Die Tochter des Königs
klar, dass du dich abgesetzt hast.«
»Das stimmt.« Kim griff nach der Kaffeekanne. In dem Moment klingelte das Telefon, und sie schob ihren Stuhl zurück. »Pronto?«
Einen Augenblick hörte sie zu, dann schaute sie zu Steph und reichte ihr den Hörer. »Rhodri Price, für dich.«
Steph deutete auf Jess. »Geh du ran!«
»Wieso ich?«
»Er will garantiert mit dir reden. Mit mir spricht er freiwillig kein Wort!«, zischte sie im Flüsterton.
Jess warf ihr einen grimmigen Blick zu, stand auf und nahm Kim den Hörer ab. »Hi, Rhodri, hier ist Jess.«
»Ich bin hier im Hassler und habe mir gedacht, vielleicht möchten du und Steph und eure Gastgeberin auf einen Drink vorbeischauen, bevor ich nach Hause fahre. Wie wär’s dazu mit einem Frühstück auf der Terrasse des Palazzetto?«
Jess grinste. Ihr war das Hotel oben an der Spanischen Treppe, eines der besten in Rom, schon aufgefallen. »Das ist nett von dir, Rhodri. Sehr gern.« Sie war selbst überrascht, wie sehr sie sich freute, seine Stimme zu hören.
Steph schüttelte heftig den Kopf und wedelte ablehnend mit dem Finger.
Jess drehte ihr den Rücken zu. »Wir sind nicht bloß zu dritt, da ist auch noch unser Freund William.«
»Er soll auch mitkommen. Alle sollen mitkommen.« Rhodri klang euphorisch. Jess warf einen Blick auf die Armbanduhr. Technisch war es, zumindest ihrer Ansicht nach, immer noch Frühstückszeit. »Du brauchst nicht mitzukommen«,
sagte sie zu Steph, nachdem sie aufgelegt hatte, und lächelte. »Ein Champagnerfrühstück im Hassler ist vermutlich nicht ganz nach deinem Geschmack.«
Steph schnitt eine Grimasse. »Da muss ich wohl über meinen Schatten springen. Nur, um euch beide im Auge zu behalten. Soll ich William wecken?«
Eine Minute später kam sie wieder zurück. »Er ist nicht da. Er muss in aller Frühe rausgegangen sein.«
»Wir schreiben ihm einen Zettel.« Kim stand auf. »Wenn er mag, kann er ja nachkommen.«
Auf der Terrasse begrüßte Rhodri, lässig in ein weißes Hemd mit offenem Kragen und helle Designer-Chinos gekleidet, sie überschwänglich mit Küsschen rechts und links und führte sie zu einem Tisch, von dem sie einen Panoramablick auf die Spanische Treppe und die Piazza di Spagna hatten. »Wie schön, jemanden zum Feiern zu haben!«
»Zum Feiern?« Jess konnte sich die bewusst naive Frage nicht verkneifen. Sie setzte sich auf den Stuhl, den ein Kellner beflissen für sie zurückzog, umgeben von einem Meer weißer Petunien.
»Ein erfolgreiches Konzert! Und morgen fliege ich nach Hause.«
»Die Oper in Mailand?«
»Natürlich.« Er grinste breit und setzte sich neben sie. »Dir gefällt meine Art Gesang nicht, Jess, stimmt’s?«
Steph und Kim schauten interessiert von der Speisekarte auf.
Jess zuckte unschuldig mit den Schultern. »Um ehrlich zu sein, könnte ich allmählich Gefallen daran finden. Ich habe ein paar von Stephs CDs gemopst.« Es bereitete ihr ausgesprochen Spaß, ihn aufzuziehen.
»Ah ja.« Er winkte den wartenden Kellner zu sich. »Und darf ich fragen, welche?«
»Caractacus.«
Er lachte. »Also ausschließlich zu Forschungszwecken und nicht zur musikalischen Erbauung?«
Steph sah ihn erstaunt an. »Du weißt also von Jess’ Besessenheit mit Eigon?«, fragte sie steif. Sie konnte ihre Abneigung gegen diesen Mann nicht verhehlen.
»Aber ja!« Rhodri nickte eifrig. Alle gaben ihre Bestellung auf, die Kellner behandelten Rhodri wie einen alten Bekannten. »Ich war dabei. Ich habe gesehen, wozu sie fähig ist«, sagte er dann.
»Eigon?« Kim starrte ihn an. »Sie haben sie gesehen? Sie glauben an Gespenster?«
Rhodri überlegte kurz, während der Kellner den Kaffee servierte und ein zweiter ihm eine Flasche Champagner zeigte. Er nickte und sah dann zu Kim. »Ich bin Waliser. Wir haben Gespenster quasi erfunden!«
Während sie anstießen, klingelte Jessʹ Handy. Mit einem entschuldigenden Achselzucken stellte sie ihr Glas unberührt auf den Tisch. »William? Wo bist du?«
»Jess, hilf mir!« Die Stimme war schwach, die Verbindung war sehr schlecht. »Ich bin irgendwo in der Nähe von der Villa …« Der Name ging in einem Rauschen unter. »Bitte komm …«
»William?« Jess schüttelte das Telefon. »William, hörst du mich?« Die anderen schauten betroffen zu ihr. »William, fehlt dir was?« Das Rauschen wurde immer lauter, dann war die Verbindung unterbrochen. Besorgt schaute Jess auf. »Irgendwie ist er in Schwierigkeiten.«
»In welchen Schwierigkeiten denn?«, fragte
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