragte er, der ihrem Blick gefolgt war.
    »Du brauchst mich doch nicht, oder?«, fragte Caterina. »Ich könnte doch ... beten. «
    Ray kniff die Augen zusammen. »Heute nicht. Es ist besser, wenn du mitkommst.«
    »Mit ... wohin?«
    Er zuckte unschlüssig mit den Schultern, als wäre er nicht gewiss, ob er ihr das Ziel

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