Die Tochter des Ketzers
– auch eine verkommene Seele wie Ray nicht.
»Pah!«, rief Davide indessen verächtlich. »Dämonen haben keine Leiber! Wie will man sie also mit einem Gürtel erschlagen?«
Ray grinste.
»Jetzt hab dich doch nicht so, Davide! Für solch ein Geschäft braucht’s Fantasie. Ist’s übrigens nicht lange her, da habe ich einem Priester einen Fisch verkauft, und zwar einen von jenen, die den Kopf aus dem Wasser streckten, als der Heilige Antonius am Ufer von Rimini gepredigt hat.«
»Und du hast tatsächlich einen Dummen gefunden, der dir das glaubte?«, höhnte Davide.
»Du darfst nicht vergessen«, erklärte Ray keck, »dass nach dieser Predigt des Antonius die ganze Bevölkerung den Katharern abgeschworen und sich bekehrt hat. Jener Priester hoffte offenbar, er könnte mit dem Fisch Gleiches hier im Süden Frankreichs bewirken.«
Davide lachte, doch es klang eher verdrießlich als spöttisch. »Wahrscheinlich hast du auch noch eine verfaulte Pestbeule des Heiligen Salvius von Albi im Angebot?«
Ray lachte. »Mitnichten, denn jetzt kommt das Eigentliche! Wir wissen schließlich, welche Reliquien den höchsten Rang einnehmen. Nicht die von irgendwelchen Heiligen. Sondern alle Stoffe, die mit Christus selbst in Berührung gekommen sind.«
»Ha, und wir wissen auch, dass das kirchliche Recht uns Katholiken den Handel mit ebensolchen Reliquien verbietet und dass wir verpflichtet sind, sie zu verschenken!«
»Und natürlich, Davide«, lachte Ray wieder, und es klang in Caterinas Augen dreckig, »sind du und ich die Richtigen, um uns daran zu halten. Also – willst du sehen, was ich für dich habe?«
»Nun sag schon«, drängte Davide mürrisch, »was hast du für Christusreliquien? Glaub mir, ich nehme nicht alles. Und wag es nicht, mich für dumm zu verkaufen! Das letzte Mal wolltest du mir Stücke vom Tischtuch des letzten Abendmahls Jesu verkaufen. Wahrscheinlich war’s nichts anderes als das Leinentuch, auf dem du dich in Wollust mit irgendwelchen Weibern gewälzt hast.«
»Wart’s ab!«
Ray löste seine Hände vor der Brust, drehte sich um, schien in jenem großen Leinensack, in dem er all seinen Besitz von dem Holzwagen hierher auf das Schiff geschafft hatte, lange und umständlich zu kramen, um schließlich ein vertrautes Bündel hervorzuziehen.
Caterinas schlimmste Ahnungen wurden wahr. Bestohlen. Ray hatte sie bestohlen, hatte das offenbar von Anfang an geplant, hatte sie mit falschen Versprechungen hierher gelockt, um sich rücksichtslos an ihr zu bereichern, ja um sie zu verraten. Er wusste doch, welchen Wert ihr Schatz für sie und ihre Familie hatte! Er wusste, dass ihn der Vater ihr anvertraut hatte – zum Beweis seiner Rechtgläubigkeit, denn die Ketzer verehrten keine Heiligen und darum auch keine Reliquien! Ja, er wusste es und war doch bereit, ihren Schatz an diesen übellaunigen, gierigen Kaufmann zu verschachern!
Ihre Übelkeit verstärkte sich. Enttäuschung, Empörung, vor allem aber Zorn machten sie würgen.
»Was ist da drin?«, höhnte Davide indes, als Ray keine Anstalten machte, das Bündel zu öffnen. »Der Schwamm, mit dem Christus der Essig gereicht wurde? Oder das Rohr, mit dem dieser gehalten wurde?«
»Ach Davide ... unterschätz mich nicht. Wenn’s denn so ist, dass unter den Reliquien jene den meisten Wert haben, welche mit Christus zu tun haben, so gibt es unter jenen wiederum solche unterschiedlichen Ranges.«
»Willst du mit mir handeln oder mich belehren! «
»Nein«, erklärte Ray, »jedoch bekunden: Den höchsten Rang unter den Reliquien nimmt das Holz vom wahren Kreuz Christi ein, nicht wahr? Und hier nun habe ich ... Teile jenes Kreuzes, das die heilige Helena unter dem Hadrianstempel gefunden hat, als sie die Stätten der Passion Christi besucht hat.«
»Und das soll auch nur annähernd echt sein?«
»Nun, Helena stand Bischof Makarios zur Seite, und jener hat mit einem Heilungswunder das wahre Kreuz ermittelt ...«
»Dummkopf, das meine ich nicht. Ich frage dich nur, wie ich ernsthaft einem möglichen Käufer weismachen soll, dass diese Splitter vom Kreuze Jesu ...«
Er brach ab, musterte jetzt immerhin das Kästchen genauer, das Ray ihm präsentierte und dessen kostbare Steine sein Interesse köderten.
Mehrmals hatte Caterina versucht, sich aufzurappeln. Der Schmerz im Kopf hatte sie immer davon abgehalten. Doch ihr Hass auf Ray war noch greller als dieser. Sie stützte sich mit aller Macht auf ihre Hände, erhob sich schwankend.
»Nein«, schrie
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