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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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am letzten Funken Hoffnung festkrallte, dass alles, was geschah, von Ray so bezweckt war, ertönte von Davides Richtung ein Schnaufen.
    Sie war sicher gewesen, dass der nörgelnde Kaufmann tot sein müsste, vom Pfeil mitten in die Kehle getroffen. Doch als er sich nun ächzend erhob, seine Hände vom Hals löste, so zeigte sich, dass das Wurfgeschoss seinen Leib nur geschrammt hatte. Er blutete zwar heftig, aber er lebte, und er vermochte sogar zu reden, wenngleich nicht minder stotternd als Caterina .
    »Verflucht, was ... was geht hier vor?«
    In seinen dunklen Augen war sämtliches Blitzen erloschen. Hilfesuchend blickte er sich um, erhoffte sich Schutz von seiner Mannschaft, doch jene Männer standen vollkommen erstarrt, den Blick nicht minder ängstlich auf die Bogenschützen gerichtet, die sie umstellt hatten und sich stetig mehrten. Von allen Richtungen schienen weitere der dunklen Angreifer zu kommen.
    Caterina versiegten die Worte ebenso wie die Hoffnung, dass Ray ihr erklären könnte, was geschah. Unwillkürlich drängte sie sich an den eben noch so Verhassten.
    Davides Blick, der eben noch suchend herumgeirrt war, erfror indes plötzlich. Die schwarzen Bogenschützen schienen einander bis aufs Haar zu gleichen. Doch nun löste sich eine Gestalt von ihnen, größer gewachsen als der Rest, dürr und als Einziger unbewaffnet. Bis auf wenige Meter trat der Fremde an Davide heran, blickte auf den immer noch halb Knienden herab und verschränkte abwartend seine Arme über der Brust.
    Kurz erhaschte Caterina einen Blick auf sein Gesicht, das zwar gegerbt war, aber doch nicht tief braun, sondern von einem käsigen Gelb; seine Augen waren so dunkel wie Davides, doch erloschen. Schmal war der Kopf und spitz sämtliche Züge; er hatte dünne, bläulich schimmernde Lippen und hervorstehende Wangenknochen. Selbst die Kopfbedeckung, aus der einige dunkle Haarsträhnen hervorlugten, mochte dem Antlitz nichts Weiches, Warmes zu schenken.
    »Davide«, sprach der Fremde nun des Kaufmanns Namen aus. Seine Stimme war schneidend, jedoch nicht laut. Sie zitterte nicht vor Aufregung, sondern war kalt. »Davide, ich habe dir doch gesagt, dass du mir nicht entkommst ... Der Tag der Abrechnung ist da.«
    Caterina wusste nicht, wie lange Davide den Fremden anstarrte, ein zähes Schweigen hatte sich über die Szenerie gelegt. Als die Blutung an seinem Hals nachließ, kehrte ein wenig Farbe in Davides Gesicht zurück.
    »Gaspare, du Hurensohn ...«, begann er mit gleichem Nörgeln, das schon zuvor in seiner Stimme gelegen hatte.
    »Nenn mich nicht so!«, fiel ihm der andere ins Wort.
    »Ha!«, lachte Davide rau. »Du bist des Teufels! Du und dein verfluchter König, dem du dienst. Es wird schon seinen Grund haben, dass dich die heilige Kirche aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen hat.«
    Dem spitzgesichtigen Fremden, dessen Name offenbar Gaspare war, entfuhr ein zischender Laut, doch diesmal bekundete er keinen Ärger, sondern ein freudloses Gelächter.
    »Ich kann mir nicht denken, Davide«, sprach er kühl, »dass du, ein Betrüger und Gauner, ein geliebter Sohn dieser Kirche wärst.«
    »Mag ich auch ein Betrüger sein – du bist es, der eben mein Schiff gekapert hat. Hast nur darauf gewartet, dass ich den Hafen von Collioure verlasse, nicht wahr? Wie lange hast du mich dort heimlich belauert?«
    Jener Gaspare machte sich keine Mühe, den Vorwurf zu bestreiten. »Der Hafen fällt unter die Herrschaft des Königs Jaume, und mit dem lege ich mich gewiss nicht offenkundig an, auch wenn er sich nicht die Mühe macht, den Strand so zu schützen, wie’s die Grafen von Barcelona klugerweise tun. Aber die Meere, Davide – die Meere sind frei.«
    »Du widerwärtiger ... elender... Pirat!«, zischte Davide.
    »Ich glaube, in diesem Urteil irrst du dich. Die Piraten kämpfen wie die Tiere, brutal und stark, doch ohne Form und Führung. Bei meinen Männern ist das anders.«
    »Pisaner Bogenschützen!«, rief Davide verächtlich.
    »Als solche in der ganzen Welt berühmt. Wenn ich mich recht erinnere, hast du mir bei unserer letzten Zusammenkunft einige dieser Männer abgenommen. Wollen wir sodenn Gerechtigkeit walten lassen: Du gibst sie mir zurück – und rettest damit dein Leben.«
    »Glaubst du tatsächlich, ich hätte auch nur einen von euch verfluchten Pisanern an Bord gelassen? Hab sie schon längst als Sklaven verkauft!«
    Nun schien sich Gaspares Körper noch stärker anzuspannen. Seine Stimme jedoch nahm an Lautstärke nicht

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